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Lehren der Präsidenten der Kirche: Spencer W. Kimball

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KAPITEL 9<br />

sehr im Recht, dass es unmöglich war, sie von <strong>der</strong> Stelle zu<br />

bewegen.<br />

Die Stunden vergingen. Es war schon lange nach Mitternacht,<br />

und es schien, als hüllte Verzweiflung uns alle ein. Die<br />

Stimmung war noch immer durch Gereiztheit und Unwillen<br />

gekennzeichnet. Keiner wollte seinen dickköpfigen Wi<strong>der</strong>stand<br />

aufgeben. Dann aber geschah es. Wahllos schlug ich das Buch<br />

Lehre und Bündnisse auf, und da hatte ich es vor mir. Ich hatte<br />

es in <strong>der</strong> Vergangenheit viele Male gelesen, doch damals hatte es<br />

mir nichts Beson<strong>der</strong>es bedeutet. An dem Abend aber war es<br />

genau die richtige Antwort. Es war ein Appell, eine flehentliche<br />

Bitte und zugleich eine Drohung, und es kam offenbar direkt<br />

vom Herrn. Ich las [Abschnitt 64] von Vers sieben an vor, aber<br />

die streitenden Parteien gaben um kein Haarbreit nach, bis ich<br />

zu Vers neun kam. Da sah ich sie zusammenzucken, erschreckt<br />

und verwun<strong>der</strong>t. Konnte das denn stimmen? Der Herr spricht<br />

uns an, uns alle: ‚Darum sage ich euch: Ihr sollt einan<strong>der</strong><br />

vergeben.‘<br />

Das war eine Verpflichtung, und die hatten sie schon früher<br />

gehört. Sie hatten es selbst gesagt, wenn sie das Vaterunser<br />

beteten. Aber jetzt: ‚Denn wer seinem Bru<strong>der</strong> dessen<br />

Verfehlungen nicht vergibt, <strong>der</strong> steht schuldig vor dem Herrn.‘<br />

Sie mochten noch im Stillen gedacht haben: ‚Ja, ich kann ihm<br />

vergeben, wenn er umkehrt und um Verzeihung bittet; aber er<br />

muss den Anfang machen!‘ Dann traf sie die letzte Zeile mit<br />

voller Wucht: ‚Denn auf ihm verbleibt die größere Sünde.‘<br />

Was? Bedeutet das denn, dass ich meinem Gegner vergeben<br />

muss, selbst wenn er ungerührt, gleichgültig und nie<strong>der</strong>trächtig<br />

bleibt? Jawohl, daran ist nicht zu zweifeln.<br />

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> das<br />

Unrecht begangen hat, sich zu entschuldigen und bis in den<br />

Staub zu demütigen habe, ehe man ihm vergeben muss. Zwar<br />

stimmt es, <strong>der</strong> Beleidiger soll zuerst alles tun, was von seiner<br />

Seite aus erfor<strong>der</strong>lich ist, um die Sache zu bereinigen, aber was<br />

den Beleidigten betrifft, so muss er dem Beleidiger vergeben, wie<br />

auch immer dessen Einstellung sein mag. Manchmal empfindet<br />

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