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Jugendkriminalität im Interdiskurs - IPP

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„Mauer des Schweigens zu durchbrechen, in deren Schatten noch vielerorts Kinder- und Jugendkr<strong>im</strong>inalität<br />

gedeiht“ (o.A. 1994, 18). Und <strong>im</strong> Kontext der Auseinandersetzung um die<br />

Gewalt rechtsextremistischer Jugendlicher Anfang der 1990er Jahre wird die Frage gestellt,<br />

ob die Politik am „Volk vorbeiregiert“ und damit den „Nährboden für rechtsextreme Parteien“<br />

(Herrmann 1994, 249) schaffe. Indirekt positiv beantwortet wird diese Frage über die Problemdiagnose<br />

eines „ethnisch/kulturell bedingten Konfliktbereich[s]“ als Ursache der Delinquenz<br />

‚ausländischer Jugendlicher‘ 42 , die das Resultat eines Konflikts zwischen ‚ausländischem‘<br />

Elternhaus, alter und neuer He<strong>im</strong>at sei. Ignoranz der Politik gegenüber dieser Delinquenz<br />

führe zu einer Mitverantwortung an der Expansion rechtsextremistischer Ideologien<br />

(z.B. Brandler 1995). Dies habe zu einer Mehrheitsmeinung geführt, zu deren Umsetzung sich<br />

rechtsextremistische Jugendliche berufen fühlten: „Was der Schlips denkt, führt der Stiefel<br />

aus!“ (ebd., 768).<br />

Die Gewalt der rechtsextremistischen Jugendlichen habe sich dabei <strong>im</strong> Besonderen durch gesellschaftliche<br />

Transformationsprozesse in den späten 80er und beginnenden 90er Jahren entwickeln<br />

können. Politische und gesellschaftliche Krisen wirkten demnach zusammen, und<br />

diese Melange wiederum relativiere tendenziell die Verantwortlichkeit junger Täter für ,ihre‘<br />

Delinquenz. Jugendliche säßen vielfach „auf den Notsitzen des modernisierten Leistungs- und<br />

Wohlfahrtszuges“ und es habe „sich auch niemand vom Zugpersonal so recht um sie“ gekümmert,<br />

sie fühlten sich „vor allem alleingelassen“ (Murck/Schmalzl 1993, 119). Rechtsextremistische<br />

Gewalt wird vor dem Bild der Marginalisierung zu einem Weg, mit dem die Jugendlichen<br />

„ihre beschädigte Identität zumindest kurzfristig aufzurichten“ (ebd.) versuchten.<br />

In der Folge müssten „diese Kinder und Jugendlichen auch für etwas büßen (…), daß sie nicht<br />

zu vertreten haben, nämlich Fehler vorheriger Generationen. (…) Kinder und Jugendliche alleine<br />

für Ausschreitungen verantwortlich zu machen, sie zu disziplinieren und zu bestrafen,<br />

kann nicht der Weg in eine friedfertige Zukunft sein“ (Iding 1993, 30).<br />

Ähnlich wie <strong>im</strong> Falle der Politik werden auch die Medien kritisch betrachtet. Sie dramatisierten<br />

jugendliche Delinquenz oftmals, so dass sich Medienberichte wie „Kriegsberichte“ (Kerner<br />

1993, 18) läsen. Am Beispiel eines Baseball-Schlägers wird illustriert, dass entsprechende<br />

Symbole mitunter sogar von MedienvertreterInnen selbst zur Verfügung gestellt würden. Entsprechend<br />

heißt es: „Stolz wird vor Pressefotografen posiert und markige Sprüche in Reportermikrophone<br />

geschmettert – auch wenn der drohend geschwungene Baseballschläger gerade<br />

42 Die Bezeichnungen der Tätergruppe ‚junge Ausländer‘ bzw. ‚ausländischer Jugendlicher‘ sind den Texten<br />

entnommen. Die Anführungszeichen verweisen darauf, dass es sich um eine spezifische Konstruktion handelt,<br />

bei der bspw. der Geburtstort oder die Staatsangehörigkeit der Jugendlichen sekundär geworden ist.<br />

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