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Elke Siehl, Privatisierung in Rußland - FKKS - Universität Mannheim

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nehmen unter Anwendung der Gesetzesakte zur <strong>Privatisierung</strong> <strong>in</strong> private Hände überführt.<br />

Vielmehr verstärkten die Akteure ihre Bemühungen, sich im Prozeß der spontanen<br />

<strong>Privatisierung</strong> Eigentumsrechte anzueignen. 120 Die Blockade der <strong>Privatisierung</strong> bis Mitte<br />

1992 ist e<strong>in</strong> klassisches Beispiel für die gleichzeitige Existenz multipler Eigentümer mit<br />

sich überschneidenden und gegensätzlichen Kontrollrechten.<br />

Zur Beibehaltung des Status quo kommt es immer dann, wenn alle Anteilseigner über e<strong>in</strong><br />

Vetorecht (liberum veto) verfügen, mit dem jede Veränderung blockiert werden kann. In<br />

e<strong>in</strong>er solchen Situation ist die <strong>Privatisierung</strong>, d.h. e<strong>in</strong>e Veränderung des Ausgangszustands,<br />

nur möglich, wenn den e<strong>in</strong>zelnen Akteuren Anreize geboten werden, sich von<br />

ihrer Position wegzubewegen. 121 Ke<strong>in</strong>er der de facto existierenden Anteilseigner <strong>in</strong> der<br />

Rußländischen Föderation versprach sich von der Anwendung der <strong>Privatisierung</strong>sgesetzgebung<br />

e<strong>in</strong>en Vorteil. 122 Durch die Ausübung ihres Vetorechtes, d.h. die Blockade der<br />

<strong>Privatisierung</strong>, verh<strong>in</strong>derten die Akteure nicht nur die Veränderung der formalen Eigentumsstruktur,<br />

sondern auch die Restrukturierung der Unternehmen. In der Konsequenz<br />

kam es weder zur Depolitisierung noch zur Schaffung effizienter neuer corporate governance-Strukturen.<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund eröffneten sich den Reformern pr<strong>in</strong>zipiell zwei Möglichkeiten,<br />

die <strong>Privatisierung</strong> e<strong>in</strong>zuleiten. Sie konnten erstens versuchen, die Verfügungsrechte an<br />

den Unternehmen zurückzugew<strong>in</strong>nen, um sie dann <strong>in</strong> der anschließenden <strong>Privatisierung</strong><br />

erneut zu verteilen. 123 Die Schwäche des Staates machte die Umsetzung dieser „autoritären“<br />

Variante jedoch unmöglich. Zum e<strong>in</strong>en war die Regierung <strong>in</strong> sich selbst nicht geschlossen.<br />

Zum anderen sahen sich die Reformer mit e<strong>in</strong>er starken Opposition im Parlament<br />

und dem Machtkampf zwischen Präsident und Legislative konfrontiert. E<strong>in</strong>e autoritäre<br />

Umverteilung von property rights wäre jedoch nur von e<strong>in</strong>em unabhängigen und<br />

starken Staat durchführbar. 124<br />

„Staatsgewalt hat zwei zentrale Komponenten: Autonomie und Leistungsfähigkeit. Die Möglichkeit<br />

des Staates, Präferenzen zu formulieren und anschließend zu implementieren, hängt nicht nur von<br />

der Kohärenz der Maßnahmen und der Leistungsfähigkeit der Bürokratie ab, sondern auch von der<br />

relativen Intensität, Organisiertheit und Übere<strong>in</strong>stimmung der zentralen sozialen Akteure, die von<br />

der Implementation der staatlichen Maßnahmen betroffen werden. Während starke Staaten Maßnahmen<br />

durchführen können, die gegen die Interessen zentraler Interessengruppen gerichtet s<strong>in</strong>d,<br />

können schwache Staaten e<strong>in</strong>e solche Politik nicht verfolgen.“ 125<br />

Informationsasymmetrien lassen selbst bei günstigeren politischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

120 Vgl. Blasi, Joseph/Kroumova, Maya/Kruse, Douglas (1997), S. 128.<br />

121 Blanchard, Olivier/Boycko, Maxim/Dabrovski, Marek/Dornbusch, Rudiger/Layard, Richard/Shleifer,<br />

Andrei (1993), S. 51.<br />

122 Sowohl das Management der Unternehmen als auch die lokale adm<strong>in</strong>istrative Elite verfügten de<br />

facto über enorme Kontrollrechte. Hätten sie sich dem Prozeß der <strong>Privatisierung</strong> unterzogen, wären<br />

sie nur Gefahr gelaufen, diese Rechte an dritte zu verlieren. Auch die M<strong>in</strong>isterien mußten befürchten,<br />

durch die <strong>Privatisierung</strong> an E<strong>in</strong>fluß zu verlieren. Der Staat selbst hatte nur noch e<strong>in</strong>en<br />

nicht genauer def<strong>in</strong>ierten Anteil an den property rights der Unternehmen.Vgl. hierzu auch McFaul,<br />

Michael (1995), S. 226; Åslund, Anders (1995), S. 229; He<strong>in</strong>rich, Ralph (1993), S. 10; Scott, Thomas/Kroll,<br />

Heidi (1993), S. 453.<br />

123 Vgl. Blanchard, Olivier/Boycko, Maxim/Dabrovski, Marek/Dornbusch, Rudiger/Layard, Richard/Shleifer,<br />

Andrei (1993), S. 50.<br />

124 Vgl. McFaul, Michael (1995), S. 226/227; Thomas/Kroll, Heidi (1993), S. 456.<br />

125 McFaul, Michael (1995), S. 215.<br />

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