CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS
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274 P<strong>ET</strong>ER STOTZ<br />
328 Seiten. ISBN 2-503-05099-9. — Nach den Untersuchungen des Bearbeiters lassen<br />
sich unter den gut 90 Textzeugen zwei Gruppen (a und b) bilden, einige entziehen sich<br />
einer Einordnung. Im Allgemeinen wird der etwas jüngeren und längeren Fassung b der<br />
Vorzug gegeben ; der so hergestellte Text umfaßt 904 Hexameter. Fünf Handschriften<br />
enthalten ungefähr für das letzte Drittel eine völlig andere Fassung (f), die hier als<br />
Anhang ediert wird (Vs. 638-994). Angesichts der herrschenden Kontamination hat sich<br />
der Herausgeber dazu entschlossen, keiner Leithandschrift zu folgen, sondern einen<br />
Mischtext herzustellen — zu « rekonstruieren », wie er zuversichtlich sagt. Die breite<br />
Überlieferung hat ungeschmälert in den Apparat Eingang gefunden. Im Text wurden die<br />
Schreibungen weitgehend normalisiert, bis hin zu mihi statt michi und nihil statt nichil<br />
— womit freilich die für jene Zeit normalen Formen durch weniger gebräuchliche<br />
ersetzt worden sind.<br />
Die mittelalterliche Visionsliteratur scheint unerschöpflich zu sein. In den Berichten<br />
der zurückliegenden Jahre konnten schon mehrfach Neuentdeckungen seitens eines der<br />
besten Kenner dieses Gebietes, Paul Gerhard Schmidt, gemeldet werden. Kürzlich hat er<br />
erneut einen Fund vorgelegt. Der kurze Text steht in mehreren Handschriften jeweils in<br />
Überlieferungsgemeinschaft mit den ‘Miracula’ des Petrus Venerabilis und beschreibt<br />
eine Vision, die einem klugen, vornehmen und reichen Ritter namens Walter, welcher in<br />
der Gegend von Nivelles und Brüssel ansässig war, zuteil wurde : Paul Gerhard S c h m i d t .<br />
Die Visio Walteri. In : Runica - Germanica - Mediaevalia, herausgegeben von Wilhelm<br />
H e i z m a n n und Astrid v a n N a h e (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen<br />
Altertumskunde 37), Berlin : Walter de Gruyter, 2003, S. 719-726. — Wie üblich, ist der<br />
lateinische Bericht nach den Angaben des Visionärs von einem Geistlichen niedergeschrieben<br />
worden. Das Besondere an ihm ist, daß sich die Vision nicht unter dem<br />
Einfluß von Krankheit oder in einer sonstigen Grenzsituation einstellt, sondern daß der<br />
Visionär sie inmitten von wohligem Behagen, neben seiner Frau im warmen Bette<br />
liegend, empfängt. Die Vision wird bei ihm vorher sozusagen angemeldet, und der Ritter<br />
willigt, nach einer Bedenkzeit, in das Angebot ein. Die Vision gliedert sich in drei<br />
einzelne Jenseitsreisen ; zwischendurch besprengt ihn seine Frau jeweils mit Weihwasser.<br />
Das erste Mal besucht er den Ort der Strafe, das zweite Mal den Aufenthaltsort<br />
der geläuterten Seelen. Schließlich aber wird er einer Schändung von Heiligenreliquien<br />
ansichtig, und es geht um die bevorstehende Bestrafung der Schuldigen. Augenscheinlich<br />
ist die damit verbundene Androhung einer Strafe, die der Visionär unter die Leute<br />
bringen soll, der eigentliche Skopus des Ganzen. Der Text wird hier ediert nach der<br />
Handschrift Paris, BNF lat. 14463.<br />
Aus dem jungen Zisterzienserorden gibt es eine Sammlung von Wunder- und — dies<br />
vor allem — Visionserzählungen, welche Schlaglichter auf den Alltag und das geistliche<br />
Leben der Ordensangehörigen werfen : den Liber miraculorum Herberts von Clairvaux.<br />
Herbert, der wohl aus Südfrankreich stammte, weilte im Zeitraum von 1153 bis 1168/69<br />
als Mönch in Clairvaux und war dann bis 1178 Abt des Klosters Mores in der Champagne.<br />
Nach einem erneuten Aufenthalt in Clairvaux wurde er 1181 Erzbischof von<br />
Torres auf Sardinien, wo er spätestens 1198 starb. Die von ihm zusammengetragenen<br />
Berichte finden sich, vollständig oder in Auszügen, in dreißig bekannten Handschriften.<br />
Während eine Forschergruppe auf Sardinien den Komplex im Ganzen bearbeitet, ist<br />
neulich von anderer Seite ein Teilbereich gut aufgearbeitet worden, dies in Form der<br />
Edition und Kommentierung einer Sonderfassung, im Rahmen einer Habilitationsschrift<br />
der Universität Innsbruck : Gabriela K o m p a t s c h e r G u f l e r . Herbert von Clairvaux und<br />
sein Liber miraculorum. Die Kurzversion eines anonymen bayerischen Redaktors.<br />
Untersuchung, Edition und Kommentar. (Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters<br />
39). Bern: Lang, 2005. 372 Seiten. ISBN 3-03910-480-2. — Innerhalb der