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Jugendkriminalität im Interdiskurs - IPP

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jeweils psychologische, soziologische und andere disziplinäre Bezüge. 3 Akteure der professionellen<br />

Bearbeitung von Jugendkr<strong>im</strong>inalität können sich folglich nicht auf Eindeutigkeit berufen.<br />

Zwar existieren durchaus empirisch weitgehend gesicherte Wissensbestände (etwa zur<br />

Ubiquität von Jugendkr<strong>im</strong>inalität, zu ihrer meist transitorischen und wenig schadensintensiven<br />

Qualität oder zur Schädlichkeit ,harter‘ Maßnahmen), aber bezüglich der für professionelle<br />

Akteure entscheidenden Frage, wie Delinquenz zu erklären, zu prognostizieren oder zu behandeln<br />

ist, besteht ranghoher Dissens, wie er auch in politischen Debatten <strong>im</strong>mer wieder<br />

aufbricht (vgl. Bernard/Kurlychek 2010; Dollinger/Schmidt-Semisch 2011b). Die Rede von<br />

Jugendkr<strong>im</strong>inalität konfrontiert demnach mit einem umstrittenen Feld, auf dem sich verschiedenste<br />

Deutungen und Positionen finden und plausibilisieren lassen.<br />

An die Stelle konsensueller Definitionen und unzweideutiger Handlungsbegründungen muss<br />

folglich das Interesse treten zu erschließen, wie Eindeutigkeit hergestellt wird. Bei pointierter<br />

Betrachtung ist angesichts langdauernder Auseinandersetzungen, unterschiedlicher diskursiver<br />

Positionen und divergierender Interessenslagen aus wissenschaftlicher Sicht weniger die<br />

Frage zentral, warum unterschiedliche Sichtweisen zu Jugendkr<strong>im</strong>inalität bestehen, sondern<br />

weshalb überhaupt der Eindruck erzeugt werden kann, Jugend-/Kr<strong>im</strong>inalität sei eine Art sozialer<br />

Tatbestand (vgl. entsprechend Kunz 2008; Young 2011). Indem wir die Komplexität und<br />

Polysemie der Rede von „Jugendkr<strong>im</strong>inalität“ in den Mittelpunkt rücken, geraten die teilweise<br />

deutlichen, teilweise aber auch subtilen Sinnverschiebungen und -justierungen in das Zentrum<br />

des Interesses, da Jugendkr<strong>im</strong>inalität durch sie jeweils so problematisiert wird, dass sie in den<br />

Zuständigkeitsbereich spezifischer Handlungskompetenzen fällt. Aus den vielfältigen agonalen<br />

Diskursen heraus sind folglich die Verbindungen und Legit<strong>im</strong>ierungsstrategien zu identifizieren,<br />

durch die der Eindruck eines auf spezifische Weise gegebenen sozialen Phänomens<br />

erweckt und, hiermit verbunden, professionelles Handeln in politischen und öffentlichen Kontexten<br />

durch besondere Formen der Problemdefinition legit<strong>im</strong>iert wird.<br />

Ausgehend von diesen Überlegungen werden zwei Punkte deutlich: Erstens wird aus forschungsmethodologischer<br />

und -methodischer Sicht ein Rekurs auf Diskursanalysen nahegelegt.<br />

Werden Diskurse als „jeweils spezifische Sagbarkeits- und Wissensräume“ (Link 2012,<br />

3<br />

Angesichts derart heterogener Wissensbestände bezeugen Versuche, eine integrative Theorie ,der‘ Jugendkr<strong>im</strong>inalität<br />

zu formulieren (vgl. grundlegend Bernard 2001; Brown u.a. 2010, 357ff; Lilly u.a. 2007, 310ff; Vold<br />

u.a. 2002, 301ff), gerade die Vielschichtigkeit des mit Jugendkr<strong>im</strong>inalität assoziierten Wissens. Es auf überzeugende<br />

Weise in eine integrierte Theorie einbinden zu können, erscheint angesichts grundlegender erkenntnistheoretischer<br />

Unterschiede und Differenzen der Erklärungsansprüche ausgeschlossen. Auszugehen wäre – <strong>im</strong> Unterschied<br />

zum Anspruch der meisten ,integrativen‘ Theorieansätze – lediglich von der Gemeinsamkeit, dass Jugendkr<strong>im</strong>inalität<br />

etwas Verbotenes darstellt und deshalb Kr<strong>im</strong>inalisierung, nicht aber Kr<strong>im</strong>inalitätsbegehung, einen<br />

gemeinsamen Bezugspunkt integrativer Theorien bilden könnte (vgl. Dollinger 2010).<br />

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