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FILM<br />
Freundinnen aus der Parallelwelt<br />
Der Dokumentarfilm „11 Freundinnen“<br />
begleitet einige Fußball-Nationalspielerinnen<br />
auf ihrem steinigen Weg<br />
Mit „Full Metal Village“ über das niedersächsische Dorf Wacken und sein alljährliches<br />
Heavy-Metal-Festival machte Regisseurin Sung-Hyung Cho 2006<br />
deutlich, wie eine gute, tiefgründige und humorvolle Doku aussehen kann.<br />
Für die Fußballerinnen-Doku „11 Freundinnen“ porträtierte sie die Spielerinnen<br />
Ursula Holl, Anja Mittag, Bianca Schmidt, Lira Bajramaj und Dszenifer<br />
Marozsán vor und während der WM in Deutschland 2011. Dabei stieß sie allzu<br />
oft an die persönlichen Grenzen der Spielerinnen und die Regeln der DFB-<br />
Maschinerie. L-MAG-Chefredakteurin Manuela Kay traf Sung-Hyung Cho<br />
zum Interview in Berlin und erfuhr, warum sich ein Land mit Frauenfußball<br />
noch immer schwer tut.<br />
L-MAG: Wie ist dein Verhältnis zu Fußball, wie kamst du zu dem Thema?<br />
Sung-Hyung Cho: Fußball ist eigentlich gar nicht mein Thema. Der erste<br />
Kontakt kam während der Recherche zum Heavy Metal, da habe ich festgestellt,<br />
dass die alle Fußballfans sind. Mit<br />
denen bin ich zum ersten Mal ins Stadion<br />
gegangen, das war schon sehr gigantisch. Ich<br />
dachte immer, Fußballfans sind alle ein bisschen<br />
doof, die sind immer in großen Gruppen<br />
unterwegs und brüllen lautstark. Dann im<br />
Stadion habe ich mich auch beim Grölen<br />
ertappt, das ist ein Phänomen.<br />
Und Frauenfußball?<br />
Frauenfußball hat mich schon gar nicht inter -<br />
essiert. Als mir der Film von der Produktionsfirma<br />
Pandora angeboten wurde, habe ich zunächst<br />
abgelehnt. Aber weil die Firma so<br />
renommiert ist, habe ich gesagt, ich schaue<br />
mir ein Spiel an, dann sehen wir weiter. <strong>Das</strong><br />
Spiel war zufällig Deutschland gegen Nordkorea<br />
– ich bin aus Südkorea, ich dachte, das ist ein Zeichen – und die Atmosphäre<br />
im Stadion war völlig anders als beim Männerfußball. Die Frauen auf<br />
dem Fußballfeld, die sind so unterschiedlich: einige so ganz germanisch, wie<br />
Göttinnen, groß und stark, und andere wieder klein und dann zierliche, so wie<br />
Lira (Anm. d. Red.: Bajramaj). Die habe ich nach dem Spiel gesehen, umzingelt<br />
von Journalisten, mit perfekten Fingernägeln, die Schminke null verschmiert,<br />
die schwitzte auch kaum, unglaublich. Und da dachte ich dann:<br />
Okay, den Film mache ich.<br />
Vor allem der Vergleich zu Nordkorea war sicher interessant?<br />
Ja, die sind sehr klein und sehen auch alle gleich aus auf dem Platz.<br />
<strong>Das</strong> sagst du als Koreanerin?<br />
Ja, wirklich, die sehen alle so ähnlich aus, während unsere Frauen (lacht), also<br />
unsere deutschen Frauen so unterschiedlich aussehen.<br />
Was war eigentlich Ziel des Films? Frauenfußball an sich, die einzelnen<br />
Spielerinnen zu porträtieren oder die WM zu begleiten?<br />
Die WM war praktisch der Rahmen, der das Ganze attraktiv macht. Mich hat<br />
interessiert, wie sich Frauen in Deutschlands Sport Nummer eins und in eine<br />
absolute Männerdomäne einbringen. Aber ich wollte nicht die ganze Mannschaft<br />
zeigen, sondern nur ein paar Frauen. <strong>Das</strong> war nicht einfach. Sobald eine<br />
in der Nationalmannschaft ist, sind die nicht mehr so ansprechbar. Die haben<br />
Verpflichtungen, was sie sagen sollen oder nicht sagen dürfen oder wo sie vorsichtig<br />
sein sollen.<br />
<strong>Das</strong>s du immer wieder an Grenzen gestoßen bist, ist dem Film anzumerken.<br />
Andererseits – was haben die Stars im Nationalteam noch zu<br />
verlieren?<br />
54<br />
Hat da jemand die neue Folge<br />
von „Lost Girl“ dabei?<br />
Sung-Hyung<br />
Cho, Filme -<br />
macherin und<br />
ganz neu:<br />
Fußballfan<br />
Guck mal auf die Männer, wenn die interviewt<br />
werden, sagen auch alle immer das Gleiche. <strong>Das</strong><br />
sind Nationalspieler oder Bundesligaspieler, die<br />
können nicht anders. Im Vergleich zu den Männern<br />
sind die Frauen wirklich noch relativ frei<br />
und authentischer, nicht so indoktriniert, finde<br />
ich. Aber sie müssen schon sehr aufpassen, was<br />
sie sagen, die sind sehr empfindlich gegenüber Medien.<br />
Wie nahe haben dich die Spielerinnen denn im Rahmen des Films an sich<br />
rangelassen?<br />
Da<strong>für</strong>, dass sie alle Nationalspielerinnen sind, haben sie es echt versucht. Aber<br />
zum Beispiel hätte ich so gern Lira beim Beten gefilmt. <strong>Das</strong> wollte sie auf<br />
keinen Fall. Und auch beim Thema Homosexualität ging nichts.<br />
Hast du das angesprochen und die Spielerinnen haben abgelehnt,<br />
darüber zu sprechen?<br />
Wenn man das anspricht, ist die Antwort immer gleich: Jeder muss das <strong>für</strong><br />
sich entscheiden. Im eigenen Leben gestalten sie das, wie sie wollen, aber im<br />
Interview vermeiden sie die Antworten.<br />
Warum darf Ursula Holl als Einzige im Film ein Privatleben haben? Sie<br />
lebt mit ihrer Freundin zusammen, die springt auch mal durchs Bild, das<br />
scheint ganz unverkrampft. Was unterscheidet sie von den anderen<br />
Spielerinnen?<br />
Na ja, sie ist alt genug und sie kann den Medien standhalten.<br />
Bei den anderen durftest du kein Privatleben filmen?<br />
<strong>Das</strong> ist ja nicht nur ihre eigene Entscheidung. Der Film wird unterstützt vom<br />
DFB und dann müssen sie mehr oder weniger mitmachen. Ich habe schon die<br />
ausgewählt, die mehr publik gemacht haben. Manche wollten überhaupt nicht<br />
bei der Arbeit gefilmt werden. Aber Anja (Mittag) und Dszenifer Marozsán,<br />
die durften wir bei der Arbeit aufnehmen. Die schützen ihr Privatleben, das<br />
muss man auch akzeptieren.<br />
Aber die männlichen Profifußballer haben doch auch Familie, Frauen,<br />
Freundinnen und Kinder. Die Frauen dagegen ...<br />
L-MAG<br />
Foto: Carmen Jaspersen / picture alliance / dpa