Jugendkriminalität im Interdiskurs - IPP
Jugendkriminalität im Interdiskurs - IPP
Jugendkriminalität im Interdiskurs - IPP
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
in der Lage seien, sowohl die ‚wahren’, grundlegenden Probleme der Jugendlichen als auch<br />
die ,tatsächlichen‘ – nämlich: repressiven – Absichten der Polizei und Justiz zu erkennen.<br />
Weniger deutlich wurde kommuniziert, wie <strong>im</strong> Rahmen der gegebenen gesellschaftlichen<br />
Umstände für die Jugendlichen wirkungsvolle und nachhaltige Hilfeleistungen realisiert werden<br />
konnten. So gingen die SozialarbeiterInnen davon aus, die Ursachen von Delinquenz zu<br />
kennen (s.u.), andererseits jedoch schienen sie kaum hinreichende Handlungsmöglichkeiten<br />
zur Bearbeitung dieser Ursachen zu besitzen. Dies kann exemplarisch am Symbol des „Marionettentheaters“<br />
(Die Redaktion 1979, 32) nachvollzogen werden: Es versinnbildlicht eine<br />
generelle Kritik an pädagogischem Handeln und speziell am Einsatz personenbezogener, interpersoneller<br />
Methoden <strong>im</strong> Kontext der gegebenen sozialen Strukturen; die Rede ist auch von<br />
einem professionellen „Gehabe“ (ebd., 33). Zwar könnten die Menschen „so tun, als könnten<br />
sie freie, lebendige und offene Beziehungen miteinander haben“ (ebd., 32), um auf diese Weise<br />
den „Herrschaftscharakter sozialer Arbeit als institutionelle Arbeit“ (ebd.) nicht sichtbar<br />
werden zu lassen. Geradezu zwangsläufig müsse aber aus der professionellen Beziehung heraus<br />
ein „Marionettentheater, mit lebendigen Puppen“ (ebd.) entstehen. Erfolg versprechend<br />
für die Unterstützung Jugendlicher scheint somit einzig eine grundlegende Änderung der gesellschaftlichen<br />
Strukturen zu sein; der einzelne Mensch selbst (Sozialarbeiter wie auch Klient)<br />
bleibt innerhalb der jeweiligen Machtverhältnisse tendenziell ohnmächtig. Wer dies nicht<br />
anerkennt, wird durch das von machtvollen Institutionen dirigierte Schauspiel auf der Vorderbühne<br />
getäuscht, während die Soziale Arbeit auf die Hinterbühne blickt, um ihre weitgehende<br />
Handlungsunfähigkeit erkennen zu müssen.<br />
Eine weitere, in den 1970er Jahren stets negativ belegte Symbolklasse stützt diese Argumentation,<br />
die Körpersymboliken. So dürfe die Soziale Arbeit nicht „verlängerter Arm der Polizei“<br />
(o.A. 1979b, 16) werden; die beiden Berufsgruppen dürften sich bei ihrer Tätigkeit nicht<br />
„berühren“ (ebd.). Der Kontakt scheint bedrohlich zu sein. Zwar gebe es „kollegiales Schulterklopfen“<br />
(Kahl 1979, 33), von Seiten der Polizei sei aber zugleich auch „<strong>im</strong>mer wieder die<br />
Faust“ (ebd.) zu spüren.<br />
b) Menschenbild und Gesellschaftsentwurf: Durch „Apparate“ gefährdete Jugendliche<br />
Im Vergleich zu Professionssymbolen fanden sich verhältnismäßig wenige konkrete Symbole<br />
und bildliche Darstellungen auf der Ebene des Menschenbildes. Die überwiegende Mehrzahl<br />
der Texte enthält jedoch ein zumindest <strong>im</strong>plizites Verständnis dessen, was Jugendliche bzw.<br />
ihre gesellschaftliche Einbettung kennzeichnet. Erwartungsgemäß entsprechen diese Darstel-<br />
45