Staatsverschuldung wirksam begrenzen - Sachverständigenrat zur ...
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Erklärungsansätze der <strong>Staatsverschuldung</strong> 51<br />
wurden. Dazu zählen beispielsweise, ob sich der Produktivitätseffekt unmittelbar oder eher indirekt<br />
durch die Erhöhung der Produktivität der anderen Faktoren, insbesondere des privaten Kapitalstocks<br />
und des Faktors Arbeit, einstellt und ob sich Unterkategorien der öffentlichen Investitionen<br />
identifizieren lassen, deren Ertragsrate besonders hoch ist. Wirtschaftspolitisch bedeutsam<br />
sind zudem die kurzfristigen, konjunkturellen Effekte investiver Ausgaben: Fallen diese ähnlich<br />
aus wie bei den übrigen Staatsausgaben, dann wären Investitionen ein besonders geeignetes Stabilisierungsinstrument<br />
antizyklischer Fiskalpolitik, da sie sowohl kurzfristig als auch langfristig<br />
positive Effekte auf das Bruttoinlandsprodukt hätten. Die Lage der öffentlichen Haushalte und der<br />
nach wie vor bestehende strukturelle Konsolidierungsbedarf schließlich werfen die Frage nach<br />
möglichen Selbstfinanzierungseffekten öffentlicher Investitionen auf, mithin ob Einschnitte bei<br />
den investiven Ausgaben ungeachtet ihrer Wachstumseffekte einen sinnvollen Beitrag <strong>zur</strong> Haushaltskonsolidierung<br />
leisten oder ob öffentliche Investitionen nicht vielmehr eine Ausgabenkategorie<br />
darstellen, die in längerfristiger Perspektive ihre Finanzierung gleichsam automatisch sicherstellt<br />
und deshalb im Fall einer Kürzung die zukünftige Haushaltslage nicht verbessert und unter<br />
Umständen sogar verschlechtert.<br />
Die wachstumstheoretischen Überlegungen <strong>zur</strong> Goldenen Regel der Finanzpolitik unterstellen zumindest<br />
implizit eine Produktionsfunktion, in die neben privatem Kapital, Arbeit und technischem<br />
Wissen noch öffentliches Kapital eingeht. Es liegt daher nahe, für eine empirische Überprüfung<br />
der Erträge öffentlicher Investitionen diesen Ansatz eins zu eins zu übertragen und eine Produktionsfunktion,<br />
oder alternativ eine Kostenfunktion, zu schätzen. Die so ermittelte Produktionselastizität<br />
des öffentlichen Kapitalstocks ist dann ein Maß für dessen gesamtwirtschaftlichen Ertrag.<br />
Dieser ursprünglich auch in einer Reihe von empirischen Untersuchungen verfolgte Ansatz<br />
(exemplarisch Aschauer 1989a, 1989b) weist aber eine Reihe methodischer Probleme auf<br />
(Demetriades und Mamuneas, 2000; Perotti, 2004; IMF, 2004): Erstens sind die in einer Produktionsfunktion<br />
verwendeten privaten Einsatzfaktoren und der Output beide endogen, so dass die<br />
Schätzung verzerrt ist; dies lässt sich auch nicht durch den Übergang zu einer Kostenfunktion<br />
lösen, da auf der betrachteten hochaggregierten Ebene und somit anders als bei der Betrachtung<br />
eines Unternehmens die Faktorpreise ebenfalls endogen sein dürften. Zweitens stellt die mit der<br />
Verwendung einer Produktions- oder Kostenfunktion verbundene Festlegung auf eine bestimmte<br />
funktionale Form eine erhebliche Beschränkung der im Modell zugelassenen Interaktionen<br />
zwischen den Variablen dar. Drittens ist bei Verwendung einer Produktions- oder Kostenfunktion<br />
der primäre Wirkungskanal öffentlicher Investitionen der eines Inputfaktors für den privaten<br />
Sektor. Staatsausgaben – egal ob konsumtiv oder investiv − können über Vermögenseffekte sowie<br />
intra- und intertemporale Substitutionseffekte aber zusätzliche Effekte auf das Bruttoinlandsprodukt<br />
haben, die in diesem Modelltyp nicht erfasst werden, ganz abgesehen von den kurzfristigen<br />
Nachfrageeffekten, wie sie in neukeynesianischen Modellen auftreten. Viertens schließlich vernachlässigen<br />
die meist statischen Schätzgleichungen in den Niveaus der Variablen nicht nur die<br />
Zeitstruktur der Wirkung öffentlicher Ausgaben auf das Bruttoinlandsprodukt und andere Aggregate,<br />
sondern können aufgrund gemeinsamer Trends in den Variablen auch zu Scheinkorrelationen<br />
führen.<br />
Dem Problem der Scheinkorrelation lässt sich zwar durch die Verwendung von Querschnittsdaten<br />
oder Paneldaten begegnen, doch besteht dann die Gefahr, dass die Ergebnisse von anderen Besonderheiten<br />
der Beobachtungseinheiten (Länder, Bundesstaaten) getrieben werden. Entsprechend fal-