Staatsverschuldung wirksam begrenzen - Sachverständigenrat zur ...
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34 Warum nationale Verschuldungsgrenzen sinnvoll sind − Theorien <strong>zur</strong> <strong>Staatsverschuldung</strong> im Überblick −<br />
Eine Veränderung der staatlichen Nettokreditaufnahme geht zwangsläufig mit einer Änderung der<br />
Staatseinnahmen oder der staatlichen Ausgaben einher. Von den drei in einer Periode verfügbaren<br />
finanzpolitischen Instrumenten: Einnahmen, Primärausgaben als Summe von staatlichen Konsumund<br />
Investitionsausgaben sowie Nettokreditaufnahme − bei marktbestimmtem Zinssatz ergeben<br />
sich die Zinsausgaben endogen − können nur zwei unabhängig gewählt werden. In der Regel ergibt<br />
sich die Nettokreditaufnahme aus den Einnahme- und Ausgabenentscheidungen.<br />
Im Folgenden werden die Wirkungen der <strong>Staatsverschuldung</strong> im Vergleich <strong>zur</strong> Steuerfinanzierung<br />
öffentlicher Ausgaben herausgearbeitet. Betrachtet werden also die differentiellen Wirkungen der<br />
<strong>Staatsverschuldung</strong>, das heißt die Wirkungen einer Kreditfinanzierung gegebener öffentlicher Ausgaben<br />
im Vergleich zu einer Steuerfinanzierung derselben Ausgaben. Gedanklich wird also unterstellt,<br />
dass zuerst über die Höhe der staatlichen Primärausgaben entschieden und anschließend die<br />
Finanzierungsfrage − Steuern versus Kreditaufnahme − gelöst wird. In der haushaltspolitischen<br />
Praxis kann und wird die Abfolge der Entscheidungen über Einnahmen und Ausgaben anders sein;<br />
darauf kommt es hier nicht an. Die Wahl des Finanzierungswegs der öffentlichen Ausgaben hängt<br />
dann von der Beurteilung der ausgelösten Wirkungen ab. Statt einer Differentialinzidenz könnte<br />
man auch von einer so genannten Budgetinzidenz ausgehen, bei der eine über Kreditaufnahme<br />
finanzierte Ausgabenerhöhung betrachtet wird. Allerdings weiß man dann nicht, ob die resultierenden<br />
Wirkungen eher von der Ausgabenseite oder von der speziellen Art der Einnahmeerhebung<br />
getrieben werden. Um das herauszufinden, kann man in einer weiteren Inzidenzanalyse unterstellen,<br />
dass eine identische Ausgabenerhöhung über zusätzliche Steuern finanziert wird. Beim Vergleich<br />
der beiden Budgetinzidenzen sind die Ausgabeneffekte identisch, die von den beiden<br />
Finanzierungswegen − Kreditaufnahme versus Steuern − ausgehenden Wirkungen aber möglicherweise<br />
unterschiedlich. Logisch ist der Vergleich zweier Budgetinzidenzen mit identischer Ausgabenerhöhung<br />
aber wieder mit einer Differentialinzidenz äquivalent. Für die Finanzierungsentscheidung<br />
ist es insofern grundsätzlich gleichgültig, ob von gegebenen oder veränderten staatlichen Primärausgaben<br />
ausgegangen wird. Für das Verständnis der Staatsschuldwirkungen ist es aber vorteilhaft,<br />
von einem gegebenen Zeitpfad für die Primärausgaben auszugehen, da sich so die von der<br />
Finanzierungsentscheidung ausgehenden Wirkungen analytisch von den Ausgabenwirkungen isolieren<br />
lassen. Deshalb wird zunächst von gegebenen Primärausgaben ausgegangen.<br />
43. Angenommen, zu Beginn einer bestimmten Periode werden der Satz oder die Sätze einer bestimmten<br />
Steuer dauerhaft gesenkt, etwa der Einkommensteuer oder der Umsatzsteuer. Dies führt<br />
zu Steuermindereinnahmen. Bei unveränderten staatlichen Primärausgaben ist <strong>zur</strong> Einhaltung der<br />
staatlichen Budgetgleichung (4) eine höhere Nettokreditaufnahme erforderlich. Versieht man die<br />
in den folgenden Ziffern aus diesem Gedankenexperiment abgeleiteten Wirkungen mit umgekehrtem<br />
Vorzeichen, erhält man Aufschluss über die Effekte der zu Jahresbeginn 2007 in Kraft getretenen<br />
Erhöhung des Normalsatzes der Umsatzsteuer, soweit das Mehraufkommen <strong>zur</strong> Verringerung<br />
der Nettokreditaufnahme verwendet wird.<br />
Wenn die Steuersatzsenkung auf Dauer erfolgt, muss auch die Erhöhung der Neuverschuldung<br />
dauerhaft angelegt sein. Es geht somit um die Ermittlung der langfristigen Wirkungen einer<br />
dauerhaften <strong>Staatsverschuldung</strong> (strukturelle <strong>Staatsverschuldung</strong>). „Dauerhaft“ bedeutet dabei,<br />
dass es im Vergleich <strong>zur</strong> Situation vor der Steuersatzsenkung zu einer permanent höheren