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Schlussbericht (PDF) - Nationales Forum Alter und Migration

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hysterisches System" bilden, das auf das Sterben mit viel Unruhe, Sorge <strong>und</strong> Angst reagiere.<br />

Im Gegensatz dazu erlebe sie die Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien/Albanien als<br />

gelassener <strong>und</strong> ruhiger.<br />

Eine andere Fachperson meinte, dass die Weigerung, die Realität des bevorstehenden<br />

Todes anzuerkennen, zum Teil „groteske Formen“ annehme. Als ein konkretes Beispiel<br />

wurde genannt, dass vor allem die Kinder der Pflegebedürftigen immer wieder klagten, dass<br />

die Mutter oder der Vater nicht esse <strong>und</strong> doch Nahrung brauche, um wieder zu Kräften zu<br />

kommen. Der Versuch zu erklären, dass die Appetitlosigkeit ein normales Zeichen dieser<br />

Phase sei <strong>und</strong> der Patient oder die Patientin nicht zum Essen gezwungen werden sollte,<br />

stosse auf „komplettes Unverständnis“, <strong>und</strong> manchmal würden immer wieder die gleichen<br />

Fragen gestellt. Die Befragten fanden das vor allem deshalb eigenartig, weil diese zweite<br />

Generation sich ansonsten flexibel zeige <strong>und</strong> die Haltungen ihrer Umgebung übernommen<br />

habe. Dass <strong>Migration</strong>sfamilien nahezu alle lebensverlängernden Massnahmen, die es gibt,<br />

ausschöpfen möchten <strong>und</strong> öfters eine bereits im Sterben liegende Person nochmals ins<br />

Spital transportieren lassen, wurde teils als eine Abwehrreaktion der Angehörigen<br />

interpretiert, teils als ein Versuch, die sterbende Person zu schützen.<br />

Diese Einschätzungen der Expertinnen <strong>und</strong> Experten wurden oft mit Nachdruck <strong>und</strong><br />

Vehemenz vorgebracht <strong>und</strong> unterstellen durch die Wortwahl – „hysterisches System“<br />

„groteske Formen“, „komplettes Unverständnis“ – eine krankhafte Abweichung vom<br />

sogenannt „Normalen“. Sie nehmen das beobachtete Verhalten also als unverständlich <strong>und</strong><br />

sinnlos wahr. Hätten sie dagegen die Möglichkeit gehabt, es als (insbesondere innerhalb<br />

einer stresshaften <strong>und</strong> herausfordernden Situation) durchaus sinnhaft zu interpretieren,<br />

hätten sie möglicherweise alternative, verständnisvollere <strong>und</strong> empathischere Erklärungen<br />

gef<strong>und</strong>en. Die Befragten sind offenbar, obwohl sie ihre Arbeit <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen<br />

Herausforderungen äusserst engagiert, motiviert, wertschätzend <strong>und</strong> achtsam schildern<br />

konnten <strong>und</strong> durchaus ehrlich um Respekt <strong>und</strong> Verständnis bemüht sind, durch die<br />

Konfrontation mit anderen Ausdrucks- <strong>und</strong> Bewältigungsformen <strong>und</strong> anderen Werten tief<br />

verunsichert, <strong>und</strong> werten diese als defizitär oder abnormal ab.<br />

3.7 Gründe für die Nicht-Inanspruchnahme von Spitex-Diensten<br />

Viele der befragten Expertinnen <strong>und</strong> Experten gingen davon aus, dass Migrantinnen <strong>und</strong><br />

Migranten Spitex-Dienste zu spät, zu wenig oder gar nicht beanspruchen, obwohl sie sie<br />

Pflegearrangements <strong>und</strong> Einstellung zur Spitex bei Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten in der Schweiz<br />

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