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Elke Siehl, Privatisierung in Rußland - FKKS - Universität Mannheim

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Management e<strong>in</strong>es Betriebes das ganze Unternehmen oder aber auch e<strong>in</strong>zelne Unterabteilungen<br />

pachten. 109 Der Pachtvertrag bot den Genossenschaften e<strong>in</strong>e Möglichkeit, eng<br />

mit den staatlichen Unternehmen zusammenzuarbeiten und deren Infrastruktur zu nutzen,<br />

gleichzeitig jedoch der staatlichen Kontrolle zu entgehen. Verbunden mit e<strong>in</strong>er speziellen<br />

Kaufoption gestattete der Pachtvertrag den Pächtern außerdem, das gepachtete Unternehmen<br />

bzw. e<strong>in</strong>zelne Betriebsstätten zu sehr günstigen Konditionen zu erwerben. Die<br />

Pacht stellte damit häufig nur e<strong>in</strong>e Interimslösung dar. Staatliche Verfügungsrechte wurden<br />

zunächst <strong>in</strong> kollektive umgewandelt, mit dem Ziel, letztendlich private Eigentumsrechte<br />

an den Unternehmen zu erwerben. 110<br />

Die zweite Etappe der <strong>Privatisierung</strong> wurde mit der Ergänzung zum Unternehmensgesetz<br />

im August 1989 e<strong>in</strong>geleitet und be<strong>in</strong>haltete im Kern e<strong>in</strong>e Transformation der Branchenm<strong>in</strong>isterien<br />

<strong>in</strong> quasi-korporative Eigentumsformen. 111 Die Verlagerung von Entscheidungen<br />

<strong>in</strong> die Unternehmen ließ die Nomenklatura der Branchenm<strong>in</strong>isterien nach Wegen<br />

suchen, ihren eigenen Status zu erhalten bzw. diesen mit der Bildung von Vere<strong>in</strong>igungen<br />

(ob’ed<strong>in</strong>ienii), Konzernen (koncerny) und Assoziationen (associacii) <strong>in</strong> neue Formen zu<br />

konvertieren. Unter der Leitung der ehemaligen Branchenm<strong>in</strong>isterien schlossen sich Unternehmen<br />

verschiedener Sektoren <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>igungen, Unternehmen der gleichen Branche<br />

<strong>in</strong> Konzernen zusammen. 112 Forciert wurde diese Entwicklung durch die drohende Auflösung<br />

bzw. das Zusammenlegen von Branchenm<strong>in</strong>isterien sowie die zunehmende ökonomische<br />

Krise. 113 Die gesetzliche Grundlage für die Gründung von Konzernen, Assoziationen<br />

und Vere<strong>in</strong>igungen bildete das Unternehmensgesetz von 1990. 114 Parallel zu<br />

dieser Entwicklung verstärkten e<strong>in</strong>e Reihe von Unternehmen ihre Bemühungen, der m<strong>in</strong>isteriellen<br />

Kontrolle zu entkommen. Die Verordnung zur Gründung von Aktiengesellschaften<br />

und Gesellschaften mit beschränkter Haftung von 1990 schaffte die Voraussetzungen.<br />

Der Automobilhersteller KamAZ gehörte zu den ersten Unternehmen, das die<br />

109 Das Pachtgesetz gestattete die Verpachtung des gesamten Betriebes an die Mitarbeiter, wenn sich<br />

zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e Zweidrittelmehrheit für diese Variante aussprach. Mit dem Pachtvertrag erhält das<br />

Arbeitskollektiv gegen e<strong>in</strong> Pachtentgelt das Nutzungsrecht an den Betreibsmitteln. Die produzierten<br />

Waren s<strong>in</strong>d Eigentum des Pachtnehmers. Vgl. Pachtgesetz (1989): Osnovy zakondatel’stva SSSR i<br />

sojuznych respublik ob arende i arendnych otnošenijach v SSSR, 23.11.1989, <strong>in</strong>: Izvestija vom<br />

1.12.1989.<br />

110 Vgl. Vasil’eva, Nadeþda (1991): Probleme der Entstaatlichung von Unternehmen <strong>in</strong> der UdSSR,<br />

Bericht des BIOst, No. 41, S. 19-28; Gimpelson, Vladimir (1993), S. 47; Johnson, Simon/Kroll,<br />

Heidi (1991), S. 287.<br />

111 Vgl. Ergänzungen zum Unternehmensgesetz (1989): Zakon SSSR o vnesenii izmenenij i dopolnenij<br />

v Zakon SSSR “O gosudarstvennom predprijatii (ob“ed<strong>in</strong>enii), 3.8.1989, <strong>in</strong>:<br />

Ekonomika i Þizn’, No. 44.<br />

112 Der Zusammenschluß von Energomaš (Energiewirtschaft), Technochim (Chemie) <strong>in</strong> St. Petersburg<br />

sowie Kvantemp (Werkzeugbau) <strong>in</strong> Moskau s<strong>in</strong>d die bekanntesten Beispiele für zwischensektorale<br />

staatliche Vere<strong>in</strong>igungen. Als Beispiele für Konzerne können Norilsk Nickel (Nickel) oder Gazprom<br />

(Gas) angeführt werden. Das M<strong>in</strong>isterium für Düngemittelproduktion wandelte sich vollständig <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Konzern um. Vgl. Johnson, Simon/Kroll, Heide (1991), S. 289; Radyg<strong>in</strong>, A.D. (1994), S. 47.<br />

113 Vgl. Scott, Thomas/Kroll, Heidi (1993), S. 454; Johnson, Simon/Kroll, Heide (1991), S. 289; Kordonskii,<br />

Simon (1995), S. 188.<br />

114 Vgl. Unternehmensgesetz (1990): Zakon SSSR o predprijatijach v SSSR, <strong>in</strong>: Novye zakony SSSR,<br />

No. 2, Moskva 1990, S. 132-154; Siehe hierzu auch Gorbatova, Larisa (1995), S. 21; Radyg<strong>in</strong>, A.D.<br />

(1994), S. 51; Prokop, Jane (1995), S. 37.<br />

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