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FORUM 21<br />

ausreichend gesichert?<br />

deutscher Finanzdienstleister? Reicht der aktuelle Schutz vor Hackern, Whistleblowern & Co.?<br />

4. Müssen stärkere Sicherheits- und<br />

Überwachungsmaßnahmen künftig<br />

auch für Mitarbeiter gelten?<br />

5. Ist Schutz überhaupt technisch zu<br />

gewährleisten – oder muss sich die<br />

Unternehmenskultur ändern?<br />

6. Der Geist scheint aus der Flasche.<br />

Lässt er sich mit neuen technischen<br />

Mitteln wieder einfangen?<br />

Unternehmens: Maskierte Wikileaks-Aktivisten<br />

Interesse der Medien rechnen.<br />

FOTO: DPA<br />

1. Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit,<br />

nirgends. Ob beim Feuerschutz<br />

oder bei Soft- und Hardware-technischen<br />

Lösungen – es bleibt immer ein Restrisiko.<br />

Gerade bei komplexen Systemen wie<br />

einer Banksoftware, die sich aus Kerntechniken,<br />

Marketing-, Controlling- und<br />

Überwachungsinstrumenten zusammensetzt,<br />

finden Angreifer immer wieder<br />

Lücken. Die meisten Betrachter fokussieren<br />

bei einer Banksoftware nur das<br />

Frontend: Geldautomaten, Schaltertische<br />

oder Webpage. Aber die kritischen Zonen<br />

sind an anderer Stelle. Von den Arbeitsräumen<br />

des Unternehmens aus gelangen<br />

die Mitarbeiter ins Internet und können<br />

sich dort mit allem Möglichen infizieren.<br />

Nicht von der Banking-Anwendung, vom<br />

08/15-PC des Mitarbeiters geht die Gefahr<br />

aus. Dabei sind wir in Deutschland besser<br />

geschützt als in anderen Ländern.<br />

2. Geheimnisverrat hat es immer schon<br />

gegeben. Wikileaks ist wegen der Brisanz<br />

und der Menge der „ge-leakten“ Daten<br />

präsent. Eine solche Plattform gab es zuvor<br />

noch nicht. Vor diesem Phänomen<br />

haben Politik und Unternehmen<br />

eine Riesenangst,<br />

beide wollen, dass Informationen<br />

über sie geheim<br />

bleiben. Problematischer als<br />

Wikileaks ist allerdings der<br />

Identitätsdiebstahl, dazu<br />

gehören etwa Phishing und<br />

Trojaner. Dieser Bereich hat<br />

sich zu einer Underground-<br />

Economy entwickelt. Malware,<br />

„bösartige Software“,<br />

und die dazugehörigen Kommunikationsmechanismen<br />

programmieren und hosten<br />

rund 100 junge Russen oder<br />

Ukrainer und ihrer Helfershelfer<br />

dort, wo die Polizei<br />

dieser Welt wenig Zugriff<br />

hat. Bei dieser Industrie<br />

kann man 100.000 infizierte<br />

Rechner in Deutschland buchen,<br />

um beispielsweise ein<br />

Finanz institut anzugreifen.<br />

3. Awareness, die Aufmerksamkeit<br />

für mögliche Gefahren,<br />

und der Einsatz von<br />

Hard- und Software lassen<br />

sich nicht gegeneinander<br />

ausspielen. Hardware allein<br />

löst das Problem nicht.<br />

Man denke an die Token,<br />

Hardwarekomponenten zur<br />

Identifizierung und Authentifizierung<br />

von Benutzern,<br />

die mathematisch gelungen<br />

sind. Auf Seiten des Nutzers<br />

aber gibt es ein Problem:<br />

Wen ihn ein „Trojaner“ auf<br />

eine Internetseite führt und<br />

behauptet, sein Token sei<br />

nicht mehr synchronisiert,<br />

er möge seine Daten noch<br />

einmal eingeben, macht<br />

der User unter Umständen<br />

genau das. In diesen Fällen<br />

schützt kein Sicherheitsmechanismus.<br />

Genau hier verläuft eine<br />

Grenze: Banken arbeiten für die ganze<br />

Bevölkerung. Um jeden zu bedienen,<br />

darf man keine Technik einsetzen, die<br />

ein Großteil der Kunden nicht verstünde.<br />

Das schränkt die Möglichkeiten ein.<br />

4. Wir brauchen einen offenen Umgang<br />

mit dem Thema und strategisches Investment.<br />

Alles läuft auf ein klassisches<br />

Drei-Säulen-Konzept wie beim Militär<br />

hinaus: Protect, Detect und React. Schützen,<br />

soweit es geht, Minimieren des Restrisikos<br />

und bei einem Vorfall schnelle<br />

CONTRA<br />

„Es gibt<br />

keinen vollständigen<br />

technischen<br />

Schutz. Zudem<br />

werden die<br />

Sicherheitsabteilungen<br />

häufig nur als<br />

Kostenfaktor<br />

gesehen.“<br />

Christoph Fischer,<br />

Geschäftsführer<br />

BFK edvconsulting<br />

Reaktion und konsequentes<br />

Law-Enforcement, Strafverfolgung<br />

der Täter. Überträgt<br />

man dies auf das Online-<br />

Banking, erfordert das zum<br />

einen Aufklärung des Kunden.<br />

Auch die Mitarbeiter<br />

müssen intensiv geschult<br />

werden und Sicherheitsmechanismen<br />

an die Hand bekommen.<br />

Mitarbeiter lassen<br />

sich nicht überwachen, das<br />

ist in Deutschland durch Datenschutz<br />

und Fernmeldegeheimnis<br />

stark limitiert.<br />

5. Es gibt keinen vollständigen<br />

technischen Schutz.<br />

Zudem werden die Sicherheitsabteilungen<br />

häufig nur<br />

als Kostenfaktor gesehen<br />

und finden oft nicht das nötige<br />

Gehör. Man muss prinzipiell<br />

eine Unternehmenskultur<br />

forcieren, in der solche<br />

Lecks nicht auftauchen können.<br />

Eine gewisse Geschäftsethik<br />

gehört ebenfalls dazu.<br />

Dennoch kann es immer<br />

einen unzufriedenen Mitarbeiter<br />

geben, der mit einem<br />

USB-Stick oder Wissen im<br />

Kopf das Unternehmen verlässt<br />

und Daten weiter trägt.<br />

6. Der Krieg wird weitergehen.<br />

Die Täter sind enorm<br />

kreativ, sie reagieren auf<br />

jede Änderung. Das ist ein<br />

Rüstungswettlauf, bei dem<br />

beide Seiten ständig neue<br />

Mittel einsetzen. Das kostet<br />

Geld. Auf der anderen Seite<br />

summieren sich die einzelnen<br />

kleinen Schadensfälle<br />

mittlerweile zu Milliardensummen.<br />

Clevere Techniken,<br />

die Zusammenarbeit<br />

von Banken, Industrie und Staat sind<br />

ebenso gefragt, wie eine bessere internationale<br />

Zusammenarbeit beim Law-<br />

Enforcement. Dabei kommt es auch auf<br />

Schnelligkeit an. In Deutschland sind die<br />

Gerichte mit der richtigen Einschätzung<br />

dieser Themen und Fälle oft überfordert.<br />

Hier sind Lücken zu schließen. Wenn die<br />

Beteiligten nicht aufpassen, könnten die<br />

Menschen das Vertrauen ins Internet, ins<br />

Onlinebanking oder das E-Government<br />

verlieren. <br />

n<br />

Die Fragen stellte Thomas Schindler.<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 1

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