Land mit Aussicht - Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung
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Es ist gut möglich, dass diese Verschiebungen<br />
<strong>und</strong> Verlagerungen weitergehen. Jüngere<br />
Planungen sahen vor, dass der <strong>Land</strong>kreis<br />
Müritz zusammen <strong>mit</strong> seinen Nachbarkreisen<br />
Demmin <strong>und</strong> Mecklenburg-Strelitz den neuen<br />
„<strong>Land</strong>kreis Mecklenburgische Seenplatte“ <strong>mit</strong><br />
der Kreisstadt Neubrandenburg bilden sollte.<br />
Dieser Vorschlag wurde jedoch vom <strong>Land</strong>esverfassungsgericht<br />
blockiert. Allerdings<br />
existiert nach wie vor eine gleichnamige Planungsregion<br />
für die regionale Raumordnung.<br />
Im Rahmen des demografischen Wandels<br />
<strong>und</strong> der rückläufigen Bevölkerungszahlen<br />
sind weitere Kreisreformen wie überall in den<br />
neuen B<strong>und</strong>esländern nicht auszuschließen.<br />
Das die Zeiten überdauernde Merkmal der<br />
Region ist da<strong>mit</strong> anders als im Oldenburger<br />
Münsterland keine politische, administrative<br />
oder kulturelle Abgrenzung zum Umland,<br />
sondern vor allem die bestechend schöne<br />
Natur, deren Kern die Müritz bildet.<br />
Naturräumliche Schönheit: das<br />
Aushängeschild der Region<br />
Glasklare Seen, saubere Luft, tiefe Kiefernwälder<br />
<strong>und</strong> große Moore geben der Region<br />
ihr Gesicht <strong>und</strong> ihren positiven Ruf als Erholungs-<br />
<strong>und</strong> Naturschutzgebiet. 40 Prozent<br />
der Fläche des Müritz-Nationalparks gehören<br />
zum <strong>Land</strong>kreis Müritz. Dieser hat auch Anteil<br />
an den Naturparks Nossentiner-Schwinzer<br />
Heide sowie Mecklenburgische Schweiz <strong>und</strong><br />
Kummerower See.<br />
Die naturräumliche Schönheit hat schon früh<br />
Reisende angezogen. Bereits im ausgehenden<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>ert pilgerten Erholungssuchende<br />
<strong>und</strong> Naturfre<strong>und</strong>e in die Region. Nicht zuletzt<br />
Theodor Fontane sorgte <strong>mit</strong> seinen schwärmerischen<br />
Briefen an <strong>Berlin</strong>er Fre<strong>und</strong>e dafür,<br />
dass sich die Städter für die Ruhe versprechende<br />
Idylle nicht weit von der deutschen<br />
Hauptstadt interessierten. Die Industrialisierung<br />
<strong>mit</strong> ihren rauchenden Schornsteinen<br />
<strong>und</strong> lauten Maschinen bewog vor allem die<br />
besser gestellten Bürger, der Stadt für einige<br />
Wochen des Jahres den Rücken zu kehren<br />
<strong>und</strong> Waren als Ort der „Sommerfrische“<br />
aufzusuchen. In den 1880er Jahren wurde die<br />
erste „Seebadeanstalt für Damen <strong>und</strong> Herren<br />
in der Müritz“ eingerichtet <strong>und</strong> die ersten<br />
Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste entstanden.<br />
Kurz vor dem Ersten Weltkrieg zählte<br />
der Ort Waren bereits 3.929 Feriengäste<br />
im Jahr. Sie übernachteten im „Warener Hof“,<br />
im „Bahnhofshotel“, im Hotel „Stadt Hamburg“,<br />
dem „Hotel du Nord“ oder in einem der<br />
16 Gasthöfe oder Pensionen, die es zu dieser<br />
Zeit allein in der Stadt Waren gab.<br />
In den 1920er Jahren versuchte die Verwaltung<br />
aus dem florierenden Fremdenverkehr<br />
weitere Einnahmen zu erwirtschaften: Die<br />
Sommergäste zahlten fortan eine Kurtaxe,<br />
eine Fremdenwohnsteuer <strong>und</strong> eine Steuer auf<br />
Flügel, Klaviere, Harmonien <strong>und</strong> Grammophone.<br />
Die Benutzung der städtischen<br />
Anlegebrücken in der Müritz kostete ebenso<br />
Geld. 39 Dafür luden extra angelegte Promenaden<br />
<strong>und</strong> neu eröffnete Gaststätten zum<br />
Flanieren <strong>und</strong> Verweilen ein.<br />
Neben der regionalen Wirtschaft profitierte<br />
auch zunehmend die Kaiserliche Post von<br />
den Urlaubern. Um Verwechslungen vor<br />
allem im Briefverkehr zu vermeiden, führt die<br />
Stadt Waren seit 1914 den Zusatz „Müritz“.<br />
Nicht unbedeutend für die <strong>Entwicklung</strong> war<br />
der Bau einer Chaussee zwischen Malchow,<br />
Waren <strong>und</strong> Neubrandenburg 1848/49. Seit<br />
1879 hält auch die Eisenbahn in Waren.<br />
Mit dem Zweiten Weltkrieg brach der Fremdenverkehr<br />
zusammen. Doch schon in den<br />
1950er Jahren setzte ein neuerlicher Tourismusboom<br />
ein. Vor allem Campingplätze <strong>und</strong><br />
betriebseigene Einrichtungen ermöglichten<br />
es erstmals breiteren Bevölkerungsschichten<br />
der DDR, Urlaub zu machen. 40 Dennoch<br />
mangelte es an touristischer Infrastruktur:<br />
Insbesondere Gaststättenplätze <strong>und</strong> Verpflegungsmöglichkeiten<br />
waren knapp. 39<br />
Kapitel 5<br />
<strong>Berlin</strong>-<strong>Institut</strong> 41