Staatsverschuldung wirksam begrenzen - Sachverständigenrat zur ...
Staatsverschuldung wirksam begrenzen - Sachverständigenrat zur ...
Staatsverschuldung wirksam begrenzen - Sachverständigenrat zur ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Retrospektive Berechnungen 133<br />
214. Im Vergleich zu den zuvor beschriebenen Simulationen für den Bundeshaushalt ergeben sich<br />
mit Blick auf die Länderhaushalte einige Besonderheiten. So werden sowohl die Einnahmen als<br />
auch die Ausgaben der (Geber-)Länder um die Zahlungen an die finanzschwachen Länder im Rahmen<br />
des Länderfinanzausgleichs korrigiert; andernfalls würde mittels des Konjunkturfaktors eine<br />
Bereinigung der Steuereinnahmen dieser Länder erfolgen, während auf der Ausgabenseite annahmegemäß<br />
keine entsprechende Bereinigung vorgenommen wird. Die Einnahmen und Ausgaben<br />
einiger Länder in den Jahren 2004 und (vor allem) 2005 wurden um Rückzahlungen von Beihilfen<br />
durch eine Reihe von Landesbanken sowie um die in einem ähnlichen Umfang vorgenommenen<br />
Kapitalerhöhungen korrigiert (JG 2005 Ziffer 356).<br />
215. Der Befund einer heterogenen Verfassung der Haushalte der einzelnen Bundesländer wird<br />
durch die Ergebnisse der Simulationen bestätigt. Sechs der 16 Bundesländer − Niedersachsen,<br />
Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Schleswig-Holstein, Berlin und Bremen − hätten ihr Ausgleichskonto<br />
in sämtlichen drei Jahren belastet, wobei die Belastung in den Ländern, die sich in<br />
diesem Zeitraum nach eigener Auffassung in einer extremen Haushaltsnotlage befanden (Saarland,<br />
Berlin und Bremen), in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt besonders hoch ausfiel.<br />
Von der Sondersituation in Berlin abgesehen und mit Ausnahme Sachsen-Anhalts in den Jahren<br />
2003 und 2004, hätte die Schuldenschranke in den neuen Bundesländern in den betrachteten<br />
Jahren durchweg Gutschriften auf das Ausgleichskonto nach sich gezogen, was Folge umfangreicher<br />
Ergänzungszuweisungen des Bundes an die neuen Länder ist; wie beschrieben, handelt es<br />
sich bei diesen Transfers um laufende Zuweisungen, die in der Mehrzahl der Länder zu einem erheblichen<br />
Teil <strong>zur</strong> Finanzierung nicht-investiver Ausgaben verwendet werden und damit den Kreditaufnahmebedarf<br />
für sich genommen mindern. Bayern und Sachsen hätten in allen drei betrachteten<br />
Jahren Gutschriften auf dem Ausgleichskonto verbucht, die im Fall Sachsens sogar durchgängig<br />
rund 2 vH in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt betrugen.<br />
216. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Länder in den betrachteten<br />
Jahren auf der Einnahmeseite ihrer Haushalte in ganz unterschiedlichem Umfang Privatisierungserlöse<br />
verbuchten. Die Tatsache, dass diese nach geltender haushaltsrechtlicher Definition<br />
des Investitionsbegriffs nicht den Kreditaufnahmespielraum der Verfassung mindern, verzerrt den<br />
Ländervergleich, weil den Gutschriften auf das Ausgleichskonto dann unter Umständen ein ähnlich<br />
hoher Abbau des Vermögens des entsprechenden Landes gegenübersteht.<br />
Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die den Simulationen zugrunde liegende Definition des<br />
Investitionsbegriffs sich an der Bundeshaushaltsordnung orientiert (Ziffer 91). In einzelnen Ländern<br />
existieren in der Praxis davon abweichende Regelungen. So nimmt etwa das Land Berlin bei<br />
der Ermittlung seiner Kreditgrenze keine Gegenrechnung empfangener Zuweisungen und Zuschüsse<br />
für Investitionen vor, während Hessen die als investiv klassifizierten Ausgaben enger fasst<br />
und für bestimmte Investitionszuweisungen an die Kommunen keine Kreditfinanzierung zulässt.<br />
II. Zur Klärung einiger technischer Fragen<br />
217. Die hier vorgestellte Schuldenschranke beruht auf einer Reihe von Annahmen und Spezifikationen,<br />
die überprüft und gegebenenfalls angepasst werden müssen. Dies betrifft erstens die Methode<br />
<strong>zur</strong> Berechnung des Konjunkturfaktors im aggregierten Verfahren der Konjunkturbereini-