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Das Magazin für Lesben - L-Mag

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MUSIK<br />

Nirvanas kleine Schwestern<br />

Die belgisch-deutsche Band Pandora’s Bliss kämpft mit Wut<br />

und Gitarre <strong>für</strong> eine bessere Welt<br />

Es gibt sie noch, die guten Dinge! Grunge zum<br />

Beispiel. Auch wenn dieser Musikstil aus Punkrock,<br />

Heavy Metal und schlabbrigen Holzfällerhemden<br />

mit dem letzten großen Rockstar, Mastermind<br />

von Nirvana und<br />

Courtney-Love-Ehemann Kurt<br />

Cobain, Mitte der 90er verschwand,<br />

ist Grunge nicht tot.<br />

Grunge ist nur von Seattle nach<br />

Belgien ausgewandert und fängt<br />

noch mal neu an. Die Band Pandora’s<br />

Bliss ist rechtmäßige Erbin<br />

und Sängerin Annie singt<br />

nicht nur wie der junge Kurt<br />

Cobain, sie sieht ihm auch noch<br />

ähnlich. Dennoch ist Pandora’s<br />

Bliss eine ganz eigenständige<br />

Band. 2006 von den beiden<br />

Schwestern Annie und Mia Croysh gegründet, haben<br />

sich die Pandoras mit mehr als 250 Konzerten<br />

weltweit vor allem einen Namen als umtriebige<br />

Live-Band gemacht. Derzeit fegen sie mit frischer<br />

Platte auch in Deutschland über die Bühnen.<br />

L-MAG sprach mit Gitarristin und Sängerin<br />

Annie über den Retro-Verdacht, starke Frauen im<br />

Rockgeschäft und Pläne <strong>für</strong> das Alter.<br />

L-MAG: Euer Album heißt „Oh Glorious Serenity“,<br />

was mit „Oh glorreiche Gelassenheit“<br />

übersetzt werden könnte – wie passt das zu eurer<br />

eher energiegeladenen Musik?<br />

Annie Croysh: Der Titel ist natürlich Ironie. Er<br />

repräsentiert aber genau das, wonach ich immer<br />

wieder strebe, was ich aber niemals so haben<br />

werde. Ich empfinde viele Dinge sehr intensiv. Es<br />

ist alles vergänglich, und jetzt kommt man langsam<br />

in das Alter, wo die Großelterngeneration<br />

wegstirbt. <strong>Das</strong> ist eine ziemlich heftige Zeit,<br />

gerade wenn man den Jugendwahn unserer Gesellschaft<br />

sieht, wie ältere Leute in Altersheime<br />

58<br />

Pandora’s Bliss on Tour:<br />

9.5. Oldenburg (Polyester)<br />

18.5. Herdorf (Rattenloch)<br />

19.5. Trier (Exhaus)<br />

31.5. Frankfurt (<strong>Das</strong> Bett)<br />

1.6. Neckarsulm (Kreatief)<br />

3.8. Welkenraedt (Charity Fest)<br />

31.8. Wokuhl (Rock im Wald)<br />

Aktuelles Album „Oh Glorious<br />

Serenity“ (Comet Records)<br />

abgeschoben werden, als ob sie Ballast wären. In<br />

anderen Kulturen hält die Familie zusammen und<br />

kümmert sich umeinander. Ich leide da auch ein<br />

bisschen drunter – auch dass Menschen sterben<br />

müssen, dass wir uns eines Tages<br />

alle verlieren werden. <strong>Das</strong> ist ein<br />

großer Einfluss auf unsere Musik<br />

und auf meine Texte.<br />

In den Texten sprichst du viel<br />

von Wut, Enttäuschung, Verletzungen.<br />

Machst du Musik, um<br />

diesen Gefühlen Ausdruck zu<br />

verleihen?<br />

Ja, auf jeden Fall. Nicht nur <strong>für</strong><br />

mein eigenes kleines Leben, sondern<br />

<strong>für</strong> das, was die Menschheit<br />

eigentlich ist. Wir Westeuropäer<br />

tun so zivilisiert, aber in Afrika<br />

werden immer noch kleine Mädchen von der eigenen<br />

Familie beschnitten, aufgeschlitzt wie ein<br />

Schwein! In Uganda gibt es Diskussionen, die Todesstrafe<br />

<strong>für</strong> Homosexuelle einzuführen. Und wir<br />

haben nichts Besseres zu tun, als uns „Germany’s<br />

Next Top Model“ reinzuziehen! Wenn wir nicht so<br />

ignorant wären in unserer Gesellschaft, könnten<br />

wir noch viel mehr verändern.<br />

Siehst du dich als Mahnerin?<br />

Ich komme nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern<br />

drücke die Dinge aus, die passieren. Ich hatte<br />

einige Supporter aus Argentinien oder Frankreich,<br />

die sprechen nicht so gut Englisch, spüren aber,<br />

was diese Musik zum Ausdruck bringt. Da geht es<br />

am Ende auch weniger um Texte als um Emotionen,<br />

die in der Musik sind.<br />

Ihr werdet oft mit Grunge-Bands aus den 90ern<br />

verglichen, The Breeders, Nirvana, L7, auch<br />

Riot-Grrrl-Musik – macht ihr Musik von vor<br />

20 Jahren?<br />

Nee, das ist totaler Quatsch, das sind absolut neue<br />

Songs! Wenn ich meine Songs sehe und die von<br />

damals, da merkt man, dass 20 Jahre dazwischenliegen.<br />

Natürlich sind ein paar im Grunge-Stil, aber<br />

Musik beeinflusst sich halt. Vielleicht fällt es ein<br />

bisschen mehr auf, weil es Bands wie uns derzeit<br />

nicht so oft gibt.<br />

L-MAG machte in der „Rock ’n’ Roll“-Ausgabe<br />

(1/2013) einen neuen Trend in Richtung<br />

Frauen-Rock aus …<br />

<strong>Das</strong> glaube ich! Ich kenne viele Bands mit Frauen<br />

am Mikro oder an Instrumenten, da findet weiterhin<br />

eine Emanzipation statt.<br />

Ist Rockmusik noch immer eine Jungs-Welt?<br />

Wir sind nie von Männern gedisst worden, weil wir<br />

mehr Frauen in der Band haben, im Gegenteil, die<br />

meisten finden das super: „Mädels, die ins Mikro<br />

brüllen, coole Sache!“<br />

Und wie ist das mit dir als offen lesbischer Musikerin?<br />

Mein Vorteil ist vielleicht, dass ich schon als Kind<br />

einen Scheiß drauf gegeben habe, was andere<br />

Leute über mich denken. Ich habe immer mein<br />

Ding durchgezogen, das macht es mir einfacher als<br />

anderen Frauen, die vielleicht Zweifel an sich<br />

haben und nicht so selbstbewusst sind. Da braucht<br />

es wirklich noch Aufklärung, dass eine Frau so<br />

stark sein kann wie ein Mann. Es gibt viele Frauen,<br />

die eigentlich emanzipiert, intelligent und stark<br />

sind, aber trotzdem immer wieder den Schwanz<br />

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