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„Hoher Handlungsdruck in<br />
der deutschen Wirtschaft“<br />
Die steigenden Rohstoffpreise seien nur zum<br />
Teil auf die boomende Weltkonjunktur und<br />
den Ressourcenhunger der Schwellenländer<br />
zurückzuführen, hieß es. Preistreibend wirk-<br />
ten schlechte Ernten bei regenerativen Roh-<br />
stoffen und Angebotsverknappungen durch<br />
Länder mit Ressourcenvorkommen.<br />
„Erschwerend kommt für die deutschen<br />
Unternehmen hinzu, dass immer mehr Roh-<br />
stoffanbieter Verträge für kürzere Zeiträume<br />
abschließen - zulasten der Planungssicher-<br />
heit der Unternehmen“, so Driftmann. Über<br />
die Hälfte der Industrieunternehmen berich-<br />
teten bereits über zunehmende Probleme bei<br />
der Vertragssicherheit. Das Rohstoffproblem<br />
erzeugt einen hohen Handlungsdruck in der<br />
deutschen Wirtschaft. Insbesondere die<br />
Industrieunternehmen setzen alle Hebel in<br />
Bewegung, um ihre Rohstoffversorgung<br />
abzusichern. Neun von zehn Industrieunter-<br />
nehmen suchen laut DIHK-Studie bereits<br />
nach neuen Lieferanten, die ihnen die „Roh-<br />
stoffe in ausreichender Menge und zu ver-<br />
nünftigen Preisen“ zur Verfügung stellen<br />
können.<br />
Auch bei der Grünberger Firma Bender hat<br />
man die Auswirkungen der Rohstoffver-<br />
knappung bei Seltenen Erden zu spüren<br />
bekommen. „Wir hatten 2010 bei Kondensa-<br />
toren mit Tantal Preissteigerungen zwischen<br />
15 und 20 Prozent“, berichtet Einkaufsleiter<br />
Eckhard Klös. Seit knapp eineinhalb Jahren<br />
würden Preise und Lieferzeiten enorm<br />
anziehen, auch getrieben von einer stärke-<br />
ren öffentlichen Berichterstattung: „Jede<br />
Nachricht über eine Minenschließung oder<br />
Rohstoff-Verknappung schlägt sich im Preis<br />
nieder.“ Dass Bender nur die besagten 15 bis<br />
20 Prozent an Teuerungsrate zu zahlen hat,<br />
liegt laut Klös an umsichtiger Beschaffungs-<br />
strategie. „Unsere Verträge verpflichten<br />
unsere Lieferanten stets, eine bestimmte<br />
Menge zum Fixpreis bereit zu halten. Dar-<br />
über hinaus haben wir eigene Vorräte ange-<br />
■ Innovation/Umwellt<br />
legt.“ Perspektivisch will man bei Bender<br />
ganz von den Tantal-Kondensatoren weg-<br />
kommen: „Bei der Neuentwicklung von Pro-<br />
dukten setzen wir auf andere Kondensato-<br />
ren. Ob wir dabei ganz auf Tantal verzichten<br />
können, steht allerdings noch nicht fest“, so<br />
Klös. Bender entwickelt und vertreibt Mess-<br />
und Überwachungsrelais sowie Produkte<br />
unter anderem aus den Bereichen Isolations-<br />
überwachung sowie Krankenhaus- und<br />
Prüftechnik.<br />
Auf der Suche nach einer Befreiung aus der<br />
chinesischen Rohstoff-Umklammerung set-<br />
zen Regierung und Unternehmen auch auf<br />
ungewöhnliche Wege. Der Bundesverband<br />
der Deutschen Industrie (BDI) plädierte Ende<br />
Januar dafür, mit dem zentralasiatischen<br />
Kasachstan eine Rohstoffpartnerschaft auf-<br />
zubauen. In dem rohstoffreichen Land sol-<br />
len deutsche Firmen auch exklusiven<br />
Zugang zu sogenannten Seltenen Erden<br />
bekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel<br />
hat laut BDI dem kasachischen Präsidenten<br />
Nursultan Nasarbajew gegenüber das große<br />
Interesse Deutschlands an einer solchen<br />
Kooperation bekundet. Der BDI arbeitet seit<br />
mehreren Jahren gemeinsam mit der Bun-<br />
desregierung und der EU-Kommission<br />
intensiv an einer Strategie zur Verbesserung<br />
der Rohstoffverfügbarkeit. Denkbar sei, dass<br />
Unternehmen ihren Einkauf bündeln und<br />
dadurch größere Marktmacht entfalten. Sie<br />
könnten sich gemeinsam sogar an ausländi-<br />
schen Minenprojekten beteiligen, die für sie<br />
allein finanziell kaum zu stemmen wären.<br />
Die Gespräche über eine bilaterale Rohstoff-<br />
partnerschaft mit Kasachstan befänden sich<br />
noch in einem frühen Stadium, bremste der<br />
Verband die Hoffnung auf eine schnelle Ver-<br />
besserung der Rohstoffsituation.<br />
Rohstoffabbau<br />
in Europa erleichtern<br />
Auch in Europa will man sich auf die Suche<br />
nach den begehrten Rohstoffen machen und<br />
den heimischen Abbau forcieren. Die Mit-<br />
Aufmacher<br />
gliedstaaten müssten dafür die Vorausset-<br />
zungen schaffen, fordert die EU-Kommission<br />
in einem im Februar vorgelegten Strategie-<br />
papier. Unter anderem sollten Genehmi-<br />
gungsverfahren für den heimischen Roh-<br />
stoffabbau verkürzt werden. Laut Schätzun-<br />
gen finden sich immerhin sieben Prozent der<br />
weltweiten Vorkommen von Seltenen Erden<br />
auf dem Gebiet der EU. Ausgehend von der<br />
Rohstoffinitiative schlägt die Europäische<br />
Kommission eine Reihe von Maßnahmen<br />
vor, um eine faire und dauerhafte Versor-<br />
gung mit Rohstoffen vom Weltmarkt zu<br />
sichern, eine nachhaltige Versorgung inner-<br />
halb der EU zu fördern, die Ressourceneffizi-<br />
enz zu steigern und Recycling zu fördern.<br />
Der DIHK begrüßte die Initiative der Europä-<br />
ischen Union. Es müsse jedoch der gesetzli-<br />
che Rahmen – beispielsweise für Genehmi-<br />
gungsverfahren – angepasst werden, sagte<br />
DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansle-<br />
ben. Experten zweifeln allerdings, ob die bis-<br />
lang nicht genutzten Vorkommen in Europa<br />
kostendeckend gefördert werden können.<br />
Laut EU-Kommission soll der Abbau von<br />
Ressourcen auf dem eigenen Gebiet „in wirt-<br />
schaftlich vernünftiger Weise“ erfolgen.<br />
Ein wichtiger Pfeiler der künftigen Rohstoff-<br />
versorgung könnte daher das verstärkte<br />
Recycling und die bessere Nutzung von Roh-<br />
stoffen sein. Dies werde helfen, „wertvolle<br />
Mineralien wieder zu nutzen und Energie zu<br />
sparen“, heißt es in dem EU-Papier. Eine Ein-<br />
schätzung, die auch Bundeswirtschaftsmini-<br />
ster Rainer Brüderle teilt. „Das Recycling ist<br />
die wichtigste heimische Rohstoffquelle“,<br />
betonte Brüderle beim 3. Rohstoffkongress<br />
des BDI im Oktober 2010 vor den versam-<br />
melten Industriegrößen. Zwölf Prozent des<br />
Rohstoffbedarfs werden schon heute durch<br />
recycelte Rohstoffe gedeckt, das zeigen Stu-<br />
dien des Instituts der deutschen Wirtschaft<br />
(IW) in Köln. Dadurch sparte die Industrie im<br />
Jahr 2009 8,4 Milliarden Euro für Rohstof-<br />
fimporte. Laut einer IW-Prognose könnte der<br />
Produktionswert der Sekundärrohstoffbran-<br />
che bis 2015 auf 18 Milliarden Euro anstei-<br />
gen.<br />
www.giessen-friedberg.ihk.de · 5/2011 7