executive review - Roland Berger
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14 | Interview Claus Weyrich<br />
in der Zukunft automatisch auf den Benutzer einstellen. Eine<br />
Folge dieser immer größeren Leistungsfähigkeit ist eine zunehmende<br />
Komplexität von Software-Programmen und Lösungen.<br />
Gleichzeitig wachsen die Anforderungen an deren Sicherheit<br />
und Stabilität sowie an die Entwicklungsgeschwindigkeit. Dieses<br />
bekommt man nur durch möglichst stabile und wohldefinierte<br />
Prozesse in den Griff sowie durch den Einsatz von modular aufgebauten,<br />
skalierbaren Plattformen und Architekturen. Von den<br />
5,7 Milliarden Euro, die Siemens im vergangenen Geschäftsjahr<br />
in F&E investiert hat, flossen im Übrigen mehr als 50 Prozent in<br />
die Entwicklung von Software.<br />
"Eine Lösung setzt sich im Markt<br />
durch, sobald der Kunde bereit<br />
ist, Geld für sie auszugeben."<br />
"Wichtiges Abbruchkriterium<br />
wird zunehmend das Verfehlen<br />
des Zeitfensters für den Markteintritt."<br />
<strong>executive</strong> <strong>review</strong>: Technologien wie MP3 oder WLAN haben bereits lange<br />
existiert, bevor Sie wirklich vermarktet wurden und sich dadurch erfolgreich<br />
positionieren konnten. Das Problem ist doch, die Technologien der<br />
Zukunft rechtzeitig zu erkennen.<br />
Claus Weyrich: Da gibt es kein Patentrezept. Generell lässt sich<br />
jedoch sagen, dass sich eine Lösung nicht automatisch im Markt<br />
durchsetzt, sobald sie technisch realisierbar ist, sondern erst<br />
dann, wenn der Kunde bereit ist, Geld für sie auszugeben. Um bei<br />
langfristigen Entwicklungen ein Gefühl für das richtige Zeitfenster<br />
zu erhalten, in dem ein Markt für eine neue technologische<br />
Entwicklung aufnahmefähig ist, muss man sich permanent mit der<br />
Zukunft auseinandersetzen und Zukunftsszenarien immer wieder<br />
systematisch auf entstehende Märkte und zukünftigen Kundennutzen<br />
hin analysieren. In den meisten Fällen hat es sich als richtig<br />
erwiesen, mit neuen Technologien über neue Anwendungen<br />
"anzugreifen", um gegenüber etablierten Technologien, die sich<br />
vehement gegen eine Ablösung wehren, erfolgreich zu sein.<br />
<strong>executive</strong> <strong>review</strong>: Wie lässt sich beurteilen, welche Entwicklungsprojekte<br />
forciert werden sollten und welche man vielleicht besser abbricht?<br />
Claus Weyrich: Wichtige Kriterien für die Priorisierung von Entwicklungsprojekten<br />
sind Größe und Wachstum der angestoßenen<br />
Geschäfte und natürlich deren Profitabilität, kurzum die Frage,<br />
wie viel Wert geschaffen werden kann. Dazu kommen auch der<br />
Fit mit der Unternehmensstrategie und das Vorliegen genügend<br />
eigener Kompetenz. Verabschiedete Projekte werden dann daran<br />
gemessen, inwieweit sie ihre inhaltlichen, Zeit- und Kostenziele,<br />
d.h. ihre Meilensteine erreichen. Wichtiges Abbruchkriterium<br />
wird zunehmend das Verfehlen des Zeitfensters für den Markteintritt.<br />
Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines konsequenten<br />
Projektmanagements und -controllings. Bei sehr langfristigen<br />
Entwicklungen darf man allerdings nicht zu formal vorgehen. Hier<br />
braucht es oft viel unternehmerische Intuition, Fingerspitzengefühl<br />
und einen langen Atem – aber nicht um jeden Preis.