1937 Für Clara ist es ein Herzensbedürfnis, zu stehen, wenn sie ...

1937
sich jetzt erst einmal vorrangig kümmern, damit es ihn in sechs Jahren
überhaupt noch gibt? Einer der vielen Offiziere, die das Drama, das sich
dann in der Reichskanzlei abspielt, nicht erleben, ist Reinhard Gehlen*.
Doch es passt hierher, dass er aufschnappt, wie der deutsche Diplomat
Hasso von Etzdorf* eines Tages in Anspielung auf den Titel des Buches
Die Welt als Wille und Vorstellung des Denkers Arthur Schopenhauer
die völlig wirklichkeitsfremde Denkweise Adolf Hitlers auf den bitteren
Nenner bringt: Die Welt als Wille ohne Vorstellung. 53
Natürlich und selbstverständlich bekäme Hitler Hiebe, wenn die Leute
auf der Straße erführen, dass der Kanzler der Herzen ein Raumproblem
entdeckt hat, das er mit militärischen Mitteln zu lösen gedenkt – ob nun
in sechs oder in zwölf Jahren. Aber wie sieht es mit den sechs Deutschen
aus, die den Ausführungen des Führers geduldig zuhören mussten? Sind
Sie gefügig? Nein und nochmals nein! Sie tragen als Soldaten an herausgehobener
Stelle Verantwortung für das Wohlergehen des Reiches. Von
den sieben Herren im Raum sind drei dieses Regime persönlich: Hitler,
Göring und Hoßbach. Der Letztere hat gar nichts zu melden; er ist der
Adjutant. Hitler wird sich nicht widersprechen, und Göring tut es nicht.
Von den restlichen vier Männern widersprechen drei. Der Reichskriegsminister
und Oberbefehlshaber der Deutschen Wehrmacht Werner von
Blomberg trägt militärtechnische Einwände vor genau wie der Oberbefehlshabers
des Heeres Generaloberst Freiherr von Fritsch. Gewiss sind
sie als Soldaten keineswegs der Frieden persönlich, aber sie schweigen
nicht, als der bisher so friedliche Kanzler Gedankenspiele offenbart, die
den Bestand des Reiches an sich gefährden. Und der dritte Mann in der
Runde? Außenminister Konstantin von Neurath hat den Eindruck, dass
„die Gesamttendenz seiner Pläne aggressiver Natur“ ist, und reicht beim
Kanzler seine Bitte um den Rücktritt ein. 54 Doch unser Kanzler lässt ihn
zappeln. Ein wenig muss er noch bleiben. Wenige Tage später liest der
Generalstabschef des Heeres, der General der Artillerie Ludwig Beck die
Notizen, die Hitlers Adjutant Hoßbach von der Besprechung angefertigt
hat und verfasst drei Denkschriften gegen eine riskante Außenpolitik an
den Kanzler. Beck wird seines Postens als Generalstabschef entbunden,
als er versucht, noch mehr Generäle gegen Hitler aufzubringen. 55 Sieben
53 Reinhard Gehlen, Der Dienst, S. 120
54 Schultze-Rhonhof, S. 326
55 Schultze-Rhonhof, S. 330
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