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102<br />
Traumtour<br />
huskytrack<br />
Fotograf, alleinerziehend, bergverrückt.<br />
In Kapstadt geboren, jetzt ein Münchner Kindl, hier am »Stopselzieher«.<br />
Das größte Problem lauert am En<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Höllentalferners: die berüchtigte Randkluft.<br />
Finnland | Schwe<strong>de</strong>n | Lappland | Norwegen | Kanada<br />
durch die Klamm auf. »Hier wird man eh nass!«, brüllt Luca vergnügt<br />
gegen das Tosen <strong>de</strong>r Schlucht an. Als sie auf <strong>de</strong>r Hütte ausdampfen,<br />
trübt die Wetterprognose von Radio Tirol die Stimmung wie<strong>de</strong>r ein.<br />
Bei Nässe wäre <strong>de</strong>r Klettersteig <strong>zum</strong> Gipfel nicht zu verantworten.<br />
Sebastian überlegt, wie er Luca einen Abbruch <strong>de</strong>r Tour schonend<br />
beibringen könnte. Versteht ein Neunjähriger, dass <strong>de</strong>r Weg das Ziel ist?<br />
Zwei Tage lang wehren sich Sebastian und Luca gegen <strong>de</strong>n Lagerkoller<br />
mit kleinen Erkundungstouren. Dann, am zweiten Abend, reißt <strong>de</strong>r<br />
Himmel auf und gewährt einen Blick auf <strong>de</strong>n weiteren Aufstieg. Mit<br />
<strong>de</strong>m Kopf im Nacken sagt Luca ebenso freudig wie respektvoll: »Das ist<br />
aber noch hoch und weit und steil …«<br />
Sattes Blau überspannt <strong>de</strong>n Gipfel <strong>de</strong>r Zugspitze<br />
Morgens halb sechs in Deutschlands erwartungsvollster Berghütte:<br />
Kaum piepst <strong>de</strong>r Wecker, fliegen die Blicke aus <strong>de</strong>m Fenster. Wie<strong>de</strong>r<br />
trüb. Ob es aufreißt? Beim Frühstück ist Luca gera<strong>de</strong>zu unausstehlich<br />
aufgeregt. Mittlerweile sind drei Freun<strong>de</strong> hinzugekommen, die einen<br />
Film über »City to Summit« drehen. Darunter Oliver Aram, ein erfahrener<br />
Bergsteiger, <strong>de</strong>r auch Führungsfunktion übernimmt. 7 Uhr – pack ma’s!<br />
Als <strong>de</strong>r Pfad zu einer Ferrata wird, setzen alle die Helme auf und legen<br />
Klettersteigsets an. Erst geht es eine Leiter hinauf. Dann quert man<br />
eine fast senkrechte Felswand auf Stahlstiften, die in <strong>de</strong>n Berg geschlagen<br />
wur<strong>de</strong>n. »Darunter geht es einfach nur runter!«, bemerkt Luca<br />
gleichermaßen furchtsam und verzückt. Unter seinen Füßen sieht er<br />
nur Nebel. Es folgt eine Gehpassage. Luca stapft und plappert<br />
und singt. Als sie <strong>de</strong>n Höllentalferner erreichen, lassen<br />
sie die letzten Wolken unter sich. Sattes Blau überspannt<br />
<strong>de</strong>n frisch überzuckerten Gipfel <strong>de</strong>r Zugspitze.<br />
Gletscherspalten kannte Luca bislang nur aus Filmen. Als<br />
Oli ihn um die Risse herumführt, wagt Luca einen Blick über<br />
die Kante. Oben kann er etwas von <strong>de</strong>m Eis sehen, dann<br />
wird es schwarz. Ganz schön unheimlich. Das größte<br />
Problem lauert am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Gletschers: die berüchtigte<br />
Randkluft. Oli überwin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n sechs Meter tiefen Schlund,<br />
erklimmt mithilfe eines Fixseils <strong>de</strong>n Felsen und installiert<br />
eine zusätzliche Sicherung für Luca. Der lässt sich von<br />
Sebastian einbin<strong>de</strong>n und kraxelt geschickt hinterher, bis<br />
<strong>zum</strong> Beginn <strong>de</strong>r zweiten Klettersteigpassage.<br />
Luca ist nun völlig aufgedreht. Sebastians größte Sorge war<br />
nicht, ob <strong>de</strong>r Bub die 1600 Höhenmeter kräftemäßig packt,<br />
son<strong>de</strong>rn ob er so lange konzentriert bleiben kann. Wann<br />
immer Luca albern wird, zwingt Sebastian ihn zu einer<br />
kurzen Pause, gibt ihm zu essen und zu trinken. Beson<strong>de</strong>rs<br />
knifflig wird es an zwei durchaus steilen, aber nicht<br />
ver sicherten Stellen. Je<strong>de</strong>r Fehltritt wäre wohl <strong>de</strong>r finale.<br />
Sebastian versucht, seine eigene Angst zu verbergen.<br />
Prompt bleibt Luca cool und setzt behutsam Fuß vor Fuß.<br />
Dennoch fällt Sebastian ein Stein vom Herzen, als die<br />
Karabiner wie<strong>de</strong>r ins Stahlseil klicken.<br />
><br />
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JF 08/2013