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Das Magazin für Lesben - L-Mag

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INTERNATIONAL<br />

Junge <strong>Lesben</strong> und Schwule sind<br />

mutiger in ihrem Engagement<br />

Kurz vor Ostern versammelten sich in dem – ausgerechnet<br />

– rosafarbenen Mietshaus in Ranguns<br />

Stadtteil Mingalar Taungnyunt bei Color Rainbow<br />

etwa 20 junge Schwule und <strong>Lesben</strong> aus dem ganzen<br />

Land. „Wir bereiten unsere Teilnahme am Treffen<br />

von ILGA-Asia in Bangkok vor“, so Hla Myat.<br />

„Die meisten hier vertreten lesbisch-schwule Gruppen<br />

aus vielen Teilen Birmas.“ Auch Sue Choe ist<br />

zu diesem Treffen gekommen, zusammen mit<br />

Youth Pha, einer Freundin, die sie über Google<br />

Talk kennengelernt hat. „Sue Choe wohnt inzwischen<br />

bei mir, weil ihre Eltern sie rausgeworfen haben“,<br />

erzählt Youth Pha. „Nicht, weil sie lesbisch<br />

ist. Davon wissen sie nichts. Sie haben sich <strong>für</strong> ihr<br />

Aussehen geschämt.“ Ihre eigene Mutter weiß<br />

dagegen Bescheid, wie die 20-Jährige lachend<br />

berichtet: „Mütter wissen immer alles.“ Und obwohl<br />

sie sich nicht offiziell geoutet habe, seien<br />

auch ihre Geschwister im Bilde, denn: „Sie kennen<br />

meine Facebook-Seite.“<br />

Mit einer erstaunlichen Selbstverständlichkeit sprechen<br />

Sue Choe und Youth Pha von Facebook und<br />

Menschenrechten, nehmen an Treffen teil, was sie<br />

noch vor zwei Jahren zu Zeiten der Militärdiktatur<br />

in große Schwierigkeiten mit Polizei und der „Stasi<br />

à la Birma“ gebracht hätte. „Unter der Militärherrschaft<br />

waren solche Zusammenkünfte unmöglich.<br />

Wir blieben unter uns, in geschlossenen Freundeskreisen“,<br />

berichtet Youth Pha und Sue Choe<br />

ergänzt: „Vielleicht sind deshalb viele LGTB-<br />

Aktivisten hier noch sehr jung, weil sie die ganze<br />

Angst und Unterdrückung noch nicht so verinnerlicht<br />

haben wie die älteren Generationen.“<br />

LGBT-Partykultur<br />

verbindet Homos und Heteros<br />

Neues passierte kürzlich auch im Mojo’s, einer<br />

schnieken 70er-Jahre-Retrobar mit Plüsch, Spiegeln<br />

und Chrom <strong>für</strong> die verwöhnten Sprösslinge<br />

reicher Birmanen. Nach einem Probelauf vier Wochen<br />

zuvor stieg dort am Ostersamstag FAB –<br />

Ranguns erste lesbisch-schwule Party. Organisiert<br />

wurde sie von Mieke Bakx, einer lesbischen<br />

Niederländerin, und ihrem europäischen und<br />

birmanischen Freundeskreis. Fast 200 junge<br />

Frauen und Männer waren gekommen, Ausländer<br />

wie Birmanen. Nicht alle waren lesbisch oder<br />

schwul. Auch in Rangun hat sich rumgesprochen,<br />

dass die Gay Community zu feiern versteht.<br />

Hauptberuflich arbeitet Mieke seit über einem<br />

Jahr <strong>für</strong> eine Entwicklungshilfsorganisation in<br />

Rangun. Ihre private lesbisch-schwule Entwicklungshilfe<br />

ist nicht auf Partys beschränkt. „Ich<br />

spreche auf Workshops über LGTB-Themen.<br />

Manchmal im Rahmen meiner Arbeit, manchmal<br />

werde ich aber auch von anderen NGOs eingeladen“,<br />

erzählt die 27-Jährige. Homosexualität ist in<br />

L-MAG<br />

Die Republik der Union Myanmar:<br />

<strong>Das</strong> mehrheitlich buddhistische Myanmar liegt in Südasien und grenzt an China,<br />

Laos, Thailand, Bangladesch und Indien. Myanmar ist ein Vielvölkerstaat mit<br />

rund 54 Millionen Einwohnern, die 135 verschiedenen Ethnien angehören. Die<br />

größte Ethnie sind mit einem Anteil von 70 Prozent die Birmanen. Währung ist<br />

der Kyat.<br />

Birma/Burma oder Myanmar?<br />

Die Umbenennung von Birma oder Burma zu Myanmar wurde von der Militärregierung<br />

1989 gesetzlich festgelegt – Hintergrund war das Verdeutlichen der<br />

Abkehr von der Kolonialzeit und Hinwendung zur Selbstständigkeit. So wurden<br />

generell die Ortsnamen wieder „verursprünglicht“ – weg von den Veränderungen,<br />

die die Kolonialherren eingebracht hatten. Doch einige Organisationen, Medien<br />

und Staaten verweigerten sich dem neuen Namen, als Zeichen <strong>für</strong> Kritik an der<br />

Unterdrückung der Militärdiktatur.<br />

Ende 2010 fanden in Birma die seit vielen Jahren ersten tatsächlichen (und nicht<br />

beeinflussten) Wahlen statt. Die langsame Entwicklung hin zur Demokratie und<br />

Entwicklung der Infrastrukturen wird durch Hilfestellungen aus den Nachbarländern<br />

wie auch von der Europäischen Union unterstützt.<br />

der ehemaligen britischen Kolonie noch ein Tabuthema,<br />

männliche Homosexualität gesetzeswidrig.<br />

Wie tief Unwissenheit und Vorurteile sitzen,<br />

haben Mieke und ihre Freunde auch bei der<br />

Suche nach einem Ort <strong>für</strong> FAB erfahren.<br />

Westliche TV-Serien wie<br />

„Glee“ erzeugen Toleranz<br />

Lange Jahrzehnte war Birma von der Außenwelt<br />

weitgehend isoliert, ein Pariastaat: Kein Satellitenempfang,<br />

Internet und Mobiltelefone gab es kaum<br />

und waren, wenn, dann extrem teuer. Die Medien<br />

unterlagen strengster Zensur. Von der Welt da draußen<br />

wussten die Birmanen dementsprechend wenig.<br />

<strong>Das</strong> hat sich seit Dezember 2011 radikal verändert.<br />

„Die junge Generation steht schon offener Schwulen<br />

und <strong>Lesben</strong> gegenüber. <strong>Das</strong> kommt teilweise<br />

durch TV-Serien wie ‚Glee‘ oder ‚Modern Family‘,<br />

die jetzt auch bei uns zu sehen sind, aber auch<br />

durch den Internetzugang“, weiß Hla Myat.<br />

Schwulenbars gibt es (noch) keine in Rangun.<br />

Lediglich ein paar „gayfriendly“ Karaokebars, in<br />

denen Stricher auf Kundenfang sind. Für <strong>Lesben</strong><br />

existieren gar keine Treffpunkte. „Es werden spontane<br />

Veranstaltungen wie Partys, Infoabende oder<br />

gemeinsame Kinobesuche über die sozialen<br />

Onlinenetze organisiert“, erzählt Youth Pha. Im<br />

Juni soll es sogar einige CSD-Veranstaltungen geben,<br />

allerdings nicht öffentlich. „Eine Gay-Pride-<br />

Parade wäre hier noch nicht möglich“, davon ist<br />

Sue Choe überzeugt. Trotzdem blickt sie mit Zuversicht<br />

in die Zukunft. „Die politische Situation<br />

ist noch nicht stabil. Aber es gibt auch keinen Weg<br />

zurück. Es wird langsam besser.“<br />

Michael Lenz<br />

Foto: istockphoto.com<br />

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