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Jugendkriminalität im Interdiskurs - IPP

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Offensichtlich wird dies zurückgewiesen, und <strong>im</strong>merhin auf abstrakte Weise wird in praktischer<br />

Absicht auf die Solidarisierung mit Jugendlichen und die Artikulation von Kritik an der<br />

Gesellschaft und der Strafjustiz Wert gelegt. Dazu gehört auch der Aufruf, aus „muffigen<br />

Diensträumen“ (Maus/Czekalla 1978, 33) herauszutreten und aufsuchende Konzepte, etwa <strong>im</strong><br />

Kontext von Streetwork und Stadtteilarbeit, zu realisieren. Bürokratische und zeitintensive<br />

Arbeit mit und in Ämtern und Behörden wird hingegen als wenig hilfreich angesehen; „<strong>im</strong><br />

Gehe<strong>im</strong>en der Amtsstube“ (Bott 1977, 19) getroffene Entscheidungen und „die konservativ<br />

geprägte Justizbürokratie“ (Maus/Czekalla 1978, 34) seien bei der Arbeit mit Jugendlichen<br />

hinderlich. Und gleiches gelte, zumindest laut einer Vielzahl der untersuchten Texte, auch für<br />

die Anwendung von Praxismethoden, da diese als Sozialtechnologie zu verstehen seien. So<br />

werden methodisch fundierte Interventionen abwertend dargestellt als ein „Ummontieren von<br />

Persönlichkeit“ (Brückner 1979, 39) und es wird darauf verwiesen, manches angewandte Erziehungskonzept<br />

habe zur Folge, dass ein zukünftiges Leben in prekären, kr<strong>im</strong>inalisierten<br />

Verhältnissen gleichsam vorprogrammiert sei (vgl. Aich 1976, 30).<br />

Mit diesen Hinweisen wird zwar auch das eigene Handeln, wie oben bereits angedeutet, als<br />

potentielles Labeling kritisch hinterfragt; konkrete Folgen werden aber kaum gezogen. Es<br />

zeigt sich eine gewisse Ratlosigkeit der Sozialen Arbeit, da sie die zur nachhaltigen Bearbeitung<br />

von Jugendkr<strong>im</strong>inalität eigentlich notwendigen Veränderungen nicht zu leisten in der<br />

Lage ist. Geändert werden müsse die Struktur einer Gesellschaft, in der Jugendliche der Diskr<strong>im</strong>inierung<br />

und Kr<strong>im</strong>inalisierung ausgesetzt würden, aber die – <strong>im</strong> Unterschied zur Sozialen<br />

Arbeit – machtvollen Instanzen von Politik, Justiz und Polizei scheinen sich verbündet zu haben,<br />

um dies effektiv zu verhindern. Positive Perspektiven hinsichtlich der z.T. drastisch geäußerten<br />

Kritik gab es folglich kaum.<br />

3.4 Polizei in den 1970er Jahre: Die Zeit der Umstrukturierungen<br />

In den 1970er Jahren dominiert eine wohlfahrtsstaatliche Repräsentation von Jugendkr<strong>im</strong>inalität.<br />

Die Polizei ist nicht nur darauf ausgerichtet, die jugendlichen Straftäter strafrechtlich zu<br />

verfolgen, sondern es gilt ebenso, diese zu unterstützen. Im Bereich der Jugendkr<strong>im</strong>inalpolitik<br />

wird so bspw. <strong>im</strong> Kontext der „Aufbruchsst<strong>im</strong>mung der 70er Jahre“ (Walter/Neubacher<br />

2011, 34) in kritischer Absicht nach Alternativen zur stationären Unterbringung gesucht (die<br />

zum Teil auch umgesetzt wurden). Unter dem Eindruck wirtschaftlicher Probleme gerät das<br />

Nachkriegsprojekt des Wohlfahrtsstaats ab 1973/74 allerdings ins Wanken und es begannen,<br />

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