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PSC 10-08 - FSP

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erhebliche Substanzabhängigkeit. In betrunkenem<br />

Zustand beging er mehrere Vergewaltigungen an<br />

jungen, ihm unbekannten Frauen. In der Therapie<br />

zeigte er sich geplagt von massiven Schuldgefühlen<br />

wegen seiner Delikte, die er sehr ich-dyston erlebte.<br />

Nach mehrmonatiger Einzeltherapie war er imstande,<br />

sich in der Deliktrekonstruktion mit seinen Taten<br />

auseinanderzusetzen. Innerfamiliäre Konflikte, insbesondere<br />

mit einem durch den Krieg traumatisierten<br />

und in der Schweiz nie wirklich integrierten Vater,<br />

Konflikte und Diskriminierung am Arbeitsplatz bei<br />

gleichzeitiger Überanpassung erwiesen sich als belastende<br />

Faktoren. Schliesslich war er zunehmend in der<br />

Lage, sich mit Problembereichen wie Abhängigkeit,<br />

Dominanzverhalten, Kränkungen und Wut auseinanderzusetzen.<br />

Schlussbemerkung<br />

Die psychotherapeutische Arbeit mit Tätern gestaltet<br />

sich meist vielschichtig und langfristig. Einige Klienten<br />

erkennen im Laufe der Therapie mit grosser Betroffenheit,<br />

dass es tragischerweise eines Delikts bedurfte,<br />

um sie zu einer Therapie zu führen, die ihnen einen<br />

rücksichtsvollen Umgang mit sich selbst und ihren<br />

Mitmenschen eröffnete. Andere Klienten können oder<br />

wollen sich nicht mit sich und ihrer Vergangenheit<br />

auseinandersetzen. Vom Therapeuten, der dem Klienten<br />

sowie der einweisenden Behörde regelmässig eine professionelle<br />

Einschätzung des Therapieverlaufs und des<br />

Rückfallrisikos gibt, ist in allen Fällen eine transparente<br />

Haltung gefragt. Welches Rückfallrisiko und<br />

welches Gefahrenpotenzial tragbar sind, bleibt dabei<br />

letztlich eine Frage, die immer wieder gesellschaftlich<br />

neu diskutiert und beantwortet werden muss. Tätertherapie<br />

und die Behandlung von traumatischen Erfahrungen<br />

vieler Täter sollen keiner Bevorzugung gegenüber<br />

ihren Opfern dienen. Die allermeisten Täter verbüssen<br />

eine zeitlich befristete Freiheitsstrafe. Im Sinne<br />

von Opferschutz und Deliktprävention ist daher nach<br />

Möglichkeit die Zeit im Strafvollzug zu nutzen und<br />

darauf hinzuarbeiten, dass der Täter bei einer Entlassung<br />

sich und seine Vergangenheit soweit im Griff<br />

hat, dass nicht erneut andere Menschen zum Opfer<br />

werden.<br />

Ueli Christoffel und Frank Schönfeld<br />

Bibliografie<br />

Endrass J., Rossegger A., Urbaniok F. (2007): Zürcher<br />

Forensik Studie. Abschlussbericht zum Modellversuch.<br />

«Therapieevaluation und Prädiktorenforschung».<br />

http://www.zurichforensic.org<br />

Endrass J., Rossegger A., Noll T., Urbaniok F. (2007):<br />

Wirksamkeit von Therapien bei Gewalt- und Sexualstraftätern.<br />

Psychiatrische Praxis. 35(1): 8–14.<br />

Endrass J., Vetter S., Urbaniok F., Elbert T., Rossegger A.<br />

(2007): The prevalence of early victimization among<br />

violent and sexual offenders in Switzerland. International<br />

Perspectives in Victimology. 3(2): 24–30.<br />

Urbaniok F. (2003): Der deliktorientierte Therapieansatz in<br />

der Behandlung von Straftätern – Konzeption, Methodik<br />

und strukturelle Rahmenbedingungen im Züricher PPD-<br />

Modell. Psychotherapie Forum 11(4): 202–213.<br />

Urbaniok F., Endrass J., Noll T., Vetter S., Rossegger A.<br />

(2007): Posttraumatic stress disorder in a Swiss offender<br />

population. Swiss Medical Weekly 137(9-/<strong>10</strong>): 151–156.<br />

Die Autoren<br />

Lic. phil. Ueli Christoffel, Fachpsychologe für Psychotherapie<br />

<strong>FSP</strong> und leitender Psychologe, arbeitet seit 1999 im<br />

Psychiatrisch-Psychologischen Dienst des Justizvollzugs<br />

im Kanton Zürich.<br />

Lic. phil. Frank Schönfeld, Psychologe, arbeitet seit 2000<br />

im Psychiatrisch-Psychologischen Dienst des Justizvollzugs<br />

im Kanton Zürich. Er ist ausgebildet als Körperpsychotherapeut<br />

IBP (Integrated Body Psychotherapy). Neben<br />

seiner therapeutischen Tätigkeit leitet er das Ressort<br />

Neuropsychologie.<br />

Anschrift<br />

Lic. phil. Ueli Christoffel<br />

Lic. phil. Frank Schönfeld<br />

Psychiatrisch-Psychologischer Dienst<br />

Justizvollzug Kanton Zürich<br />

Feldstrasse 42<br />

8090 Zürich<br />

ueli.christoffel@ji.zh.ch<br />

frankolaf.schoenfeld@ji.zh.ch<br />

Résumé<br />

Dans le plus grand établissement pénitentiaire de Suisse<br />

(la Pöschwies de Zurich) et dans le Service ambulatoire<br />

de psychiatrie et psychologie (PPD) de l’Office d’exécution<br />

des peines du canton de Zurich, des centaines de<br />

délinquants ont déjà suivi des traitements de psychothérapie.<br />

A lire Ueli Christoffel, lic. phil. et psychologue<br />

responsable du PPD, et son collègue Frank Schönfeld,<br />

lic. phil. et psychologue au PPD, l’efficacité préventive<br />

de la psychothérapie n’est plus à démontrer. Les deux<br />

auteurs décrivent dans leur article les particularités de la<br />

psychothérapie du délinquant, une psychothérapie bifocale,<br />

centrée sur la personnalité, pendant et après l’exécution<br />

de la peine. Vu la durée limitée de la plupart des<br />

peines, il serait judicieux d’utiliser de manière optimale<br />

le temps d’exécution de la peine dans une perspective<br />

de protection des victimes et de prévention.<br />

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