Der Bayerwald - Bayerischer Wald Verein
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Ausgabe 3/2009 <strong>Der</strong> <strong>Bayerwald</strong> Seite 25<br />
regelmäßige Zergliederung des Gesteins bereits<br />
unter der Erdoberfläche.<br />
Sie alle kennen die markanten Erscheinungen,<br />
die durch dieses eigentümliche Altern<br />
von Granitkörpern erklärt werden können:<br />
den Dreisessel, den Wackelstein bei Solla<br />
oder eben auch das Blockmeer am Lusen,<br />
das wir eingangs erwähnten.<br />
Eines muss uns beim Anblick dieser geologischen<br />
Phänomene stets bewusst bleiben.<br />
Die erdgeschichtliche Dynamik hinter den<br />
endlos langsamen Wandlungsvorgängen können<br />
wir Menschen nicht erfassen. Wir blicken<br />
dabei lediglich in ein winziges Zeitfenster,<br />
das im Vergleich zu geologischen Epochen<br />
verschwindend klein ist. Man könnte es so<br />
ausdrücken: Es existiert auf der einen Seite<br />
eine Zeit des Steins, die in vollkommen anderen<br />
Maßstäben zu messen ist als – auf der<br />
anderen Seite – unsere Zeit des Menschen.<br />
In Letztere wollen wir uns nun begeben und<br />
unseren Blick durch die vergangenen Jahrhunderte<br />
streifen lassen. Steinreich – um auf<br />
diesen Begriff zurückzukommen, das hat für<br />
die Alten zweierlei Bedeutung: Fluch und<br />
Segen. Auf der einen Seite liegen die Steine<br />
im Weg und müssen beseitigt werden, um die<br />
Fläche landwirtschaftlich nutzen zu können.<br />
Auf der anderen Seite kann man aus ihnen<br />
dauerhafte Dinge fertigen. Steinalte Zeugnisse<br />
belegen die früh einsetzende Nutzung<br />
des Granits für vielfältige Gebrauchs-, Erinnerungs-<br />
oder Kultobjekte.<br />
Gattersäulen, Krautbottiche, Futter- und Wassertröge<br />
(die man mundartlich Barren und<br />
Grand nannte), Gredplatten oder Stufen: Das<br />
sind die uns bis heute geläufigen Dinge aus<br />
dem bäuerlichen Umfeld, die über Jahrhunderte<br />
hinweg im Bayerischen <strong>Wald</strong> aus Granit<br />
hergestellt werden – vor allem im ansonsten<br />
arbeitsarmen Winter. Adalbert Stifter berichtet<br />
uns von „den Leuten, welche in einem<br />
Steingefilde der Wälder sitzen und Tröge,<br />
Schwellen, Kufen, Platten, Würfel, Bottiche<br />
aus Steinen hauen“.<br />
Diese treffende Beobachtung verweist darauf,<br />
dass die Steinhauer ihre Arbeit dort<br />
erledigen, wo sie das Rohmaterial finden.<br />
Die fertige Arbeit, die später abtransportiert<br />
werden muss, wiegt schließlich bedeutend<br />
weniger als der rohe Block. Unbeabsichtigte<br />
Überbleibsel belegen diese Gewohnheit,<br />
wie zum Beispiel ein unfertiger Bottich am<br />
Schwarzkopf bei Herzogsreut. Paul Praxl, der<br />
profundeste Kenner der Granitgeschichte unserer<br />
Region, hat ihn 1982 fotografiert und<br />
Steinernes Meer in der Nähe des Plöckensteins.<br />
Foto: Winfried Helm<br />
Granit<br />
Granit<br />
Urvater,<br />
gestrenger Hort<br />
aller Ängste.<br />
Du sprichst nie,<br />
lächelst nie,<br />
Flechten,<br />
graue und gelbe Flechten,<br />
sind deine Kinder.<br />
Taufbecken<br />
und Grabstein<br />
der Welt. Hubert Weinzierl<br />
Entnommen dem Büchlein „NaturalienKabinett“,<br />
Passavia, Passau.