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Das Magazin für Lesben - L-Mag

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TITELTHEMA LESELUST<br />

In 72 Tagen um die Welt<br />

Reisejournalistin<br />

und mutige<br />

Frau: Nellie Bly<br />

Run, Nellie, run: 124 Jahre nach ihrer Weltreise<br />

erscheint Nellie Blys unglaublicher Bericht<br />

Eine 25-jährige Journalistin reist von New York aus allein um die Welt –<br />

1889 eine Sensation. Doch Nellie Bly legt noch einen drauf: In nur 75<br />

Tagen will sie wieder zurück sein. Diesem Ziel ordnet sie alles unter,<br />

und das zu einer Zeit ohne feste Fahrpläne, in der Schiffsunglücke und Krankheiten<br />

das Leben von Reisenden bedrohen. Beinahe verpasst sie in ihrer Eile<br />

sogar eine Begegnung mit Jules Verne, dessen fiktive Weltumrundung („In 80<br />

Tagen um die Welt“) sie doch inspiriert hat.<br />

Ihr Reisebericht „Around the World in 72 Days“ liegt nun, 124 Jahre später,<br />

erstmals in deutscher Übersetzung vor. Voller Neugier beschreibt Bly darin<br />

das Treiben orientalischer Märkte, Spiele, mit denen sich Mitreisende die Zeit<br />

vertreiben, ein chinesisches Lepradorf und Japan, das sie zum Paradies erklärt.<br />

Ein detailverliebter, unmittelbarer Einblick in den Tourismus im Kolonialzeitalter.<br />

Als Amerikanerin fühlt sie sich anderen Völkern meist überlegen,<br />

als Teil der angelsächsischen Kultur sowieso. Auch diese Weltsicht gehört<br />

zu einem authentischen Reisebericht jener Epoche, in der man „Britisch-<br />

China“ bereiste. Hat man sich auf den teilweise blumig-patriotischen Stil eingelassen,<br />

macht das auch lehrreiche Buch Spaß.<br />

<strong>Das</strong> holprige Vorwort von Herausgeber Martin Wagner liest man am besten<br />

zum Schluss. Es verdirbt nicht nur die Lust aufs Lesen: Wagner baut eine zu<br />

große Distanz zu Bly auf. Besser spricht ihre originelle, ironische Art <strong>für</strong> sich.<br />

Nie lässt sie sich das Etikett des „schutzlosen Mädchens“<br />

aufdrücken. „Wenn Sie es in 79 Tagen schaffen, werde ich<br />

Beifall klatschen“, gibt Jules Verne ihr mit auf den Weg. Bly<br />

braucht nur 72 – und wird zur nationalen Berühmtheit und<br />

journalistischen Legende.<br />

Katrin Heienbrock<br />

Nellie Bly: „Around the World in 72 Days.<br />

Die schnellste Frau des 19. Jahrhunderts“,<br />

AvivA, 320 Seiten, 19,90 Euro.<br />

Foto: Library of Congress<br />

Von Heuschrecken und Schmetterlingen<br />

Nicht nur <strong>für</strong> Kinder: „Calpurnias (r)evolutionäre Entdeckungen“<br />

Wir schreiben das Jahr 1899, das letzte<br />

vor dem Jahrhundertwechsel, an dem<br />

laut Nostradamus die Welt untergehen<br />

soll. Calpurnia ist fast zwölf Jahre alt, hasst ihren<br />

Namen (nennt sich lieber Callie Vee) und noch<br />

mehr die Tatsache, mittleres von sieben Kindern<br />

und das einzige Mädchen zu sein. Denn im Gegensatz<br />

zu ihren Brüdern ist ihr Weg vorgezeichnet: Es<br />

gilt, der Mutter zu folgen – kochen, Kinder kriegen,<br />

klöppeln … Dabei drängen sich Calpurnia<br />

doch die wirklich wichtigen Fragen des Lebens auf:<br />

Wie kommt es, dass sich das Aussehen von Insekten<br />

verändert, wie funktioniert der Kreislauf der<br />

Natur? Überraschende Hilfe erhält sie dabei von<br />

der einzigen Person, die sich durch jahrelanges<br />

konformes Leben und Streben die Stellung als etwas<br />

seltsamer „Rentner“, Forscher und Außenseiter<br />

verdient hat: ihrem Großvater. Nun, da dieser seine<br />

Schuldigkeit getan hat (ein fluktuierendes Unternehmen<br />

aufgebaut und seinem Sohn die Verantwortung<br />

übertragen), beschäftigt er sich mit seinem<br />

wirklichen Interesse: den Naturwissenschaften. Aus<br />

Opa und Enkelin wird ein Gespann, das gegen alle<br />

Widerstände evolutionären bis revolutionären Fragen<br />

nachgeht und letztendlich selbst<br />

jenem trotzt, was als Gebot gesellschaftlich festgeschrieben<br />

zu sein scheint: dem Rollenverständnis.<br />

Ein wunderbar leichtfüßiger, anrührend komischer,<br />

mitreißend naher Roman<br />

über ein Mädchen, das<br />

mehr will, als einem Ehemann<br />

den Haushalt zu<br />

führen.<br />

Simone Veenstra<br />

Jacqueline Kelly: „Calpurnias<br />

(r)evolutionäre<br />

Entdeckungen“, Hanser,<br />

336 Seiten, 16,90 Euro<br />

62 L-MAG

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