jahresbericht 2012 - Naturhistorisches Museum Wien
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1990<br />
0<br />
-100<br />
-200<br />
-300<br />
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-600<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
+2° C<br />
0° C<br />
-2° C<br />
-2° C<br />
-2° C<br />
-8° C<br />
ausstellungen<br />
3.1. laufende sonderausstellungen<br />
03<br />
3.1.1. Wege des Wissens –<br />
Forschung am NHM<br />
Dauer: bis 29. Februar <strong>2012</strong><br />
Unter dem Motto „Wege des Wissens“ stellten 12<br />
Infosäulen aktuelle Forschungsprojekte vor. Durch<br />
ihr modernes Design unterschieden sich die Säulen<br />
klar von den historischen Vitrinen und legten einen<br />
spannenden „Forschungspfad“ quer durchs <strong>Museum</strong>.<br />
Als Blickfang machten interessante Objekte auf<br />
die Inhalte aufmerksam. Ein Kurztext auf der Vorderseite<br />
gab eine rasche Übersicht über das jeweilige<br />
Projekt, ein ausführlicher Poster<br />
auf der Rückseite vermittelte<br />
detaillierte Einblicke in<br />
die Thematik. Grafiken, Filme,<br />
Hörstationen und interaktive<br />
Ladenelemente boten zusätzliche<br />
Information.<br />
Eishöhlen<br />
in Österreich<br />
Höhlen, die das ganze Jahr<br />
über Eis führen, sind ein<br />
seltenes Phänomen. In<br />
Österreichs Alpen liegen<br />
einige der größten Eishöhlen<br />
der Welt.<br />
Die Höhlenforscher am NHM<br />
Seit 20 Jahren beobachtet das Team um Dr. Rudolf Höhlenklima-Parameter. Alle Messergebnisse deu-<br />
Pavuza, Leiter der Karst- und Höhlenkundlichen ten darauf hin, dass Zu- und Abnahme des Eises<br />
Abteilung des NHM, Klima und Eis in den auf mittelfristige, immer wiederkehrende Klimaschwankungen<br />
zurückzuführen sind. Die aktuelle<br />
österreichischen Eishöhlen. Der Eisstand wird<br />
an Prolen gemessen, die durch Messpunkte globale Erwärmung beschleunigt möglicherweise<br />
genau deniert sind. Fix montierte Datenlogger den Eisrückgang, ist aber nicht dessen Ursache.<br />
messen die Temperatur und eine Reihe weiterer<br />
Jährliche<br />
Eisstandsmessungen<br />
in<br />
den Dachsteinhöhlen<br />
an genau<br />
denierten<br />
Prolen.<br />
Temperaturverlauf<br />
in der<br />
Dachstein-<br />
Rieseneishöhle.<br />
Höchste Sommertemperatur:<br />
+1° C; tiefste<br />
Wintertemperatur<br />
um -7° C.<br />
19.08.08<br />
18.10.08<br />
17.12.08<br />
15.02.09<br />
16.04.09<br />
15.06.09<br />
14.08.09<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
2008<br />
2010<br />
Das Höhleneis wird weniger<br />
NHM Forschung aktuell:<br />
Langzeitmonitoring in Eishöhlen<br />
Vom Menschen verursachte Erwärmung<br />
oder natürliche Klimaschwankungen<br />
– was lässt die „unterirdischen<br />
Gletscher“ in unseren Eishöhlen<br />
schmelzen? Seit 20 Jahren untersuchen<br />
Forscher der Karst- und<br />
Höhlenkundlichen Abteilung des NHM<br />
Höhleneis und Höhlenklima in österreichischen<br />
Eishöhlen. Interessantes<br />
Ergebnis des Langzeitmonitorings:<br />
Das Höhleneis wird an allen Beobachtungspunkten<br />
weniger. Die aktuelle<br />
globale Erwärmung scheint aber<br />
nicht die Hauptursache zu sein.<br />
Current Research at the NHM:<br />
Long-term Monitoring in Ice Caves<br />
Is the melting of ‘subterranean<br />
glaciers’ in Austrian ice caves induced<br />
by human-caused global warming<br />
or by natural climatic uctuations?<br />
For 20 years, meteorological<br />
conditions and ice levels in Austrian<br />
ice caves have been investigated<br />
by speleologists from the Natural<br />
History <strong>Museum</strong>. The results show<br />
that the cave ice has decreased at<br />
all observation points. Nonetheless,<br />
contemporary global warming is<br />
apparently not the main cause of<br />
the retreating ice.<br />
Bereits vor fast 100 Jahren, als die großen Eishöhlen<br />
entdeckt wurden, begannen Forscher das<br />
Höhlenklima und die spektakulären Eisformationen<br />
zu untersuchen.<br />
Die frühen Messdaten und ihre Interpretation sind<br />
eine wertvolle Basis für die aktuellen Untersuchungen<br />
und lassen folgende Schlüsse zu:<br />
1) Der Eisstand der 1930er Jahre entspricht ungefähr<br />
dem heutigen Eisstand. Da das Eis zumindest<br />
in den letzten 20 Jahren stetig abgenommen<br />
hat, muss es zwischen 1930 und<br />
1985 ein Eismaximum gegeben haben.<br />
Linearer<br />
Eisrückgang in<br />
der Dachstein-<br />
Mammuthöhle<br />
seit Beginn<br />
der modernen<br />
Messungen<br />
1993. Jährlich<br />
schwindet das<br />
Bodeneis an<br />
dieser Stelle um<br />
durchschnittlich<br />
27 cm.<br />
Eisabsenkung (cm)<br />
2) Kurzfristig wird das Höhleneis vor allem durch<br />
feuchtkühle Sommer gefährdet: In warmen Sommern<br />
strömt kühle Höhlenluft an den unteren<br />
Eingängen aus und verhindert das Eindringen<br />
warmer Außenluft. Bei feuchtkühler Witterung<br />
dringen Sommerluft und warme Sommerregen in<br />
die Höhle ein und bringen das Eis zum Schmelzen.<br />
3) Langfristige Klimaschwankungen werden durch<br />
das umgebende Gestein stark gedämpft und erst<br />
verzögert wirksam. Erst nach einem Beobachtungszeitraum<br />
von mindestens 30–40 Jahren<br />
lässt sich feststellen, welchen Einuss die derzeitige<br />
Klimaänderung auf den Eisrückgang hat.<br />
Höhlenklima –<br />
Messstation um<br />
1920. Ein starker<br />
Eisrückgang<br />
in den 1920er<br />
Jahren war<br />
Startpunkt<br />
für ein groß<br />
angelegtes<br />
Messprogramm.<br />
Infosäule „Höhleneis“ –<br />
Kurztext, Display und Ladentext<br />
boten Einblicke in die Welt der Forschung<br />
Wie alt ist das Höhleneis?<br />
Wie entsteht Höhleneis?<br />
Höhlenraum<br />
+ Luftzug<br />
+ niedrige Temperatur<br />
+ Wasser<br />
Eishöhle<br />
Nur in Hochgebirgshöhlen<br />
mit „Bewetterung“ (Luftbewegung)<br />
kann Schmelzwasser,<br />
das durch den<br />
Kalkfelsen eindringt,<br />
zu Eis gefrieren.<br />
Der Kamineffekt führt im Winter dazu, dass warme<br />
Höhlenluft durch die oberen Ausgänge ausströmt<br />
und kalte Außenluft über die unteren<br />
Eingänge angesaugt wird, wodurch<br />
eine starke Abkühlung des Felsens<br />
und des bereits vorhandenen<br />
Eises stattndet.<br />
Eiskeulen,<br />
wie die Glasmodelle<br />
in<br />
der Vitrine,<br />
wachsen.<br />
„Wetterumkehr“ im Sommer:<br />
kalte Höhlenluft tritt durch<br />
die unteren Eingängen aus,<br />
warme Außenluft wird über die<br />
oberen Eingänge angesaugt.<br />
Das Eis schmilzt langsam.<br />
Eis aus der Eiszeit gibt es in den österreichischen wurde mit der 14 C-Methode an Holzresten aus dem<br />
Eishöhlen nach heutigem Wissensstand nicht. Der Eis vorgenommen. Auch eingewehte Blütenpollen<br />
größte Teil des Eises in den Dachstein-Eishöhlen wurden untersucht und ergaben denselben Befund.<br />
ist ca. 500 Jahre alt und markiert den Beginn der<br />
„kleinen Eiszeit“ im 15. Jhdt. Davor waren die Höhlen Beim Höhleneis werden zwei Typen unterschieden:<br />
eine Zeit lang fast eisfrei. Die Altersbestimmung<br />
Eiskeulen, wie<br />
Bodeneis bildet<br />
die Glasmodelle<br />
im Dachstein<br />
in der Vitrine,<br />
bis zu 25 m<br />
zählen zum<br />
mächtige<br />
jahreszeitlichen<br />
Schichtpakete<br />
Eis. Es schmilzt<br />
und ist meist<br />
und baut<br />
mehrere Jahrhunderte<br />
alt.<br />
sich saisonal<br />
wieder auf.<br />
Abstract<br />
Some of the largest ice caves in the world are located within the in climate are strongly dampened and delayed by the bedrock. So<br />
Austrian Alps. For more than 20 years, speleologists from the Natural far, all observations suggest that contemporary ice melt is probably<br />
History <strong>Museum</strong> have measured the air temperature as well as the accelerated by global warming but that the key factor is mediumterm<br />
uctuations in climate.<br />
ice level in these caves. The results indicate that cool and moist<br />
summers pose the main threat to the ice. Long-term uctuations<br />
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<strong>jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> | naturhistorisches museum wien<br />
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