Staatsverschuldung wirksam begrenzen - Sachverständigenrat zur ...
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Wirkungen einer dauerhaften <strong>Staatsverschuldung</strong> 45<br />
der Kreditaufnahme resultierenden zukünftigen Belastungen an unbeteiligte Dritte bei den Privaten<br />
nicht möglich ist, wohl aber beim Staat, indem dieser über zusätzliche Zwangsabgaben in Form<br />
von Steuern zukünftige Generationen belastet. Die Möglichkeit einer Erhebung von Zwangsabgaben<br />
<strong>zur</strong> Bedienung und Rückzahlung der <strong>Staatsverschuldung</strong> bewirkt dementsprechend auch,<br />
dass Kapitalgeber − jedenfalls unter „normalen“ Umständen − auf einen Risikozuschlag bei der<br />
Verzinsung der öffentlichen Schuldtitel verzichten. Nur bei sehr hohen und weiter zunehmenden<br />
Schuldenstandsquoten ist zu befürchten, dass die letztlich erforderlichen Steuererhöhungen ebenso<br />
wenig möglich sind wie eine weitere staatliche Kreditaufnahme. Dann besteht die Gefahr, dass<br />
sich der Staat seinen Verpflichtungen durch Entwertung der Staatsschuld entzieht.<br />
II. Erklärungsansätze der <strong>Staatsverschuldung</strong><br />
58. Wenn die Hauptwirkungen einer dauerhaften <strong>Staatsverschuldung</strong> in einer intergenerativen<br />
Umverteilung zu Lasten zukünftiger Generationen bestehen, liegt es nahe, die in den meisten entwickelten<br />
Volkswirtschaften zu beobachtenden hohen Schuldenstandsquoten über normative intergenerative<br />
Verteilungsurteile zu erklären. In der Tat lässt sich mit intergenerativen Gerechtigkeitsüberlegungen<br />
eine investitionsorientierte Verschuldung mit langfristig positiver Schuldenstandsquote<br />
rechtfertigen. In vielen Ländern liegen die Schuldenstandsquoten aber weit über dem<br />
unter Bezug auf Verteilungsurteile zu rechtfertigenden Niveau. Allokative Begründungen für eine<br />
staatliche Verschuldung können die dauerhaft hohen Schuldenstandsquoten ebenfalls nicht erklären.<br />
Am überzeugendsten erscheinen demgegenüber noch polit-ökonomische Erklärungsansätze.<br />
1. Allokative Erklärungsansätze<br />
59. Unter den allokativen Erklärungsansätzen für eine staatliche Verschuldung kommt vor allem<br />
zwei Ansätzen größere Bedeutung zu: der Theorie der Steuerglättung („Tax smoothing“) und dem<br />
Einsatz der <strong>Staatsverschuldung</strong> <strong>zur</strong> Glättung von konjunkturellen Schwankungen. Dabei besteht<br />
insofern ein enger Zusammenhang zwischen diesen beiden Ansätzen, als die Glättung konjunktureller<br />
Schwankungen als Unterfall der sich auch auf nicht konjunkturelle Einnahme- und Ausgabeschwankungen<br />
beziehenden „Tax-smoothing“-Theorie verstanden werden kann.<br />
Daneben existiert eine Reihe weiterer effizienztheoretischer Begründungen der <strong>Staatsverschuldung</strong>.<br />
So lassen sich etwa staatliche Schuldtitel theoretisch so konzipieren, dass sie einen Ersatz<br />
für das Fehlen von Humankapitalmärkten darstellen (Huber, 1990). Aber nicht alles was in der<br />
Theorie richtig ist, muss auch für die Praxis Bedeutung haben.<br />
„Tax smoothing“<br />
60. Der als „Tax smoothing“ bezeichneten Begründung einer staatlichen Verschuldung liegt eine<br />
einfache Idee zugrunde: Eine private Kreditaufnahme erfolgt in erster Linie <strong>zur</strong> intertemporalen<br />
Konsumglättung über den Lebenszyklus. Eine staatliche Verschuldung kann ganz analog die<br />
Funktion einer Glättung der Steuersätze oder der gesamtwirtschaftlichen Steuerquote in der Zeit<br />
übernehmen. Steuern verursachen volkswirtschaftliche Kosten in Form von Zusatzlasten, die in<br />
erster Approximation quadratisch mit der Höhe der Steuersätze variieren. Eine staatliche Verschuldung<br />
(oder Überschussbildung) erlaubt es, die optimale zeitliche Verteilung dieser steuerlichen<br />
Zusatzlasten vorzunehmen. Statt zeitlich schwankende Steuersätze infolge einer unstetigen