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Jahrbuch 2011 - Ingenieurkammer Thüringen

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Redaktion<br />

„Ein großartiger Ort, Zukunft zu denken“<br />

Schloss Ettersburg, ein besonderer<br />

Ort. Das klingt erst einmal nur nach<br />

Marketing. Zu einem solchen gehört<br />

ein Corporate Design, zu dem wiederum<br />

ein Logo. Das neue Logo für<br />

das Schloss Ettersburg ist fertig.<br />

Das wirkt kompakt und ein wenig<br />

unübersichtlich zugleich. Mit<br />

schnörkelloser weißer Schrift auf<br />

goldenem Grund stehen da um<br />

SCHLOSS ETTERSBURG die Titel:<br />

Kultur, Bauhaus Akademie, Stiftung,<br />

Tagungsort, Restaurant. Verstehen<br />

die Wörter sich als eine bloße Aufzählung<br />

in dem Sinne, was Schloss<br />

Ettersburg alles zu bieten hat und<br />

insofern für verschiedene Zielgruppen<br />

und Nutzer sein kann? Oder<br />

doch vielmehr als miteinander verbundene<br />

Bausteine für ein Gesamtwerk<br />

unter nur einem Dach?<br />

Die im gewichtigen, attraktiven Programmheft<br />

für das 1. Halbjahr <strong>2011</strong><br />

nachzulesende Geschichte von<br />

Schloss Ettersburg ist eine spannende.<br />

Die geht auf die Architektur<br />

bezogen in Kurzform so:<br />

„In den Jahren 1706 bis 1711 ließ<br />

Herzog Wilhelm Ernst auf den<br />

Grundmauern eines 1084 gegründeten<br />

Chorherrenstifts und späteren<br />

Augustinerklosters (die heutige<br />

Schlosskirche als Chor der alten<br />

Stiftskirche lässt dessen Größe<br />

ahnen) ein Jagdschloss errichten.<br />

Johann Sebastian Bach musizierte<br />

im Festsaal der schlicht schönen<br />

Dreiflügelanlage am Nordhang des<br />

Ettersberges. Um 1738 wurde das<br />

Corps de Logis fertig gestellt. Dieses<br />

von Herzog Ernst August in Auftrag<br />

gegebene Neue Schloss war<br />

von barocken Parterres umgeben.<br />

Anna Amalia wählte nach dem Regierungsantritt<br />

ihres Sohnes Carl<br />

August 1775 Ettersburg zum Sommersitz.<br />

Um das Schloss entstand<br />

eine empfindsame Parklandschaft.“<br />

Parallel zur baulichen gibt es die<br />

menschliche Geschichte. Die ist<br />

gekennzeichnet von Kreativität<br />

und Geselligkeit in hier untrennbarer,<br />

eigenwilliger Verbindung<br />

von Kultur und Natur. Übersetzt in<br />

die Gegenwart war Schloss Ettersburg<br />

zu jener Zeit eine Mixtur aus<br />

Landtagsdebatte, „Anne Will“ und<br />

exklusiven Clubs. „Draußen allerlei<br />

Tollheit, extemporierte Comödie:<br />

Goethe, Wieland, Bertuch, Herder<br />

waren häufig zu Gast auf Schloss<br />

Ettersburg; es wurde musiziert, gelesen,<br />

geliebt, gejagt … und heftig<br />

literarisch kritisiert.“ Kurzum, es<br />

ging hoch her. Und weiter: „Schönheit<br />

wird bestürmt und bedrängt.<br />

Ein neuer Stil, Klassik bildet sich<br />

heraus. Angezogen von der schöpferischen<br />

Ruhe, die auch nach der<br />

Geniezeit dem Schloss eigen blieb,<br />

beendete Friedrich Schiller im Frühjahr<br />

1800 hier seine Maria Stuart.<br />

Zu einer Prunkjagd auf dem Ettersberg<br />

erschienen 1808 der russische<br />

Zar, der Kaiser der Franzosen, fast<br />

alle deutschen Fürsten.“<br />

Abseits des Mainstreams: Das „Festival Schloss Ettersburg“ feiert über Pfingsten seine<br />

Premiere.<br />

Nimmt man den Wechsel der Jahreszeiten<br />

als Spiegelbild für die Geschichte,<br />

fällt Schloss Ettersburg<br />

danach für ein knappes halbes<br />

Jahrhundert in einen Winterschlaf.<br />

Anschließend wird es wieder Frühling,<br />

das Schloss erwacht und blüht<br />

auf. Das bedeutet auf der menschlichen<br />

Seite: „Dank Carl Alexander<br />

und seiner Gattin, der niederländischen<br />

Prinzessin Sophie, wurde<br />

Ettersburg Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

erneut zum herausragenden<br />

Ort künstlerischer Begegnungen.<br />

Die intellektuelle Elite der jungen<br />

Weimarer Gesellschaft traf sich hier.<br />

Wieder wurde im Zauberschloss<br />

gedichtet, geschrieben, gespielt,<br />

entworfen. Der Anwesenheit Franz<br />

Liszts, Hans Christian Andersens,<br />

Emanuel Geibels, Friedrich Hebbels<br />

... verdankt Schloss Ettersburg<br />

eine weitere Blüte.“<br />

Aber nicht nur der, möchte man hinzufügen.<br />

Denn auch die baulichen<br />

Umgestaltungen am und vor allem<br />

rund um das Schlossensemble sind<br />

verantwortlich für die zweite Hochzeit<br />

am Fuße des Weimarer Hausberges:<br />

„Der 1844 zum Weimarer<br />

Hofgärtner berufene Eduard Petzold<br />

wurde beauftragt, den Park<br />

englisch umzugestalten. Dessen<br />

Lehrmeister Hermann von Pückler-<br />

Muskau selbst legte 1845 den bis<br />

zur Kuppe des Berges reichenden<br />

Pücklerschlag an: eine etwa 900<br />

Meter lange Waldwiese, die zu den<br />

bedeutendsten Gartendenkmalen<br />

Europas gehört. Der Landschaftspark<br />

Ettersburg ist ein einzigartiges<br />

Beispiel für die kühnen landschaftskünstlerischen<br />

Gestaltungsideen<br />

der Zeit.“<br />

Dann wurde es wieder Winter. Nach<br />

den zwischenzeitlichen Nutzungen<br />

als „Hermann-Lietz-Schule“, zu<br />

deren Absolventen der V2-Mitentwickler<br />

Wernher von Braun sowie<br />

der Publizist und Verleger Jobst<br />

Siedler gehörten, als sowjetische<br />

Offiziersschule und schlussendlich<br />

als Altenheim in der DDR, verfiel<br />

das Schlossgelände in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft des KZ Buchenwald.<br />

Und zwar bis vor etwa<br />

fünf Jahren und trotz des im Jahr<br />

1998 erlangten Status als Teil des<br />

UNESCO-Weltkulturerbes Klassisches<br />

Weimar. Die dritte Blütezeit<br />

beginnt mit der Verpachtung des<br />

16 <strong>Jahrbuch</strong> <strong>2011</strong> | <strong>Ingenieurkammer</strong> <strong>Thüringen</strong>

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