CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS
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<strong>CHRONIQUES</strong> <strong>ET</strong> <strong>COMPTES</strong> <strong>RENDUS</strong> 281<br />
dem Rahmen fallenden reductiones einer bestimmten Handschrift wiedergegeben, die<br />
dort für sich überliefert sind und mit den üblichen Ausdeutungen (Gruppe I) nicht übereinstimmen.<br />
Schließlich folgen textkritische und sprachliche Erläuterungen, sodann<br />
Zusammenstellungen von Zitaten und biblischen Similien wie auch von Parallelen zu den<br />
‘Gesta Romanorum’.<br />
Im Spätmittelalter hat man — wir wissen es alle — intensiv nachgedacht und<br />
gestritten über das Verhältnis zwischen der geistlichen und der weltlichen Macht,<br />
zwischen den Rechten des deutschen Königs und Kaisers und den Prärogativen des<br />
Papstes. Zu den rechtskundigen, politisch denkenden Geistlichen, welche sich auf<br />
kaiserlicher Seite über dieses Verhältnis Gedanken gemacht haben und in diesem Sinne<br />
publizistisch tätig gewesen sind, gehört Lupoid von Bebenburg (um 1300-1363),<br />
Domherr in Würzburg und seit 1353 Bischof von Bamberg. Der aus dem niederen Adel<br />
Frankens stammende Lupoid erwarb sich in Bologna die Würde eines doctor decretorum.<br />
Als Kanonist war er dazu prädestiniert, in öffentlichen Auseinandersetzungen<br />
aufzutreten. Dies tat er nach seiner Rückkehr nach Deutschland denn auch ausgiebig,<br />
zunächst im Umkreis der Kurie von Mainz, dann als langjähriger Offizial des Bischofs<br />
von Würzburg. In zahlreichen Rechtsstreitigkeiten stand der Kaiser samt dem deutschen<br />
Episkopat der päpstlichen Kurie in Avignon gegenüber, und Lupoid erwarb sich in Jahrzehnten<br />
Erfahrung in der Behandlung strittiger Bischofswahlen. Zugleich ging es um die<br />
Ausgestaltung der Verfassung des Reiches; in diesem Zusammenhang sei auf einen<br />
Rechtsspruch der deutschen Kurfürsten in Rhense vom Sommer 1338 hingewiesen.<br />
Lupoid könnte daran beteiligt gewesen sein ; jedenfalls ist sein ‘Tractatus de iuribus<br />
regni et imperii Romanorum’ (im Wesentlichen 1340 fertiggestellt) ist in manchen<br />
Dingen geradezu eine Paraphrase, ein Kommentar der fürstlichen Verlautbarung. Von<br />
diesem Traktat und zwei weiteren Texten Lupolds ist, nach einer nahezu hundertjährigen<br />
Vorgeschichte, eine kritische Edition erschienen : Politische Schriften des Lupoid von<br />
Bebenburg. Herausgegeben von Jürgen M i e t h k e und Christoph F l ü e l e r . (Monumenta<br />
Germaniae Histórica: Staatsschriften des späteren Mittelalters 4). Hannover : Hahn,<br />
2004. XXIV, 608 Seiten. ISBN 3-7752-0304-4. — An erster Stelle steht hier der<br />
genannte ‘Tractatus ...’, ein umfangreicher Text, der sich vollständig in zwanzig Handschriften<br />
erhalten hat. Auf der Grundlage der kanonistischen Staatstheorie des 13. Jahrhunderts<br />
wird hier die Stellung und werden die Rechte des deutschen König- und<br />
Kaisertums herausgearbeitet. Dabei werden fünf Hauptthesen verteidigt, die sich mit der<br />
Erklärung von Rhense berühren. Eine ähnliche Stoßrichtung, doch einen gänzlich<br />
anderen Inhalt hat der wenig später (1342) fertiggestellte und dem Herzog von Sachsen<br />
gewidmete ‘Libellus de zelo Christiane religionis veterum principum Germanorum’. In<br />
diesem durch 11 vollständige Handschriften vertretenen Text legt Lupoid dar, welchen<br />
Glaubenseifer und welche Ergebenheit gegenüber dem römischen Stuhl die deutschen<br />
Herrscher bewiesen hätten, und welch hohes Verdienst ihnen daraus erwachsen sei. Hier<br />
beschreibt er mehr, als daß er argumentiert — diesbezüglich verweist er oft auf seinen<br />
‘Tractatus ...’. Vielfach folgt er textlich recht eng seinen historiographischen Quellen.<br />
Hinzu kommt als dritter Text eine etwa gleichzeitig mit dem ‘Tractatus ...’ geschaffene<br />
Dichtung — 180 Langzeilen zu 14 Silben, vielfach von der Form 7pp+7p. Ihr Titel<br />
lautet : ‘Ritmaticum querulosum et lamentosum dictamen de modemis cursibus et defectibus<br />
regni ac imperii Romani’. Dem Dichter erscheint in einem Traum eine venustissima<br />
domina als allegorische Verkörperung des Reichs und beklagt sich über erlittenes<br />
Unrecht und die Mißachtung ihrer Vorrechte. Der Dichter soll als ihr Diener furchtlos in<br />
ihrem Namen auftreten. Diese in nur einer Handschrift erhaltene Dichtung enthält<br />
31 Glossen, die sich auf den Verfasser selber zurückführen lassen. 1341 und um 1349<br />
sind davon deutsche Nachdichtungen geschaffen worden. In der vorliegenden Edition