Staatsverschuldung wirksam begrenzen - Sachverständigenrat zur ...
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Fazit: Un<strong>wirksam</strong>e Verschuldungsgrenzen erfordern neues Schuldenbegrenzungskonzept 71<br />
fallenden Lasten tragen die Länder entsprechend ihrem Verursachungsbeitrag. Das Nähere regelt<br />
ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.“<br />
Im Rahmen des Föderalismusreform-Begleitgesetzes wurde zudem das „Gesetz <strong>zur</strong> innerstaatlichen<br />
Aufteilung von unverzinslichen Einlagen und Geldbußen gemäß Artikel 104 des Vertrags <strong>zur</strong><br />
Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Sanktionszahlungs-Aufteilungsgesetz − SZAG)“ beschlossen,<br />
das die im Grundgesetz festgelegte Aufteilung im Verhältnis 65 vH zu 35 vH wiederholt<br />
und zudem den Verursachungsbeitrag näher definiert. Der Länderanteil wird zu 65 vH gemäß<br />
dem Anteil des jeweiligen Landes am gesamten Finanzierungsdefizit der Länder (Verursachungsbeitrag)<br />
und 35 vH gemäß der Einwohnerzahl aufgeteilt (Solidarbeitrag). Länder ohne Defizit<br />
müssen keinen Verursachungsbeitrag leisten.<br />
113. Weder der Schlüssel für die vertikale Aufteilung der Sanktionszahlungen auf Bund und Länder<br />
noch der für die Bemessung von Solidarbeitrag und Verursachungsbeitrag bei der horizontalen<br />
Aufteilung auf die einzelnen Länder lassen sich ökonomisch begründen. Auch läuft die Etablierung<br />
eines an der jeweiligen Einwohnerzahl orientierten und von der tatsächlichen Defizitentwicklung<br />
unabhängigen „Solidarbeitrags“ der einzelnen Länder naturgemäß dem Verursachungsprinzip<br />
und dem Versuch, auf Seiten der Länder Anreize <strong>zur</strong> Vermeidung übermäßiger Defizite zu verankern,<br />
zuwider (JG 2006 Ziffer 462). Die nun kodifizierte Verteilung von Sanktionszahlungen an<br />
die Europäische Union als Konsequenz übermäßiger öffentlicher Defizite stellt ein notwendiges,<br />
aber keineswegs das zentrale Element eines nationalen Stabilitätspakts dar. Wichtiger ist, die Entstehung<br />
übermäßiger Defizite von vornherein zu verhindern (JG 2006 Ziffer 463), und dies ebenfalls<br />
durch gesetzliche Regelungen und eindeutige Sanktionen bei Nichteinhaltung sicherzustellen.<br />
III. Fazit: Un<strong>wirksam</strong>e Verschuldungsgrenzen erfordern neues<br />
Schuldenbegrenzungskonzept<br />
114. Die Existenz von zahlreichen Kreditbegrenzungsvorschriften sowohl auf nationaler als auch<br />
auf europäischer Ebene zeigt, dass es einen breiten Konsens darüber gibt, dass solche Begrenzungen<br />
gewünscht und erforderlich sind. Die wichtigste und maßgebliche Vorschrift <strong>zur</strong> Verschuldungsbegrenzung<br />
auf nationaler Ebene ist die des Artikel 115 Grundgesetz, die direkt zwar nur für<br />
den Bund gilt, aber Vorbild für ähnliche Regelungen in fast allen Landesverfassungen ist. Damit<br />
gelten die Mängel des Artikel 115 Grundgesetz grundsätzlich auch für die Kreditbegrenzungsvorschriften<br />
der Länder. Diese Mängel bestehen erstens in einem zu weit abgegrenzten Investitionsbegriff,<br />
der eine zu hohe Verschuldung schon in der „Normalsituation“ erlaubt. Zweitens ist die<br />
Ausnahmesituation bei Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu unkonkret gefasst,<br />
so dass eine Berufung auf die Ausnahmesituation zu leicht möglich ist und die Ausnahme deshalb<br />
eher <strong>zur</strong> Regel wird. An diesem Einfallstor für die zunehmende Kreditaufnahme hat auch das Bundesverfassungsgerichtsurteil<br />
aus dem Jahr 1989, das dem Gesetzgeber eine Darlegungslast auferlegt,<br />
nichts geändert. Bei der Kreditaufnahme in der Ausnahmesituation wird zudem die Verschuldung<br />
aufgrund des Wirksamwerdens der automatischen Stabilisatoren und aufgrund einer diskretionären<br />
aktiven antizyklischen Fiskalpolitik vermischt. Ferner gibt es bei einer festgestellten Ausnahmesituation<br />
keinerlei Kreditbegrenzung mehr, ebenso wenig eine Rückführungsvorschrift.<br />
Drittens fehlt es an Sanktionsmechanismen, die bei einem festgestellten Verstoß gegen die Regelung<br />
des Artikel 115 Grundgesetz griffen und deshalb einen abschreckenden Charakter hätten.<br />
Diese Mängel haben in ihrer Gesamtheit dazu geführt, dass die Kreditbegrenzungsregeln nicht gewirkt<br />
haben, zumindest nicht dahingehend, dass die Kreditaufnahme wirklich eingedämmt wurde.<br />
Deshalb bedarf es einer Verbesserung der Kreditbegrenzungsregeln und zwar im Hinblick darauf,