Teilhabeplan - Landkreis Biberach
Teilhabeplan - Landkreis Biberach
Teilhabeplan - Landkreis Biberach
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2.5 Stationäres Wohnen<br />
II.2 Kinder und Jugendliche 41<br />
Fast alle Kinder und Jugendliche mit geistiger, körperlicher oder mehrfacher Behinderung<br />
wachsen bei ihren Eltern auf. In der Regel verändert sich erst ab dem Schulabschluss<br />
auch die Wohnsituation. Teilweise erfolgt aber auch schon vor dem Ende der Schulzeit<br />
ein Umzug in ein Wohnheim, in seltenen Einzelfällen auch in eine ambulant betreute<br />
Wohngemeinschaft. Dafür gibt es verschiedene Gründe, z. B. ein hoher pflegerischer Bedarf.<br />
Für die Eltern selbst stellt die Entscheidung, das eigene Kind „in fremde Hände“ zu<br />
geben, in der Regel einen schweren Schritt dar. In einigen Fällen kann sie jedoch die einzige<br />
mögliche Lösung sein - sowohl zum Wohle des Kindes als auch der Eltern.<br />
Die professionelle Unterstützung in Heimen kann die eigene Familie, den Kontakt zu Eltern<br />
und Geschwistern, nicht ersetzen. Sie kann aber ein familienähnliches Lebensumfeld<br />
schaffen und Geborgenheit vermitteln. Stationäre Wohnheime stellen die individuelle Basisversorgung,<br />
pflegerische Hilfen und die alltägliche Lebens- und Haushaltsführung sicher.<br />
Sie helfen und unterstützen bei der individuellen Lebens- und Freizeitgestaltung. Die<br />
Kinder werden in ihren sozialen Kompetenzen und lebenspraktischen Fähigkeiten gefördert,<br />
während der (Vor-)Schulzeit begleitet und auf das Erwachsenenleben vorbereitet. 43<br />
Bei anderen Kindern wäre eine Versorgung in der Familie aufgrund der Behinderung zwar<br />
grundsätzlich möglich, die Belastung für die übrigen Familienmitglieder wird jedoch so<br />
hoch, dass das Familiensystem droht, auseinander zu brechen. Das gilt vor allem dann,<br />
wenn die Belastung für die Hauptpflegeperson, in der Regel die Mutter, zu groß wird und<br />
durch die Überlastung deren Gesundheit dauerhaft gefährdet wird. Besonders hohe Belastungen<br />
entstehen dann, wenn die Behinderung mit herausfordernden Verhaltensweisen<br />
einhergeht oder wenn ein hoher Betreuungs- und Pflegebedarf rund um die Uhr, besonders<br />
nachts, erforderlich ist. Die Betreuung und Pflege von Kindern mit sehr schwerer<br />
Behinderung setzt, besonders wenn die Kinder größer werden, zudem pflegegerechten<br />
Wohnraum mit ausreichend Platz für Hilfsmittel voraus, der nicht in jeder Familie gegeben<br />
ist. 44<br />
Wie Kinder ohne Behinderung, lebt auch ein Teil der Kinder mit geistiger und mehrfacher<br />
Behinderung in instabilen Familien mit geringen ökonomischen und sozialen Ressourcen.<br />
Auch Eltern von Kindern mit Behinderung trennen sich oder lassen sich scheiden. Wesentlich<br />
dabei ist, dass die Überforderung nicht durch die Behinderung des Kindes allein<br />
verursacht, sondern vielmehr durch die Behinderung potenziert wird. Auch akute und drohende<br />
Fälle von Kindeswohlgefährdung treten unabhängig von der Behinderung des Kindes<br />
auf. Einige Kinder mit geistiger Behinderung leben in Verhältnissen, in denen sie unter<br />
Vernachlässigung und Verwahrlosung leiden, Gewalt oder sexuellem Missbrauch ausgesetzt<br />
sind oder in denen die Suchterkrankung eines oder beider Elternteile das Heranwachsen<br />
störend beeinflußt. 45 Der Schutz des Kindes hat hier absoluten und unabdingbaren<br />
Vorrang. Ist das Kindeswohl nicht auf anderem Wege zu gewährleisten, bringen die<br />
Jugendämter Kinder und Jugendliche auch gegen den Willen der Sorgeberechtigten in<br />
einer Einrichtung unter. Die Behinderung des Kindes spielt in diesen Fällen meist keine<br />
oder zumindest eine untergeordnete Rolle für die Heimunterbringung. 46<br />
43 Rahmenvertrag nach § 79, Abs. 1 SGB XII vom 25. November 2003 zu den Leistungs-, Vergütungs- und<br />
Prüfungsvereinbarungen für stationäre und teilstationäre Einrichtungen in Baden-Württemberg<br />
44 KVJS, Dezernat Soziales und Integration: Heime für junge Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung<br />
in Baden-Württemberg. Reihe „KVJS-Service Behindertenhilfe“. Stuttgart Juli 2008. S. 12<br />
45 KVJS, Dezernat Soziales und Integration: Heime für junge Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung<br />
in Baden-Württemberg. Reihe „KVJS-Service Behindertenhilfe“. Stuttgart Juli 2008. S. 12<br />
46 KVJS, Dezernat Soziales und Integration: Heime für junge Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung<br />
in Baden-Württemberg. Reihe „KVJS-Service Behindertenhilfe“. Stuttgart Juli 2008. S. 21