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KLARTEXT - Sparkassenzeitung

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14<br />

MANAGEMENT<br />

„Wenn Sparkassen in sozialen Medien<br />

plötzlich von ‚coolen Gewinnspielen‘ reden,<br />

kommt das nicht authentisch rüber.“<br />

Argumente und die Unterscheidbarkeit<br />

von anderen Instituten – etwa durch bessere<br />

Verständlichkeit.<br />

In Sachen Transparenz setzen viele Unternehmen<br />

auf soziale Medien wie Facebook<br />

oder Twitter. Wie sollte die Finanzwirtschaft<br />

mit diesen Netzwerken umgehen?<br />

Brettschneider: Banken können soziale<br />

Medien als Kanal und Seismograf<br />

nutzen. Sie zeigen die Stimmung in den<br />

relevanten Zielgruppen und was den<br />

Kunden wichtig ist. Zudem kann man<br />

in sozialen Netzwerken viel zielgenauer<br />

kommunizieren als in anderen Medien.<br />

Die GLS Bank hat es geschafft, durch Social<br />

Media zum Krisengewinnler zu werden:<br />

Sie nutzt das mangelnde Vertrauen<br />

der Kunden zu den Banken und verbindet<br />

es mit nachhaltigen Anlageformen.<br />

Damit hat sie enormen Erfolg. Auch für<br />

die Sparkassen bieten sich hier Chancen.<br />

Während sie früher als eher langweilig<br />

und unsexy galten, sind sie in der Krise<br />

auf einmal wieder interessant.<br />

man bedienen müssen, weil die jüngeren<br />

Kunden sich sonst andere Banken suchen.<br />

Durch Onlinebanking hat die Bindung<br />

an die Filiale nachgelassen – gerade<br />

bei den Jungen. Sie sind es gar nicht mehr<br />

gewohnt, zur Bank zu gehen, selbst wenn<br />

sie mal einen Berater brauchen. Deswegen<br />

muss online ein Ansprechpartner<br />

da sein, den man als Kunde schnell findet.<br />

Da ist es doch vernünftig, in sozialen<br />

Netzwerken präsent zu sein.<br />

Wenn man in diesen Medien mit jungen Menschen<br />

kommuniziert, muss man sich den dort<br />

vorherrschenden Sprachcodes anpassen?<br />

Brettschneider: Anbiedern sollte man<br />

sich auf keinen Fall, das kann schnell<br />

peinlich werden. Wenn Sparkassen plötzlich<br />

von „coolen Gewinnspielen“ reden,<br />

kommt das nicht authentisch rüber.<br />

Diese Sprache passt vielleicht zu Sportartikelherstellern,<br />

aber nicht zu Rentenzertifikaten.<br />

Bei Banken ist es das Verlässliche,<br />

Solide und vielleicht auch das<br />

Nachhaltige, das überzeugt.<br />

Zur Person<br />

Prof. Frank Brettschneider (45) ist seit April<br />

2006 Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft<br />

der Universität Hohenheim.<br />

Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen<br />

das Communication Performance Management,<br />

die Medienwirkungsforschung, die<br />

Wahl- und Einstellungsforschung sowie das<br />

Themenmanagement in Wirtschaft und Politik.<br />

Nach dem Studium der Politikwissenschaft,<br />

Publizistik und Jura an der Universität Mainz<br />

wurde Brettschneider in Stuttgart zum Thema<br />

„Öffentliche Meinung und Politik“ promoviert.<br />

2002 folgte die Habilitation zum Thema<br />

„Spitzenkandidaten und Wahlerfolg“. Vor<br />

seiner Berufung an die Uni Hohenheim war<br />

Brettschneider Professor für Kommunikationswissenschaft<br />

an der Universität Augsburg.<br />

Bislang sind die Sparkassen in den sozialen<br />

Medien noch zurückhaltend. Wie groß ist der<br />

Druck, dort präsent zu sein?<br />

Brettschneider: Die neuen Kanäle wird<br />

Welche Themen sind geeignet, um sie auf<br />

Facebook zu besprechen?<br />

Brettschneider: Geeignet sind Themen,<br />

die zum guten Ruf des Unternehmens<br />

Taktisches Verschleiern – wie verständlich sind Politiker?<br />

Frank Brettschneider beschäftigt sich seit<br />

Langem mit politischer Kommunikation.<br />

„Wenn es um ihre Erfolge geht, drücken sich<br />

Politiker gern verständlich aus, auch damit sie<br />

in der Tagesschau zitiert werden“, weiß der<br />

Wissenschaftler. Ex-Kanzler Gerhard Schröder<br />

beherrsche die Kunst der verständlichen Rede<br />

in einfachen Subjekt-Prädikat-Objekt-Sätzen.<br />

Bei ihm könne man sich einiges abschauen,<br />

wenn es um Verständlichkeit geht.<br />

Aber auch im Vernebeln unpopulärer<br />

Entscheidungen sei Schröder ein Meister:<br />

Die Agenda 2010 etwa habe er mit komplizierten<br />

Schachtelsätzen und Fachbegriffen<br />

abgehandelt. „Taktisches Verschleiern“ nennt<br />

Brettschneider das. Geldinstituten rät er von<br />

einem solchen Vorgehen ab, selbst wenn es<br />

um unangenehme Themen gehe. „Man sollte<br />

die Menschen lieber direkt ansprechen, statt<br />

abstrakt zu bleiben“, sagt er. Zustimmung<br />

hänge auch von Verständlichkeit ab. Das beste<br />

Beispiel dafür sei der heutige Verteidigungsminister<br />

Karl-Theodor zu Guttenberg. Selbst<br />

bei unpopulären Maßnahmen wie der Opel-<br />

Sanierung habe er jeden Schritt genau erklärt<br />

Hohe Sympathiewerte<br />

dank klarer<br />

Sprache: CSU-Politiker<br />

Karl-Theodor zu<br />

Guttenberg.<br />

und sich damit hohe<br />

Sympathiewerte verdient.<br />

Die Bevölkerung<br />

fordere diese Art der<br />

Rechenschaft immer<br />

mehr ein, sowohl von<br />

Politikern als auch von<br />

Wirtschaftsmanagern.<br />

„Mit dem steigenden<br />

Bildungsniveau geht<br />

auch ein höheres<br />

Selbstbewusstsein<br />

einher. Die Menschen<br />

fühlen sich in der Lage,<br />

mitzureden“, so Brettschneider.<br />

Besonders<br />

eindringlich wirke die Verwendung von bildhafter<br />

Sprache. Diese sei das Steckenpferd des<br />

ehemaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering.<br />

„Man denke nur an die ‚Heuschrecken‘: Er<br />

hätte ‚Finanzinvestoren‘ sagen können, aber<br />

das wäre nicht hängen geblieben. Die Heuschrecke<br />

ist gefräßig, sie fällt in Schwärmen<br />

über etwas her und zieht dann weiter – ein sehr<br />

starkes Bild“, lobt Brettschneider.<br />

beitragen. Das können Aktivitäten sein,<br />

in denen das soziale Engagement zum<br />

Ausdruck kommt, beispielsweise die Unterstützung<br />

eines Kindergartens durch<br />

eine Sparkasse. Aber auch für das Management<br />

ist Facebook ein wichtiges<br />

Reputationsinstrument. Es ist durchaus<br />

denkbar, die Frage der künftigen Unternehmensstrategie<br />

online zu diskutieren:<br />

Was sind die Anforderungen an ein Geldinstitut<br />

in der Zukunft? Für so etwas eignet<br />

sich Facebook wunderbar.<br />

Inwieweit sollte ein Vorstandssprecher dort<br />

in Erscheinung treten?<br />

Brettschneider: Die Personalisierung in<br />

den Medien schreitet weiter voran. CEOs<br />

und andere Vorstandsmitglieder spielen<br />

eine immer größere Rolle bei der Selbstdarstellung<br />

von Unternehmen. Das wird<br />

auch im Internet spürbar werden. Man<br />

kann sich natürlich dagegen stemmen<br />

und nicht mitmachen – dann tritt man<br />

aber in den Medien weniger in Erscheinung.<br />

Die Wirtschaftsberichterstattung<br />

besteht nicht mehr nur aus nackten Zahlen<br />

und Fakten, sondern sie erzählt Geschichten.<br />

Als Unternehmen muss man<br />

damit umgehen und entscheiden, ob ein<br />

Vorstand oder mehrere das „Storytelling“<br />

in den Medien übernehmen. Mit der Ein-<br />

Personen-Strategie macht sich das Unternehmen<br />

natürlich sehr abhängig. Das<br />

kann gut gehen – aber eben auch nicht.<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 1

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