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POLITIK<br />
Adoptieren ist<br />
kein Kinderspiel<br />
Kaum ein Thema wird derzeit so kontrovers<br />
diskutiert wie die Gleichstellung von <strong>Lesben</strong><br />
und Schwulen im Adoptionsrecht. L-MAG<br />
erklärt die derzeitige Gesetzeslage<br />
Rund 13.000 Kinder leben in Deutschland in sogenannten Regenbogenfamilien.<br />
Häufig stammen sie aus vorangegangenen Beziehungen, manche werden mithilfe<br />
von Insemination empfangen und immer mehr Kinder werden adoptiert.<br />
Doch nach wie vor besteht eine große Unsicherheit darüber, wie und ob es <strong>für</strong><br />
gleichgeschlechtliche Paare überhaupt infrage kommt, ein Kind anzunehmen.<br />
<strong>Das</strong> Wohl des Kindes hat Vorrang<br />
Wer adoptieren möchte, sollte sich, egal ob hetero- oder homosexuell, in erster<br />
Linie fragen, ob er in der Lage ist, die Bedürfnisse eines nicht leiblichen Kindes<br />
in den Mittelpunkt seiner weiteren Lebensplanung zu stellen. Um diese<br />
Frage geht es im Wesentlichen auch im Sozialbericht, den speziell geschulte<br />
Sozialarbeiterinnen des Jugendamtes über Adoptionsbewerber verfassen. Sylvia<br />
Latorre*, Adoptivmutter aus Dresden, erinnert sich im Gespräch mit L-MAG an<br />
den ersten Hausbesuch der Jugendamtsmitarbeiterin: „Ich war ungeheuer<br />
nervös, wie sie unsere Lebenssituation beurteilen würde. Man hat ja so die Vorstellung,<br />
dass die in alle Schränke schauen und jedes noch so intime Detail aus<br />
dem Privatleben wissen wollen.“ Doch der Sozialbericht ist kein Zeugnis über<br />
Wohlverhalten und Putzqualitäten einer künftigen Adoptivfamilie. „Uns inter -<br />
essiert in erster Linie der persönliche Reifegrad der Bewerber, wie sich der<br />
14<br />
<strong>Das</strong> kleine Adoptions-ABC<br />
Stiefkindadoption = Hier erlischt das Verwandtschaftsverhältnis eines<br />
leiblichen Elternteils (sofern bekannt) und wird auf die Co-Mutter (bzw.<br />
den Co-Vater) übertragen. Dieser Weg steht nur Paaren offen, die in<br />
einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Bei dem Kind muss es<br />
sich um ein leibliches Kind eines der beiden Partner handeln.<br />
Sukzessivadoption = <strong>Das</strong> Kind, das von einem der beiden Lebenspartner<br />
adoptiert wurde, wird im Nachgang („sukzessiv“) vom neuen Partner<br />
oder von der neuen Partnerin adoptiert. <strong>Das</strong> Bundesverfassungsgericht<br />
in Karlsruhe urteilte im Februar, dass bis zum 30. Juni 2014 eine<br />
gesetzliche Neuregelung in Kraft treten müsse. Zudem sind Sukzessivadoptionen<br />
<strong>für</strong> eingetragene Lebenspartnerinnen und -partner ab sofort<br />
möglich. Dies sei wegen der ansonsten eintretenden „unzumutbaren<br />
Nachteile“ geboten.<br />
Gemeinschaftliche Adoption = Die gleichzeitige Adoption eines<br />
Kindes durch beide Elternteile. Diese ist bislang nur heterosexuellen<br />
Ehepaaren vorbehalten. Die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern<br />
und -partnerinnen bei der Adoption wird von Grünen und SPD<br />
angestrebt, von der CDU jedoch abgelehnt.<br />
Kinderwunsch entwickelt hat, welche Vorstellungen sie vom Leben mit einem<br />
Adoptivkind haben, wie das soziale Netzwerk im Fall von Krankheit oder Krisen<br />
funktioniert und ob wir davon ausgehen dürfen, dass <strong>für</strong> das Kind bis ins Erwachsenenalter<br />
gesorgt werden kann“, so Marie Wichmann*, Mitarbeiterin<br />
einer kommunalen Adoptionsvermittlungsstelle. Doch können sich <strong>Lesben</strong> und<br />
Schwule überhaupt als Adoptiveltern bewerben? Wichmann gibt zu, dass es nach<br />
wie vor schwierig, aber nicht unmöglich ist. „Die einzelnen Landesjugendämter<br />
gehen sehr unterschiedlich mit den Anfragen homosexueller Adoptionsbewerber<br />
um“, erzählt sie. Während in den östlichen Bundesländern noch aus<br />
DDR-Zeiten Adoption zum Tagesgeschäft der Jugendämter zählt, scheint in<br />
manchem katholischem Bundesland die Einstellung vorzuherrschen, dass nur<br />
heterosexuelle Menschen eine Familie gründen dürfen. „Aber im Grunde<br />
genommen ist es wie mit älteren Ehepaaren. Die Aussicht auf ein Neugeborenes<br />
geht gegen null, weil auf ein Baby etwa sieben bis zehn Bewerbungen<br />
kommen.“ Im Gespräch und während eines Seminars <strong>für</strong> Adoptionsbewerberinnen<br />
und -bewerber werden diese dann über verschiedene Möglichkeiten,<br />
darunter auch die Auslandsadoption, informiert. „Den wenigsten Bewerbern ist<br />
klar, dass wir aber auch häufig Familien <strong>für</strong> Klein- und Grundschulkinder suchen<br />
oder <strong>für</strong> Geschwisterpaare.“ Letztere gelten als ebenso schwer vermittelbar<br />
wie Kinder im Alter ab etwa vier Jahren. „Dabei können wir über den<br />
Entwicklungsstand und die Bedürfnisse dieser Kinder schon viel zuverlässigere<br />
Aussagen treffen als beispielsweise über ein Neugeborenes, dessen Anlagen<br />
sich erst viel später zeigen“, so Marie Wichmann. Sie hat bereits mehrere<br />
lesbische Paare betreut, die sich <strong>für</strong> die Adoption eines älteren Kindes<br />
entschieden haben. „Man darf sich nichts vormachen. Adoptivkinder, egal welchen<br />
Alters, kommen mit einer besonderen Geschichte.“<br />
Kinder als politische Verhandlungsmasse<br />
Rechtlich gesehen konnte bislang freilich nur ein Elternteil das Kind adoptieren.<br />
„Wenn potenzielle Adoptionsbewerber in meine Sprechstunde kommen, frage<br />
ich nicht als Erstes nach ihrer sexuellen Orientierung, aber natürlich kommen wir<br />
L-MAG