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Jugendkriminalität im Interdiskurs - IPP

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kann sie z.B. als „Folge eskalierender Lebenskonflikte und brechender sozialer Interaktionen“<br />

(Kräupl 1992, 20) interpretiert werden, so dass delinquente Jugendliche zu „Seismographen<br />

der Gesellschaft“ (Müller 1993, 19) werden, die, so ist zu ergänzen, von grundlegenden Krisen<br />

betroffen ist. Die Kr<strong>im</strong>inalitätszahlen fungieren entsprechend als eine „Art Fieberkurve<br />

der Gesellschaft“, die etwa auf die „Brisanz der gegenwärtigen Übergangssituation in den<br />

neuen Bundesländern“ (Hestermann 1996, 7) verweist. Die medizinische Symbolik der Fieberkurve<br />

ermöglichte es der Polizei, gleichsam als Ärztin zu sprechen, die aus der Befassung<br />

mit dem kranken Körper eine genaue Diagnose des Problems erstellen kann.<br />

Dies leitet über zu Natursymbolen, die oftmals nicht gegen gesellschaftliche Ätiologien gerichtet<br />

sind, sondern mit ihnen interagieren. Hinweise auf Gewalt an Schulen thematisieren<br />

diese Institutionen als problematische Orte sozialer Interaktion, was häufig durch Symbole<br />

aus der Natur unterstrichen wird: Die Schule biete den „Nährboden für das gewalttätige Verhalten“<br />

(Herrmann 1994, 251; s.a. Kelly/Schatzberg 1993, 4; Schneider 1991, 20; Herrmann<br />

1991, 418) und „die Schule selbst kann also sogar (…) Frustrationen produzieren und Aggressionen<br />

ausbrüten“ (Kelly/Schatzberg 1993, 4). Als weitere Ursache wird die „antiautoritäre<br />

Erziehung“ unterstellt, die in Form von Gewalt „ungewollte Früchte“ (Herrmann 1991, 418)<br />

trage. Der „Verwilderung“ durch „dekadente Erziehungslosigkeit“ (Müller 1993, 25) müsse<br />

deshalb eine Zeit der Nacherziehung folgen, die täterorientiert vor Ort durch die Polizei erfolgen<br />

sollte, dies u.a. durch Ermittlungsgruppen, die Informationen über Gewalt und deren Ursachen<br />

zu Tage fördern. Dabei geht es u.a. darum, „das verkrustete Verhältnis zwischen Schule<br />

und Polizei aufzuweichen, durch den dauernden Dialog die Angst ab- und Vertrauen in die<br />

Polizei als Freund, Ansprechpartner und Helfer aufzubauen“ (Lenzer 1998, 25): In diesem<br />

Sinne solle „die Mauer des Schweigens“ eingerissen und die „Bereitschaft, sich der Polizei zu<br />

offenbaren“ (Lenzer 1998, 27) erhöht werden. Die Polizei soll damit zu einer anerkannten<br />

Partnerin der pädagogischen Institution Schule werden.<br />

ii. Heterogene Täterkonstruktionen<br />

Je nach der thematisierten Tätergruppe wird Delinquenz unterschiedlich geschildert. Vor allem<br />

vier Gruppen scheinen relevant zu sein: Die Kr<strong>im</strong>inalität von ,jungen Ausländern‘ wird<br />

eingangs behandelt, da sie bereits zu Beginn des Jahrzehnts ein Thema ist; sie wird ergänzt<br />

durch die später thematisierte Delinquenz von ,Spätaussiedlern‘. Ebenfalls in den ersten Jahren<br />

der 1990er wurde entlang der Brandanschläge und Ausschreitungen in Mölln, Rostock-<br />

Lichtenhagen und Hoyerswerda (vgl. Murck/Schmalzl 1993, 19) sowie der zunehmenden<br />

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