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Labormedizin hat gerade eine Bewerbungsphase hinter sich und weiß,<br />
wovon sie redet. Als sie das konkrete Angebot bekam, die Leitung<br />
eines Labors in Süddeutschland zu übernehmen, sagte sie im Bewerbungsgespräch,<br />
dass sie das vorab mit ihrer Partnerin besprechen müsse.<br />
Die Reaktion war positiv. Der Geschäftsführer erkundigte sich höflich,<br />
was ihre Freundin beruflich mache und wo sie wohne. Auch als sie sich<br />
den Mitarbeitern vorstellte, machte sie aus ihrer lesbischen Lebensweise<br />
keinen Hehl. Zwei Wochen später outete sich eine andere Frau bei ihr.<br />
Juliane Kronen kennt die Situation aus der anderen Perspektive. Als<br />
Partnerin einer internationalen Unternehmensberatung nahm sie häufig<br />
an Trainings <strong>für</strong> neu eingestellte Berater teil, um das unternehmensinterne<br />
Frauen- und LGBT-Programm vorzustellen. „Geoutet hat sich in<br />
dieser Phase eigentlich niemand“, erzählt sie. „Erst später, wenn die Bewerber<br />
in festen Positionen waren, das Unternehmen besser kannten,<br />
sprachen sie mich an.“ Dabei sei es <strong>für</strong> die Karriere förderlich, seine<br />
Persönlichkeit mit allen Facetten einzubringen. Komplettes Schweigen<br />
über die Privatsphäre lasse den Eindruck entstehen, jemand lebe völlig<br />
ohne soziale Kontakte, Familie oder Freunde. „Und einen sozial verarmten<br />
Workaholic möchten die wenigsten einstellen“, resümiert sie.<br />
<strong>Das</strong> Private ist beruflich wichtig<br />
Am Arbeitsplatz gibt es keine klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben.<br />
Ständig wird über Privates gesprochen, ob in der Kantine, am<br />
Rande eines Meetings, im Aufzug oder auf der Weihnachtsfeier. Situationen,<br />
in denen <strong>Lesben</strong>, die nicht out sind, sich verstellen müssen. <strong>Das</strong><br />
kostet nicht nur Kraft, sondern macht es Kollegen und Vorgesetzten<br />
schwer, jemanden kennenzulernen. <strong>Das</strong> kann zum Karrierehemmnis<br />
werden, denn die wenigsten werden ausschließlich befördert, weil sie<br />
fachlich qualifiziert sind. Netzwerke, Soft Skills, Durchsetzungsvermögen,<br />
Authentizität und auch die soziale Herkunft entscheiden mit darüber,<br />
wer Karriere macht und wer nicht. Eine Erkenntnis, mit der sich<br />
besonders Frauen schwertun, sind sie doch jahrelang darauf gedrillt<br />
worden, besser sein zu müssen als ihre männlichen Kollegen. Doch was<br />
bedeutet das <strong>für</strong> <strong>Lesben</strong>? Im Bewerbungsgespräch und im Beruf? Eine<br />
gläserne Decke, die doppelt so dick ist wie die ihrer heterosexuellen<br />
Mitstreiterinnen? Ein vermeintliches Stigma, das ausgenutzt werden<br />
kann, um jemanden zu diskreditieren? Da<strong>für</strong> gibt es einige Beispiele,<br />
angefangen bei der ehemaligen Bildungsministerin Annette Schavan:<br />
Der massive Diskreditierungsversuch durch ein Outing im Zuge des<br />
Wahlkampfs vor fast zehn Jahren blieb jedoch folgenlos.<br />
Mut zum Risiko<br />
„Für mich war es im Vorstellungsgespräch ein Vorteil, lesbisch zu sein“,<br />
erzählt Susanne Hildebrandt. Es mag wenig überraschen, denn sie ist<br />
Leiterin der Koordinierungsstelle <strong>für</strong> <strong>Lesben</strong>, Schwule und Transidente<br />
der Stadt Dortmund. Doch selbstverständlich ist es auch dort nicht.<br />
Hildebrandt lebt in einer eingetragenen Partnerschaft und hat mit ihrer<br />
Frau zwei Kinder. Ihren offenen Umgang mit der familiären Situation<br />
sowie ihre Netzwerke schätzte man bei der Besetzung der Position.<br />
Doch exemplarisch <strong>für</strong> die gesamte Stadtverwaltung ist das nicht. Zurzeit<br />
arbeitet die diplomierte Sozialarbeiterin unter anderem daran, ein internes<br />
LGBT-Netzwerk zu gründen. 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
haben sich bereits angeschlossen. „Es gibt viele in der Verwaltung,<br />
die nicht out sind, aus Angst vor möglichem Gerede und Getratsche.“<br />
Wenn sie so etwas hört, zitiert sie einen Spruch von „Sex and the City“-<br />
Star Cynthia Nixon, der auch ihr Büro schmückt: „Wenn sie anfangen,<br />
dich zu jagen, hör auf zu rennen. Dann jagen sie dich auch nicht mehr.“<br />
Bettina Hagen<br />
L-MAG