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Das Magazin für Lesben - L-Mag

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Wenn die Mutter sich selbst vergisst<br />

BUCH<br />

Autobiografischer Comic<br />

über Alzheimer-Erkrankung<br />

Sarah Leavitts autobiografische Erinnerungen<br />

an ihre an Alzheimer erkrankte Mutter setzen<br />

sich mühelos mit einer Krankheit auseinander,<br />

die nicht gerade als Verkaufsschlager gelten<br />

dürfte. Und sie tut das in einer derart<br />

anrührenden, nahen und absolut ehrlichen Art und<br />

Weise, dass ich „<strong>Das</strong> große Durcheinander“ gerne<br />

jeder ans Herz legen würden. Vom Zeichenstil an<br />

Paige Braddocks „Jane’s World“ erinnernd, berichtet<br />

auch Sarah aus ihrem ganz normalen Leben:<br />

ihre Kinderängste, ihr erster Liebeskummer<br />

wegen einer Frau, ihr (etwas verunglücktes) Coming-out,<br />

die erste Situation, in der sich ihre Mutter<br />

seltsam benimmt … unterbrochen von Rückblenden,<br />

Erklärungen oder Perspektivwechsel. <strong>Das</strong><br />

liest sich dramaturgisch hier und da etwas holprig,<br />

ergibt aber im Großen und Ganzen eine wunderbar<br />

persönliche Beschäftigung mit einem Thema,<br />

das der Künstlerin eindeutig nahegeht. Und damit<br />

auch den Leserinnen. Einziges Problem des Buches<br />

ist das Label:<br />

Seit einigen Jahren<br />

existiert <strong>für</strong> das<br />

Medium Comic ein<br />

Begriff, der es <strong>für</strong><br />

den Mainstream<br />

adeln soll: „Graphic<br />

Novel“. Ursprünglich<br />

<strong>für</strong> eine abgeschlossene,<br />

illustrierte<br />

Geschichte<br />

im Buchformat gebraucht, gilt er inzwischen fast<br />

als Qualitätsmerkmal. Eine Graphic Novel verspricht<br />

Ernsthaftigkeit und ein wichtiges Thema<br />

und findet so auch ihren Platz in Verlagen, die<br />

streng genommen weder auf Comics spezialisiert<br />

sind noch ein Programm da<strong>für</strong> haben. Der Beltz<br />

Verlag beispielsweise ordnet „<strong>Das</strong> große Durcheinander“<br />

seiner Abteilung Ratgeber zu. Da bleibt zu<br />

hoffen, dass es dort nicht untergeht. sv<br />

Sarah Leavitt: „<strong>Das</strong> große Durcheinander“,<br />

Beltz, 128 Seiten, 19,95 Euro<br />

Himmelhoch jauchzend zu Tode betrübt<br />

Zwei unmögliche Lieben in „Sarajevo in der Geliebten“<br />

L-MAG<br />

Anfangs winden sich die Sätze und erinnern<br />

eher an eine Doktorarbeit, als dass sie zum<br />

Schmökern einladen. Aber leichte Lesekost,<br />

die in Bosnien spielt, hätte angesichts der Geschichte<br />

des Balkanstaates kaum gepasst. Und sowieso<br />

haben Geschichten, in denen es um eine<br />

Liebesaffäre geht, die keine Zukunft hat, das<br />

Recht, schwermütig daherzukommen. <strong>Das</strong><br />

anspruchsvolle, philosophische Debüt von Melica<br />

Bešlija erzählt von zwei namenlosen Frauen, die<br />

aus Sarajevo stammen. Die Liebhaberin lebt heute<br />

in Wien; die Geliebte noch in der alten Heimatstadt.<br />

Dort begegneten sie sich im gemeinsamen<br />

Freundeskreis, sind elektrisiert voneinander, trinken<br />

zu viel Rotwein mit Cola und fallen überein -<br />

ander her. Doch die Chancen stehen eher schlecht:<br />

„Ich glaube nicht, dass die Unterschiedlichkeit unserer<br />

zwei Welten von dem Alltag getragen werden<br />

kann, möglicherweise kann sie aber etwas viel<br />

Höheres ergeben“, so die Liebhaberin. Die<br />

Geliebte ist zudem mit einem Mann verheiratet,<br />

hatte in den vergangenen Jahren etliche Liebschaften<br />

und liebt Sarajevo mehr als sich. So wandert<br />

dieser Roman durch eine zweite Herzensgeschichte<br />

– nämlich die mit der von den Bergen<br />

umzingelten Stadt, in der Homosexualität verachtet<br />

wird und Menschen stadtauswärts in ein schäbiges<br />

Hotel fahren, um geheime Lust und Leidenschaft<br />

auszuleben. 247 Seiten berührende Tiefschläge<br />

und Höhepunkte und mittendrin der poetische<br />

Versuch, zu definieren, was eine Geliebte<br />

überhaupt ist: „eine Frau, die man bis zum Endes<br />

seines Lebens nicht verabschieden<br />

kann“.<br />

Jana Schulze<br />

Melica Bešlija:<br />

„Sarajevo in<br />

der Geliebten“,<br />

edition atelier,<br />

247 Seiten, 19.95 Euro<br />

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