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Jugendkriminalität im Interdiskurs - IPP

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Diese Maßnahmen erfordern auch neue Kompetenzen auf Seiten der Polizei, die einen „Bedarf<br />

und die Notwendigkeit an hochqualifizierten und besonders befähigten Jugendsachbearbeitern“<br />

(Hübner 1994, 31) postuliert. Jugendfachkräfte werden zu „Nahtstellen“ (Wüsten<br />

1999, 31) zwischen Polizei und Justiz, um zielgenau auf Jugendliche eingehen zu können.<br />

Symboliken des Krieges werden in diesem Zusammenhang auch de-eskalierend verwendet,<br />

denn die Reduktion von Maßnahmen der Freiheitsentziehung wird als „kontrollierte Abrüstung<br />

des Strafrechts“ (Hübner 1994, 26) begrüßt. Um dies umzusetzen, benötigten die BeamtInnen<br />

eine „empathische Grundeinstellung“ (Murck / Schmalzl 1993, 122), um den Jugendlichen<br />

gerecht werden zu können. Im Gegenzug könne ihnen das Gefühl genommen werden,<br />

als „Mülle<strong>im</strong>er der Justiz“ (Spieß 1994, 112) zu fungieren.<br />

Gleichsam als Erwiderung auf die – selten geäußerte – Kritik, Diversion sei zu wenig eingriffsintensiv,<br />

wird konstatiert, dass z.B. der Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) keineswegs eine<br />

„Schonkost“ sei, „denn die Durchführung des TOA bedeutet einen intensiven Eingriff in die<br />

Persönlichkeitssphäre der Beteiligten; auch oder insbesondere in die des Täters“ (Albrecht<br />

1993, 215). Ähnlich wie repressive Maßnahmen sei Diversion ein „Schuß vor den Bug“<br />

(Wieben, 1993, 277), der die Jugendlichen jedoch nicht in den „Mühlen der Justiz“ (Kerner<br />

1993, 19) zermalme.<br />

Legit<strong>im</strong>atorisch gestützt werden Diversionsmaßnahmen u.a. durch Hoffnungen auf<br />

,Spontanremissionen‘. Der Begriff entstammt dem Bereich der Medizin, wo eine Spontanremission<br />

den Eintritt einer unerwarteten Heilung bedeutet. In Analogie hierzu wird auch <strong>im</strong><br />

Bereich von Delinquenz erwartet, dass sie ohne gravierende Eingriffe beendet werden kann.<br />

Es gebe die Möglichkeit einer „Spontanremission (durch Reifung; durch eine günstige Veränderung<br />

der Lebensumstände, durch Berufseintritt, Eingehen neuer sozialer und familiärer<br />

Bindungen) selbst nach wiederholter Auffälligkeit“, und dies dürfe „nicht unterschätzt“<br />

(Spieß 1994, 113) werden. Durch diese Symbolik wird Delinquenz zwar als ernst zu nehmende<br />

Krankheit konnotiert, aber es werden Möglichkeiten für eine „materiellrechtliche ‚Entrümpelung’“<br />

(Spieß 1994, 116) des Strafrechts gesehen. Eine „Trias aus Ubiquität, Spontanbewährung<br />

und Nichtregistrierung“ (Hübner 1994, 25) wird jedoch nur für Bagatelldelikte befürwortet<br />

und auch nur von wenigen DiskursteilnehmerInnen gefordert.<br />

3.11 Zwischensynopse 1990er Jahre<br />

Aus professionsgeschichtlichem Blickwinkel betrachtet, repräsentieren die 1990er Jahre für<br />

die Soziale Arbeit eine Zeit, in der „neue Herausforderungen“ (Füssenhäuser/Thiersch 2011,<br />

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