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Impressionismus & Klassische Moderne 3235 PISSARRO, CAMILLE (Charlotte Amalie 1830 - 1903 Paris) Verger à Varengeville avec vache. 1899. Öl auf Leinwand. Unten links signiert und datiert: C. Pissarro. 99. 46,5 x 55,5 cm. Provenienz: - Bernheim-Jeune, Paris (Sept. 1905). - Drouot, 3. Dezember 1910, Lot 103, Paris. - Privatsammlung Schweden. - Reid & Lefevre, London (wohl von obigem 6. März 1967 gekauft). - J. E. Pearman (von obigem 13. Oktober 1967. - Christie‘s New York, 11. Mai 1994, Lot 110 (mit Farbabb.). - Christie‘s New York, 8. November 1995, Lot 131 (mit Farbabb.). - Germann Zürich, 26. März 1996, Nr. 19, (mit Farbabb.). - Bedeutende Privatsammlung Schweiz. Ausstellung: - (Ev.) 1908 Paris: Camille Pissarro, Galerie Bernheim-Jeune, Nr. 15. - 1967 London: XIXth and XXth Century French Paintings, The Lefevre Gallery, 16. November - 22. Dezember 1967, Nr. 15. Literatur: Pissarro, Joachim/Durand-Ruel Snollaerts, Claire. Pissarro - Catalogue critique des peintures, Wildenstein Institute, Bd. III, Paris 2005, Nr. 1293, S. 800 (mit Farbabb.). Camille Pissarro ist der einzige Maler, der in allen acht Ausstellungen der Impressionisten vertreten ist. Er ist für die Impressionisten und den mit ihnen in Verbindung stehenden Künstlern die eigentliche Vaterfigur, die immer mit gutem Rat und Verständnis zur Seite steht. Cézanne sagt über Pissarro: „[...] wir haben alles was wir tun von Pissarro gelernt. Er hatte das grosse Glück in den Antillen geboren zu werden, wo er sich das Malen ohne Lehrer selbst beibrachte. [...] Er ist es, der wirklich der erste Impressionist war.“ (Michael Doran (Hrsg.). Conversations with Cézanne, Berkley 2000, S. 122) Eine unabhängige, selbstbestimmte Künstlerbewegung, wie er sie mit den Impressionisten mitzuformen versucht, entspricht auch Pissarros egalitären politischen Ansichten. Wie die meisten impressionistischen Maler quälen Pissarro zeitlebens finanzielle Sorgen, und er kann seine grosse Familie zuweilen mit seiner Malerei kaum ernähren. Wiederholt drängen seine Frau und Verwandte auf finanziell erfolgreichere Betätigungen. Doch Pissarro hält unbeirrt an seinen politischen Ansichten und der Malerei fest. Noch auf dem Sterbebett soll er sagen: „Il n‘y a que la peinture qui compte. (Kathleen Adler. Camille Pissarro - A Biography, London 1978, S. 190) Im Spätsommer 1899 bereist Camille Pissarro die Gegend um Dieppe in der Normandie auf der Suche nach neuen Motiven. Von diesem Aufenthalt bringt er acht Gemälde mit, eines davon der vorliegende „Obstgarten in Varengeville“. Pissarro glaubt, dass eine Landschaft nur erfasst und gemalt werden kann, wenn sie der Künstler genau und über Jahre hinweg kennengelernt hat. Neben Paris und seiner Umgebung erschliesst sich Pissarro in dieser Weise vor allem noch die Normandie. Den überwiegenden Teil seiner Werke malt Pissarro im Freien. Morgens packt er jeweils seine Malerutensilien und bewandert die Umgebung. Evoziert ein Ort oder Moment die „petite sensation“, die die Impressionisten suchen, stellt er seine Staffelei auf und beginnt zu malen. Die „en plein air“ Malerei ist ein wichtiger Teil des impressionistischen Manifests und Pissarro praktiziert sie bis ins hohe Alter. Es ist anzunehmen, dass so auch der „Obstgarten in Varengeville“ entstanden ist. Varengeville ist eine kleine Ortschaft am Meer in der Nähe von Dieppe. Auch Monet malt hier mehrere Landschaftsbilder. Das Bild zeigt einen Obstgarten mit einer grasenden Kuh. Der zufällige Blick auf ein alltägliches Sujet ist ein typisches impressionistisches Motiv. Nach einer kurzen pointilistischen Phase malt Pissarro hier wieder mit kurzen, geschwungenen, sich verdichtenden Pinselstrichen, die dem Bild Lebendigkeit und Tiefe geben. Auf unvergleichliche Art wird das spätsommerliche Licht eingefangen, wie es nur einem der grossen Meister des Impressionismus gelingen kann. CHF 700 000.- / 1 000 000.- € 583 330.- / 833 330.- | 66