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Ausgabe als PDF downloaden - Jusos München

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S C H W E R P U N K T<br />

aus seinem sehr guten Serie-A-<br />

Vertrag mit Turin aussteigen möchte.<br />

Nicht etwa, wie man das von<br />

Fußballspielern gewohnt ist, um bei<br />

einem anderen Club für noch mehr<br />

Geld anzuheuern, sondern um bei<br />

Livorno für die Hälfte in der zweiten<br />

Liga zu kicken. Ein weiteres Mal rieb<br />

sich ganz Italien verwundert die<br />

Augen, doch Lucarelli ließ sich von<br />

seinem Ansinnen nicht abbringen.<br />

Er ging nach Livorno, brachte ein<br />

Buch mit dem passenden Titel<br />

„Behaltet eure Millionen“ heraus,<br />

wählte dort die Rückennummer 99<br />

– das Gründungsjahr der linken<br />

Ultras BAL (Brigate Autonome<br />

Livornesi) und schoss Livorno mit 29<br />

Toren auf Anhieb in die Serie A.<br />

Ganz Livorno war im Freudentaumel<br />

- zum ersten Mal seit 55<br />

Jahren war man wieder erstklassig,<br />

„Silvio, wir kommen“ hallte es durch<br />

die 150 000-Einwohnerstadt. Wie<br />

alles in Livorno, so musste auch die<br />

Aufstiegsfeier eine politische Manifestation<br />

werden. Eine Gruppe<br />

vermummter Fans zog während der<br />

Feierlichkeiten zur Parteizentrale der<br />

rechtsextremen Alleanza Nazionale,<br />

verwüstete diese und steckte sie in<br />

Brand, weshalb nun die Staatsanwaltschaft<br />

gegen die BAL wegen<br />

„Bildung einer kriminellen<br />

Vereinigung“ ermittelt.<br />

Zu ermitteln gab es dann noch so<br />

einiges seit Livorno die Serie A<br />

unsicher macht - Political Correctness<br />

passt nur bedingt zu jenen<br />

Ultras, die ähnlich rau sind wie der<br />

salzige Wind, der die Livornesi auf<br />

Schritt und Tritt begleitet. Im<br />

Stadion prangt ihr Banner mit der<br />

Aufschrift „Fino all´ ultimo bandito“<br />

einem Erkennungsspruch der<br />

Roten Brigaden, ihre Fankneipen<br />

zieren Stalinbüsten, bei Gedenkminuten<br />

für gefallene italienische<br />

Iraksoldaten wird „10, 100, 1000<br />

Nasssiriyas“ skandiert. Das passt<br />

jedoch in die aktuelle politische<br />

Großwetterlage, deren Polarisierung<br />

in ungleicher Verteilung in den<br />

Stadien reproduziert wird. Das Gros<br />

der Fankurven ist nicht einfach nur<br />

fanatisch oder gewaltbereit sondern<br />

rechtsradikal. Hakenkreuzfahnen<br />

und andere faschistische Symbole<br />

sind Standardausstattung der<br />

meisten Kurven, rassistische/antisemitische<br />

Fangesänge und<br />

Spruchbänder an der Tagesordnung.<br />

Selbst einst dezidiert linke<br />

Vereine wie der AS Rom, von einem<br />

Juden <strong>als</strong> Arbeiterverein gegründet,<br />

haben heute einen so rechtsradikal<br />

dominierten Anhang, dass sich die<br />

jüdische Gemeinde Roms nicht<br />

mehr ins Stadion wagt – die letzte<br />

linke Fangruppe das berühmte<br />

CUCS (Commando Ultra Curva<br />

Sud, Erfinder der Ultrabewegung in<br />

den 70ern) löste sich 1999 in<br />

Ohnmacht gegenüber den Rechten<br />

auf. Der Aufstieg Livornos in die<br />

Serie A war <strong>als</strong>o auch eine dringend<br />

nötige, politische Mission um das<br />

schwache linke Lager (Florenz,<br />

Bologna) zu stärken, was man mit<br />

allerlei Aktionen auch tat.<br />

Das erste Auswärtsspiel führte Livorno<br />

zum AC Mailand des verhassten<br />

Berlusconi, der zu dieser Zeit<br />

gerade seine Haartransplantation<br />

durchführte und nur mit Kopftuch zu<br />

sehen war. 10 000 Livornesi kamen<br />

mit und jeder band sich in Anspielung<br />

an den selbstherrlichen<br />

Ministerpräsidenten ebenfalls ein<br />

Tuch um den Kopf – Berlusconi was<br />

not amused. Ebenfalls nicht<br />

gerade schön fand der Fußballverband,<br />

dass Lucarelli nach Toren<br />

regelmäßig die Kommunistenfaust<br />

machte und belegte ihn mit einer<br />

satten Strafe von 30 000 Euro - der<br />

Lazio-Spieler und bekennende<br />

Mussolini Anhänger Di Canio musste<br />

für den Faschistengruß nur 10<br />

000 Euro zahlen. Die Spiele gegen<br />

dessen Lazio Rom, zogen natürlich<br />

die größte Aufmerksamkeit auf sich,<br />

traf doch der linkeste auf den<br />

rechtesten Club. Beim ersten Spiel im<br />

Olympiastadion von Rom wurden<br />

den Livornesi die meisten ihrer<br />

Spruchbänder (für italienische Fans<br />

von fundamentaler Bedeutung)<br />

abgenommen, während der Lazioblock<br />

ein großes Spruchband „Rom<br />

ist faschistisch“ aufbieten konnte<br />

und dazu skandierte: „Wo sind eure<br />

Spruchbänder?“ Daraufhin gab es<br />

Ausschreitungen und einige Ultras<br />

von Livorno wurden festgenommen.<br />

Als diese nicht mehr pünktlich für die<br />

Heimfahrt mit dem Zug von der

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