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Jugendkriminalität im Interdiskurs - IPP

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3.10 Die Polizei in den 1990er Jahren: lokale und kommunale Arbeit gegen Gewalt<br />

Das Bedrohungspotential der Gesellschaft insbesondere in den Großstädten ist auch in den<br />

1990er Jahren nach Angaben der Polizei hoch: Städte werden von einer „Welle der Gewalt erfasst“<br />

und es ist die Rede von „explodierende Fallzahlen“ (Hermann 1991, 418) bei Straßenraub<br />

durch Kinder und Jugendliche, Gewalt von Straßengangs und Gewalt an Schulen. Deshalb<br />

seien dringend Maßnahmen zur Eindämmung von Gewalt zu ergreifen, ansonsten drohten<br />

Zustände wie z.B. in den USA, wo in den Schulen bereits die Gewalt regiere.<br />

Gleichzeitig sind die 90er das Jahrzehnt der Einsetzung von Expertengruppen: Es etablieren<br />

sich ‚Fachkommissariate Jugend‘, Spezialprojekte werden aufgelegt und Arbeitsgruppen eingerichtet<br />

(z.B. in Schulen oder als Koordinierungsstellen zu rechtsextremistischer Gewalt).<br />

Zudem steht für die JugendbeamtInnen eine breite Palette an Aus- und Fortbildungen bereit,<br />

was <strong>im</strong> Kontext einer fortschreitenden Verwissenschaftlichung der Polizeiausbildung zu sehen<br />

ist, die dem Kampf gegen Jugenddelinquenz zu einer differenzierten Perspektive verhelfen<br />

soll (vgl. Wüsten 1999, 33; Bernsee 1991, 421; Gerke 1992, 129). Weiterhin wird von der<br />

Bundesregierung Ende der 80er Jahre die sog. Gewaltkommission eingesetzt, die sich des Begriffs<br />

und der Ursachen der Gewalt annehmen sollte und damit eine breite Diskussion auslöste.<br />

Gewalt war demnach ein zentrales Thema in Politik, Polizei und Öffentlichkeit (sowie auch in<br />

der Sozialen Arbeit), wobei unter dem Begriff Unterschiedliches gefasst wurde. Auch in der<br />

Polizei war umstritten, was „Gewalt“ genau bedeutete: Einerseits identifizierte man eine<br />

„kleine Gewalt“ (Gerke 1992, 119), d.h. Gewalt <strong>im</strong> täglichen Sprachgebrauch; andererseits<br />

wurde eine „inflationäre[…] Ausdehnung des Gewaltbegriffs“ (Schneider 1991, 16) beklagt.<br />

So sei es problematisch, wenn z.B. Zwangsmerkmale sozialer Systeme unter den Begriff der<br />

‚strukturellen Gewalt‘ gefasst würden, da dies zu einer „Ausuferung und Ausweitung“ des<br />

Gewaltbegriffs führe und ihn „verwischen“ (Schneider 1991, 16) lasse.<br />

a) Professionsbild: Quasi-Sozialarbeiter<br />

Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre wurden unterschiedliche Arbeitsgruppen gegen<br />

jugendliche Gewalt, JugendbeamtInnen, Kontakt- und szenenkundige BeamtInnen und Dezernate<br />

mit dem Schwerpunkt Jugenddelinquenz etabliert, besonders in als Brennpunkten<br />

ausgemachten Orten. Vordergründig stand dabei der Gedanke der Prävention <strong>im</strong> Mittelpunkt<br />

(vgl. Bahr 1993), der allerdings auch repressive Maßnahmen umfassen konnte, sofern sie<br />

„angemessen sozialpädagogische Erkenntnisse berücksichtigen“ (ebd., 223). Polizeiliche Prä-<br />

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