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Soziale Dienste / Straffälligen- und Opferhilfe<br />
Vor den skeptischen Blicken<br />
von wohnungslosen<br />
Berlinerinnen und Berlinern<br />
hatten sich Ende September<br />
Vertreter der im Bundestag<br />
vertretenen Parteien auf dem<br />
Alexanderplatz versammelt,<br />
um über ihre Konzepte zur<br />
Wohnungs- und Betreuungssituation<br />
von Obdachlosen in<br />
Berlin zu debattieren. Eingeladen<br />
hatte zum „Langen Tag<br />
der Wohnungslosen“ die BAG<br />
Wohnungslosenhilfe e.V. im<br />
Rahmen ihrer Kampagne „Der<br />
Sozialstaat gehört allen!“ Der<br />
Disput der Volksvertreter fiel<br />
moderat, fast zahm aus - mit<br />
revolutionär neuen Konzepten<br />
gegen die prekäre Situation<br />
Wohnungsloser konnten sie<br />
ohnehin nicht aufwarten.<br />
RECHT AUF ZUGANG ZU INFORMATIONEN<br />
Vernetzt hinter Gittern<br />
Zum 25-jährigen Jubiläum von „Freiabonnements<br />
für Gefangene e.V.“<br />
Von Sybill Knobloch, Geschäftsführerin<br />
Jeder hat nach Artikel 5 des Grundgesetzes das Recht,<br />
„sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert<br />
zu unterrichten“. Vor allem für Gefangene ist dieses<br />
Recht von großer Bedeutung. Es verhindert, dass Menschen<br />
völlig isoliert hinter Gittern leben müssen.<br />
Nicht ohne Grund hat der Gesetzgeber außerdem im<br />
Strafvollzugsgesetz festgelegt, das Leben im Vollzug den<br />
allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich<br />
anzupassen.<br />
Inhaftierte sollen sich nach Verbüßung ihrer Haftstrafe<br />
in der Welt zurecht finden und nicht zu dem Schluss<br />
kommen: „Ich verstehe die Welt nicht mehr.“ Freiabonnements<br />
für Gefangene e.V. setzt sich dafür ein, dass<br />
dieses Recht auf Zugang zu Informationen auch verwirklicht<br />
wird, insbesondere in Form einer kostenlosen<br />
Vermittlung von Zeitungen und Zeitschriften. Nun feiert<br />
der Verein am 2. November 2010 sein 25-jähriges<br />
Bestehen.<br />
Freiabonnements – informativ und sozial<br />
Die Idee, Gefangene kostenfrei mit Zeitungen zu versorgen,<br />
ist schon über dreißig Jahre alt. Als Christian Pfeiffer<br />
– heute Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts<br />
in Niedersachsen – im Oktober 1973 mit einer<br />
Gruppe von Gleichgesinnten eine Bürgerinitiative mit<br />
dem Namen Zeitungsabonnements für Gefangene<br />
gründete, nahm sie zum ersten Mal Gestalt an. Schon zu<br />
Anfang konnten Spenden für 3 500 Jahresabonnements<br />
gesammelt werden. In den Folgejahren wurde die Aktion<br />
noch viermal mit großem Erfolg wiederholt. Danach<br />
entwickelten sich die Aktivitäten der Gruppe in eine andere<br />
Richtung: der Verein Brücke e.V. entstand.<br />
Die Initiative wurde in der taz geboren<br />
Gefangene waren bei der Suche nach einer Finanzierung<br />
ihres Lesestoffs Ende der 70er Jahre wieder auf sich gestellt.<br />
Das bedeutete, bei Zeitungsverlagen um kostenlose<br />
oder kostengünstigere Abonnements anzufragen.<br />
Auch bei der 1979 gegründeten „tageszeitung“ gingen<br />
solche Anfragen ein. Die „taz“ entschied, dass „jeder<br />
Knacki seine taz“ haben sollte. Bald stellte sich jedoch<br />
heraus, dass dieser gute Wille eine finanzielle Grundlage<br />
brauchte. Im September 1985 gründeten deshalb einige<br />
Mitarbeiter/innen und Unterstützer/innen der taz den<br />
Verein Freiabonnements für Gefangene e.V., der sich<br />
um die Finanzierung der „Knastabos“ kümmern sollte.<br />
Doch es blieb nicht bei der Vermittlung der „taz“. Freiabonnements<br />
für Gefangene e.V. nahm im Laufe der Jahre<br />
weitere deutsch- und fremsprachige Zeitungen und<br />
Zeitschriften in das kostenlose Leseangebot für Gefangene<br />
auf. Der „tageszeitung“ folgten unter anderem die<br />
„Süddeutsche Zeitung“, „Der Tagesspiegel“, die „Frankfurter<br />
Rundschau“ und „Der Spiegel“. Mittlerweile ver-<br />
34 Oktober 2010