download pdf (29 MB) - Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt
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Abschließend sei zur Abrundung dieser Reisenotizen auf eine Abhandlung der Allgemeinen<br />
Forst- und Jagd-Zeitung vom 1. Februar 1839 verwiesen, wo ein bayerischer Forstinspecteur<br />
seine Eindrücke von einer Reise in den Vogelsberg im Herbst 1838 beschreibt: „Wir wendeten<br />
uns gegen Eichelsdorf, Reviersitz, wo wir Gelegenheit erhielten, uns mit den Sitten der<br />
Bewohner des Vogelsberges bekannt zu machen. Die Bewohner des Vogelsberges, ein starker<br />
Menschenschlag, sind bieder, ehrlich und dienstfertig, wenig noch von verdorbenen Sitten<br />
und Gewohnheiten angesteckt, denn das Branntwein- und Kaffeetrinken kann man nicht dazu<br />
zählen, da der Kaffee in der rauhen Jahreszeit, die so ziemlich 9 Monate lang dauert, für die<br />
Armen ein, freilich wenig nahrhaftes, aber doch erwärmendes Getränke ist, und den Kümmel<br />
noch kein gutes Bier ersetzt. - Die Geisteskultur steht auf niederer Stufe, und auch das Volkstümliche<br />
ist beinahe ganz und gar verwischt. - Weberei ist der Hauptnahrungszweig und sehr<br />
lebhaft betrieben. Aber auch im Ackerbau sind die Vogelsberger nicht ganz zurück. Die Kartoffeln<br />
geraten vorzüglich, ebenso Gerste, Hafer, Haidekorn und Flachs. Die Wiesenkultur<br />
kann gut genannt werden, obgleich es oft bei der Krummeternte schon so kalt ist, daß die<br />
Mäher in Mantel und Pelzkappe arbeiten."<br />
Aus diesen Reiseberichten kann man u.a. lesen, daß hier offensichtlich in den Feldgemarkungen<br />
mit großem Aufwand versucht wurde, vor allem für den Anbau von Kartoffeln<br />
(Winternahrung für das Vieh) und Flachs jede ackerfähige Fläche für den Anbau von Feldfrüchten<br />
zu nutzen. Möglicherweise liegt darin begründet, warum gerade hier die Waldweide<br />
mit einer solchen Intensität betrieben wurde.<br />
2.2.4. Die Zeit zwischen 1800 und 1900<br />
Für diesen Zeitraum stehen im Gegensatz zu dem vorangegangenen Jahrhundert nur sehr<br />
unzureichende Unterlagen für den Bereich des heutigen Naturwaldreservates zur Verfügung.<br />
Aus den vorhandenen Unterlagen ist zu entnehmen, daß das größte forstliche Problem dieser<br />
Zeit weniger die Behandlung und Sanierung der bestehenden Laubholzbestände war, sondern<br />
vielmehr die Diskussion um die Aufforstung der großen Waldflächen in Kammlagen durch<br />
Fichte. Es gibt Hinweise, daß etwa ab 1800 durch den Einfluß GEORG LUDWIG HARTIGS (Prinzip<br />
der Nachhaltigkeit) ein allmählicher Rückgang der Waldweide zu verzeichnen ist. Dieser<br />
Trend ist zweifellos der Waldverjüngung, gerade auch auf den nachgewiesenermaßen über<br />
Jahrhunderte hinweg im Bereich des Naturwaldreservates gelegenen Waldflächen, zu Gute<br />
gekommen.<br />
So weist zwar eine Übersichtskarte der Domanialwaldungen der Oberförsterei Feldkrücken,<br />
III. Blatt, gezeichnet 1858 von Forstcandidat GRÜNEWALD nach wie vor im Bereich<br />
des heutigen Naturwaldreservates Flächenbezeichnungen auf, die auf Beweidung mit Ziegen,<br />
Schafen, Kühen und - im Gegensatz zu der 100 Jahre älteren Karte des JOHANN HEINRICH EIF-<br />
FERT - auch mit Schweinen (Saudiegel im Hundsbornwald) hinweisen. Da jedoch das zu dieser<br />
Karte gehörende forstliche Gutachten nicht mehr vorhanden ist, kann der Nachweis, daß<br />
die Waldweide tatsächlich zu dieser Zeit noch ausgeübt wurde, nicht angetreten werden.<br />
Trotzdem soll versucht werden, sich durch Rückschlüsse ein Bild über Zustand und Entwicklung<br />
der Waldgebiete im Bereich des Naturwaldreservates zu verschaffen:<br />
Das Forsteinrichtungswerk von 1993 geht davon aus, daß die Waldbestände im Waldort<br />
Hainer Wald zwischen 1826 und 1862 verjüngt wurden. Aus dem Gutachten von JOHANN<br />
MARTIN NEIDHARDT 1770 wiederum ist bekannt, daß die vorherige Waldgeneration zwischen<br />
1710 und 1720 im Rahmen von Naturverjüngungen entstanden ist. Damit müssen bei Beginn<br />
der Verjüngung der heutigen Bestände im Naturwaldreservat die darüber stockenden Althölzer<br />
zwischen 96 Jahre bis 132 Jahre alt gewesen sein. In der Abteilung 140 und auch auf<br />
den tw. doch recht trockenen Standorten der Abteilung 142 scheint die Naturverjüngung aus<br />
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