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Im Gespräch<br />
soziale Arbeit zu professionalisieren. Der Werkzeugkasten<br />
dafür war das Qualitätsmanagement. Dafür hat der<br />
Verband sich stark gemacht. Der Begriff Kunde wurde<br />
eingeführt, die Kundenorientierung, man eignete sich<br />
betriebswirtschaftliche Instrumente an, zum Beispiel<br />
Kennzahlen. Nur: Hinter Begriffen wie Wettbewerbsfähigkeit,<br />
Professionalisierung und Qualitätsmanagement<br />
trat die Förderung der Ehrenamtlichkeit manchmal zurück.<br />
Hat sich das heute durchweg geändert?<br />
In sozialen Organisationen und Initiativen, die das ganze<br />
Tal der Professionalisierung der Sozialarbeit durchschritten<br />
haben, traf und trifft man teilweise noch auf<br />
Widerstände. Dort wird gesagt: „Wir haben jahrelang<br />
für die Regelleistungen gekämpft und jetzt sollen hier<br />
wieder Ehrenamtliche rein. Eigentlich ist der Staat verpflichtet,<br />
die Regelleistungen zu finanzieren.“<br />
Ein wichtiger Einwand.<br />
Es gibt ja sicher noch die Befürchtung, dass es eine Art<br />
Verdrängung ist. Das ist falsch, denn der bürgerschaftlich<br />
Engagierte verdrängt nicht einen Hauptamtlichen, er<br />
ersetzt ihn nicht. Wenn ein Hauptamtlicher wegfällt auf<br />
Grund fehlender Finanzierung, dann bleiben da Lücken<br />
in die auch Ehrenamtliche nicht hineinkommen können,<br />
sondern das Engagement bringt eine zusätzliche Qualität<br />
aus der sozialen Arbeit in die soziale Tätigkeit. Ein<br />
Jugendlicher weiß, da ist ein freiwillig Engagierter, der<br />
nimmt mich wahr. Persönliche Wahrnehmungen sind<br />
wichtige Bedürfnisse von Menschen die vom Personal<br />
gar nicht erfüllt werden können. Wenn da aber Menschen<br />
von außen sind, die das freiwillig machen und ohne dass<br />
sie ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, dann hat<br />
die Wahrnehmung einen hohen Stellenwert. Es gibt Tätigkeiten,<br />
zum Beispiel in der Sterbebegleitung, die nicht<br />
dauerhaft von professionellen Mitarbeitern ausgeübt<br />
werden können, weil das nicht zu leisten ist und sie eben<br />
eine andere Sicht auf die Dinge haben. Oder nehmen<br />
wir an, ein Kind in einer Familie ist schwerstkrank und<br />
es gibt Geschwister. Die professionellen Hilfen spannen<br />
sich um das kranke Kind, aber kaum jemand kümmert<br />
sich um das Geschwisterkind. Hier kann bürgerschaftliches<br />
Engagement ganz andere Hilfen anbieten.<br />
Eine klassische Aufgabe für Ehrenamtliche.<br />
Genau das ist der Paradigmenwechsel, wenn wir sagen:<br />
Professionelle Arbeit ist einerseits total wichtig, aber um<br />
das ganze wirklich stabil leisten zu können, brauchen<br />
wir dazu auch bürgerschaftliches Engagement, nachbarschaftliche<br />
Hilfe, Selbsthilfe in jeder Form.<br />
Dafür gibt es Stadtteilzentren.<br />
.. die in Berlin für die soziale Arbeit ein unverzichtbarer<br />
Teil der Infrastruktur sind - von der Gesundheitsprävention<br />
über die Aktivierung von älteren Menschen, Begleitung<br />
von hochbetagten Menschen im eigenen Umfeld<br />
bis zum Quartiersmanagement im Kiez oder den zahlreichen<br />
Jugendhilfeprojekten. In den Stadtteilen werden<br />
die Sozialräume analysiert und Bedürfnisse erkundet, die<br />
beispielsweise in Marzahn-Hellersdorf aufgrund der sozialen<br />
Lage andere sind als in Steglitz-Zehlendorf. Diese<br />
Sozialraumorientierung ist die eine Kompetenz in den<br />
Stadtteilzentren - die Vernetzbarkeit ist der andere Vorzug.<br />
Es gibt eben nicht nur den einzelnen Jugendlichen,<br />
sondern der hat Eltern, hat Großeltern und Geschwister.<br />
Das Konzept „Nachbarschaftszentren“ geht ursprünglich<br />
auf Quäkerinitiativen im amerikanisch<br />
Dr. Gabriele Schlimper leitete einige<br />
Jahre das Referat „Ambulante Pflege<br />
und Hospize“ im PARITÄTISCHEN<br />
Berlin, bevor sie in diesem Jahr als<br />
Nachfolgerin von Dr. Eberhard<br />
Löhnert zur Leiterin der Geschäftsstelle<br />
Bezirke berufen wurde. Im<br />
Interview spricht sie unter anderem<br />
über den Paradigmenwechsel der<br />
Arbeitsteilung zwischen haupt- und<br />
ehrenamtlichen Mitarbeitern in der<br />
sozialen Arbeit.<br />
Oktober 2010 9