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10 Träume leben<br />
Träume leben 11<br />
Horst, was muss man tun für ein Sabbatjahr?<br />
Das hängt von Job und Arbeitgeber ab. Als<br />
Fachlehrer an <strong>de</strong>r Keramikfachschule Landshut konnte ich das<br />
einfach beim Bayerischen Kultusministerium beantragen. Es gibt<br />
verschie<strong>de</strong>ne Ansparsysteme. Bei mir lief es so, dass ich drei<br />
Jahr e Vollzeit mit 75 Prozent Lohn gearbeitet habe. Im freien<br />
vierten Jahr lief <strong>de</strong>r 75-Prozent-Lohn dann weiter. Ein fairer Deal,<br />
sofern man im Alltag mit weniger Geld klarkommt.<br />
Leerer Terminkalen<strong>de</strong>r, zwölf Monate frei! Wie füllt sich<br />
so ein Sabbatjahr mit Plänen?<br />
Es gab zwei große Träume. In Kanada habe ich mal einen Cree-<br />
Indiane r ein Stück mit <strong>de</strong>m Auto mitgenommen – <strong>zum</strong> Dank lud er<br />
mich zu einer Reittour ein. Ich hatte keine Ahnung von Pfer<strong>de</strong>n,<br />
aber <strong>de</strong>r Ritt hat mich so beeindruckt, dass ich zu Hause mit Reitstun<strong>de</strong>n<br />
begann, um irgendwann mal eine große Wildnistour mit<br />
Pfer<strong>de</strong>n zu unternehmen. Der zweite Wunschtraum war ein<br />
längere r Törn auf <strong>de</strong>r eigenen Segeljacht: Mittelmeer, Schwarzes<br />
Meer, Rotes Meer – o<strong>de</strong>r gleich allein über <strong>de</strong>n Atlantik.<br />
Das klingt, als seist du in Sachen Outdoorsport<br />
ziemlich fit und erfahren …<br />
Draußen sein war immer meine Lei<strong>de</strong>nschaft: Trampen, Wan<strong>de</strong>rn,<br />
Pad<strong>de</strong>ln, Zelten, Segeln. Größere Rucksacktouren in Kanada und<br />
Kamtschatka. Im Lauf <strong>de</strong>r Jahre kamen dann auch ein Tauchschein,<br />
ein Motorbootschein und ein Jagdschein dazu. O<strong>de</strong>r die<br />
Reitstun<strong>de</strong>n. Ich bin aber nirgendwo Spezialist, kein Tiefseetaucher<br />
o<strong>de</strong>r Höhenbergsteiger. Eher ein Outdoor-Allroun<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r<br />
durch Spaß und Interesse etwas Know-how erworben hat. Solche<br />
Leute gibt es doch viele.<br />
Und <strong>de</strong>r Allroun<strong>de</strong>r wollte im freien Jahr segeln und reiten?<br />
Zunächst war es kein »und«, son<strong>de</strong>rn ein »o<strong>de</strong>r«. Eine Jacht ist<br />
eine Riesenanschaffung, die man dann auch nutzen muss. Das<br />
Reiten reizte mich min<strong>de</strong>stens ebenso: irgendwo Pfer<strong>de</strong> kaufen<br />
und dann monatelang durch die Wildnis streifen.<br />
Ich konnte mich nicht entschei<strong>de</strong>n und verschlang sowohl Bücher<br />
über Atlantik überquerungen als auch übers Reiten, beson<strong>de</strong>rs in<br />
<strong>de</strong>r Mongolei. Dann las ich, dass man dort einen Gui<strong>de</strong> und einen<br />
Dolmetscher braucht, aber ich wollte so eine Tour unbedingt auf<br />
eigene Faust machen. Südamerika schien geeigneter zu sein. Ich<br />
träumte von Patagonien.<br />
»Da hat es bei mir Klick<br />
gemacht: Erst segle ich als<br />
Matros e über <strong>de</strong>n Atlantik,<br />
und in Südamerika starte ich<br />
– ohne die Last eines eigenen<br />
Bootes – meine Pfer<strong>de</strong>tour.«<br />
Wie hast du das Dilemma gelöst?<br />
Auch beim Lesen: Rüdiger Nehberg hat ja mehrfach <strong>de</strong>n Atlantik<br />
überquert, um auf die Not <strong>de</strong>r Yanomami-Indianer aufmerksam zu<br />
machen. In einem seiner Bücher erwähnt er eine Freundin, die<br />
ihm auf einem Segelboot hinterherreist, und zwar »Hand gegen<br />
Koje«. Da hat es bei mir Klick gemacht: Erst segle ich als Matros e<br />
über <strong>de</strong>n Atlantik, und drüben in Südamerika starte ich – ohne die<br />
Last eines eigenen Bootes – meine Pfer<strong>de</strong>tour. So könnte ich<br />
beid e I<strong>de</strong>en realisieren. Und ich wür<strong>de</strong> mir nicht nur <strong>de</strong>n Hinflug<br />
spare n, son<strong>de</strong>rn mich meinem Reiseland ganz langsam und<br />
archaisc h annähern. Der Plan gefiel mir.<br />
Und dann: letzter Schultag und los?<br />
Nicht ganz. Es gab einiges zu organisieren: Versicherungen<br />
kläre n, Wohnung untervermieten und natürlich ein Boot fin<strong>de</strong>n.<br />
Auf www.handgegenkoje.<strong>de</strong> hatte ich ein Gesuch eingestellt, erst<br />
mal passierte gar nichts. Dann kam ein Angebot für einen Törn<br />
nach Martinique in <strong>de</strong>r Karibik. Allerdings von einem professionellen<br />
Anbieter, <strong>de</strong>r dafür normalerweise 1800 Euro verlangt. Er<br />
bot mir jedoch einen stark reduzierten Preis an, weil er neben <strong>de</strong>n<br />
zahlen<strong>de</strong>n Gästen auch noch einen halbwegs erfahrenen Helfer<br />
braucht e. Ich hatte diese Erfahrung. Diese Abmachung war für<br />
uns bei<strong>de</strong> okay.<br />
Statt wie erträumt alleine über <strong>de</strong>n Atlantik nun in <strong>de</strong>r Gruppe.<br />
War das noch das Wahre?<br />
Sicher an<strong>de</strong>rs als ein Solotörn, aber auch ein Abenteuer. Die Jacht<br />
war eine in die Jahre gekommene englische Ketsch, also mit zwei<br />
Masten und nur elf Meter lang. Durch ihr Alter war sie etwas<br />
undich t, was mich gleich zu Anfang meine Kamera kostete – es<br />
regnete in die Koje, genau auf die neue Panasonic. Die erste<br />
Etapp e, durchs Mittelmeer nach Gibraltar, begann gleich mit<br />
katastrophale m Wetter. Drei verheeren<strong>de</strong> Tage und Nächte mit ><br />
Urlaub vom Urlaub:<br />
Tauchen mit Riesenschildkröten<br />
vor Martinique.