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Staatsverschuldung wirksam begrenzen - Sachverständigenrat zur ...

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48 Warum nationale Verschuldungsgrenzen sinnvoll sind − Theorien <strong>zur</strong> <strong>Staatsverschuldung</strong> im Überblick −<br />

einer Ricardianischen Welt wäre die Finanzpolitik weitgehend wirkungslos −, aktuelle empirische<br />

Untersuchungen zu den Auswirkungen diskretionärer Finanzpolitik kommen im Regelfall allerdings<br />

zu den im Rahmen einer keynesianischen Modellwelt zu erwartenden Ergebnissen (JG 2003<br />

Ziffern 800 ff.).<br />

Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die nationale Finanzpolitik in der Währungsunion grundsätzlich<br />

nur bei länderspezifischen Schocks auf die Binnennachfrage eingesetzt werden sollte. Im<br />

Falle symmetrischer Nachfrageschocks ist die Stabilisierungsrolle besser bei der Geldpolitik aufgehoben.<br />

Denn diese kann ihre Instrumente besser abgestimmt einsetzen als die Finanzpolitik,<br />

wenngleich der kürzeren Dauer zwischen Erkennen eines Handlungserfordernisses und Umsetzung<br />

der entsprechenden Maßnahme eine längere Wirkungsverzögerung im Vergleich <strong>zur</strong> Finanzpolitik<br />

entgegensteht. Schließlich ist in einer Währungsunion zu beachten, dass der Erfolg der Zentralbank<br />

bei der Inflationsbekämpfung auch von der Solidität der Staatsfinanzen abhängt und nicht<br />

durch expansive Finanzpolitiken konterkariert werden sollte. So lässt sich unter bestimmten Annahmen<br />

zeigen, dass die Zentralbank das Preisniveau nur kontrollieren kann, wenn die Finanzpolitik<br />

sich regelgebunden verhält und die intertemporale Budgetrestriktion nicht verletzt („fiscal<br />

theory of the price level“).<br />

65. Eine diskretionäre Stabilisierungspolitik sollte lediglich temporäre Maßnahmen einsetzen,<br />

um zyklische Schwankungen zu glätten. Tendenziell sind dabei die Multiplikatoren einer temporären<br />

Ausgabenerhöhung größer als die einer transitorischen Steuersenkung (Europäische Kommission,<br />

2002). Ausgabenanpassungen sind zudem weniger dem Problem der Prozyklizität ausgesetzt<br />

als Steueränderungen, bei denen ein längerer legislativer Vorlauf notwendig ist. Eine Ausnahme<br />

bildet lediglich die Bestimmung des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes, nach der die Bundesregierung<br />

mit Zustimmung des Bundesrates die Einkommensteuer für längstens ein Jahr um maximal<br />

10 vH erhöhen oder senken kann.<br />

Zeitliche Wirkungsverzögerungen sind ein grundsätzliches Problem jeder diskretionären Finanzpolitik.<br />

Sie sind zum einen auf die Zeitspanne <strong>zur</strong>ückzuführen, die vergeht, bis eine diskretionäre<br />

finanzpolitische Maßnahme als notwendig erkannt, angemessen ausgestaltet und schließlich durchgesetzt<br />

wird. Zum anderen kommen die Wirkungen der dann eingesetzten Maßnahmen nicht sofort,<br />

sondern erst mit einer weiteren Verzögerung <strong>zur</strong> Geltung. Die Verzögerungswirkungen treten<br />

bei automatischen Stabilisatoren naturgemäß nur in sehr viel geringerem Ausmaß auf als bei diskretionären<br />

Maßnahmen. Letztere können allerdings gegenüber automatischen Stabilisatoren dann<br />

vorteilhaft sein, wenn die Ursache einer konjunkturellen Unterauslastung der Kapazitäten genau<br />

identifiziert werden kann. In diesem Fall kann diskretionäre Finanzpolitik im Prinzip gezielter als<br />

Stimulierungsmaßnahme ausgestaltet werden. Häufig kommt es jedoch zu weniger zielgerichteten<br />

Ausgestaltungen, die ein Grund für die vielfach vorgefundene geringe Effektivität von Finanzpolitik<br />

sein mögen. Wirken diskretionäre Maßnahmen aufgrund eines falsch eingeschätzten zeitlichen<br />

Wirkungszusammenhangs prozyklisch − das ist besonders häufig in Aufschwungsphasen der Fall<br />

(Manasse, 2006) −, dann verkehrt sich die intendierte Stabilisierungswirkung in ihr Gegenteil, und<br />

die Volatilität des Outputs steigt. Die höhere Volatilität hat nach empirischen Studien langfristig<br />

negative Folgen für das Wirtschaftswachstum (Fatás und Mihov, 2003).

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