Der Bayerwald - Bayerischer Wald Verein
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Ausgabe 3/2009 <strong>Der</strong> <strong>Bayerwald</strong> Seite 33<br />
von ca. sieben Metern und ein Gewicht von<br />
knapp 34 Tonnen hatten, stellen eine riesige<br />
Herausforderung dar.<br />
Als problematisch erweist sich vor allem der<br />
Transport der Monolithe nach Passau. Ein<br />
erster Versuch scheitert. Die vorhandenen<br />
Verkehrswege sind schlichtweg untauglich<br />
für solche Schwertransporte. Im November<br />
1846 greift König Ludwig höchstpersönlich<br />
ein und entwirft eigenhändig eine Verfügung,<br />
die die Befestigung der Straßen und Brücken<br />
von Hauzenberg nach Passau fordert. Endlich<br />
gelangen die 18 kleineren Säulen – von denen<br />
jede „nur“ 6,5 Tonnen wiegt – nach Passau<br />
und weiter mit dem Schiff nach Kelheim.<br />
Da stirbt Architekt Gärtner am 21. April 1847.<br />
<strong>Der</strong> Bau der Befreiungshalle wird zunächst<br />
eingestellt. Bereits fünf Tage nach dem Tod<br />
Gärtners trägt König Ludwig dem Architekten<br />
Leo von Klenze die Vollendung der Befreiungshalle<br />
auf. Klenze verwirft den Plan<br />
seines alten Widersachers Gärtner, sieht darin<br />
nur „häßliche, allerrohste und gemeinste Formen“.<br />
Er baut nach seinem eigenen Entwurf.<br />
Die bereits gelieferten bzw. gefertigten und<br />
im Bruch liegenden großen Hauzenberger<br />
Säulen werden dadurch überflüssig! Aber<br />
auch Klenze will Hauzenberger Granit für<br />
die Befreiungshalle. Im Sommer 1849 besucht<br />
er die Hauzenberger Steinbrüche, um<br />
den Granit vor Ort auszuwählen. 1851 bestellt<br />
Klenze 72 Säulen aus fehlerfreiem, gelbgrauem<br />
Hauzenberger Granit.<br />
Was aber geschieht mit den großen Hauzenberger<br />
„Monolithen“, die während der<br />
Bauphase überflüssig geworden waren? Die<br />
Säulen liegen nach wie vor im Freudensee-<br />
Bruch – als Eigentum Ludwigs I. beziehungsweise<br />
des bayerischen Königshauses.<br />
1890 kauft der Hauzenberger Granitwerksbesitzer<br />
Josef Kinateder den Freudensee-Bruch.<br />
1899 gelingt es dem geschickten Geschäftsmann,<br />
die Säulen – um einen sehr geringen<br />
Preis – zu erwerben. Nach der Fertigstellung<br />
der Bahnlinie nach Hauzenberg werden zwei<br />
der noch 17 vorhandenen „Monolithe“ nach<br />
München verkauft und im September 1908<br />
mit der Bahn verfrachtet. Allein der Transport<br />
– mittels Winde und Pferdekraft – vom<br />
Bruch zum zweieinhalb Kilometer entfernten<br />
Bahnhof dauert sieben Wochen!<br />
In München werden die beiden Säulen 1910<br />
im Zuge des Erweiterungsbaues der Universität<br />
aufgestellt. Sie bilden seitdem die Flankierung<br />
des rückwärtigen Eingangs an der Amalienstraße.<br />
Die restlichen 15 Säulen bleiben<br />
im Bruch liegen und werden (angeblich) nach<br />
und nach zu Pflastersteinen aufgearbeitet!<br />
Nur ein Säulenfragment überlebt, weil es sich<br />
im Abraum versteckt. Dieser 4,60 Meter hohe<br />
Stumpf steht heute vor dem Granitzentrum<br />
<strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong> in Hauzenberg.<br />
Mit der Geschichte von den königlichen Monolithen<br />
sind wir der Zeit vorausgeeilt. Entscheidendes<br />
hat sich in den übersprungenen<br />
Jahrzehnten seit der Mitte des 19. Jh. ereignet.<br />
Das Natur steingewerbe des Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong>es ist eine Boombranche geworden. Für<br />
das Jahr 1859 wissen wir beispielsweise, dass<br />
täglich 100 Fuhren Granit die Hauzenberger<br />
Brüche verlassen.<br />
Und das ist alles erst der Anfang: Das Traumpaar<br />
Granitpflasterstein und Eisenbahnbau<br />
bringt den Stein erst so richtig ins Rollen. Ab<br />
der Mitte des 19. Jahrhunderts kommt es zu<br />
einer riesigen Nachfrage nach Pflas tersteinen<br />
aus Granit; die großen Metropolen – Wien,<br />
Budapest, München oder Augsburg – ordern<br />
Unmengen an Granitwürfeln.<br />
Und die Eisenbahn bringt den Boom tief hinein<br />
in den Bayerischen <strong>Wald</strong>, in Gegenden,<br />
die vorher vom – durchaus wörtlich zu nehmenden<br />
– Verkehrsfluss abgeschnitten waren.<br />
Schon der Bahnbau selbst erfordert riesige<br />
Mengen von Granitmaterial: für Bahndämme,<br />
Brücken, Durchlässe, Bahnhöfe. Wo immer<br />
es geht, holt man das für den Bahnbau benötigte<br />
Material aus der nächsten Nähe. Entlang<br />
der Strecken entstehen so neue Brüche, wie<br />
zum Beispiel an der Ilz bei Fischhaus.