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20<br />

FORUM<br />

Wikileaks: Sind Geschäftsdaten<br />

Auch Banken geraten ins Visier der Enthüllungsplattform. Wie steht es um die Informationssicherheit<br />

1. Grundsätzlich bin ich davon<br />

überzeugt, dass der technische<br />

Schutz bei Finanzdienstleistern<br />

ausreichend<br />

ist. Allerdings gilt auch für<br />

Finanzdienstleister, dass es<br />

häufig an der sauberen Umsetzung<br />

hapert. Wikileaks<br />

hat gezeigt, dass Dokumente<br />

relativ problemlos aus Behörden<br />

und Unternehmen<br />

herausgeschmuggelt werden<br />

können, weil zu viele<br />

Personen regulären Zugriff<br />

auf sie haben. Das Need-toknow-Prinzip<br />

und die restriktive<br />

Vergabe und der<br />

Entzug der Zugriffsrechte<br />

werden nicht immer konsequent<br />

umgesetzt. Auf die<br />

in Wikileaks kürzlich veröffentlichten<br />

Diplomaten-Depeschen<br />

hatten offenbar Millionen<br />

Menschen regulären<br />

Zugriff.<br />

2. Die Skandale um Wikileaks<br />

haben den Finger auf<br />

eine sensible Wunde gelegt.<br />

An dieser Stelle sind nicht<br />

Berater gefragt, sondern<br />

die Unternehmensleitung:<br />

Sie muss konsequent dafür<br />

sorgen, dass der Zugriff auf<br />

Daten beschränkt bleibt und<br />

nur derjenige Zugriff hat,<br />

der ihn qua Aufgabenstellung<br />

haben muss. Wenn dem<br />

nicht so ist, wäre das eine<br />

Sorgfaltspflichtverletzung<br />

des Managements. Zwar<br />

ist gerade in Finanzinstituten<br />

das Problembewusstsein<br />

vorhanden, dennoch<br />

herrscht auch in dieser Branche<br />

eine gewisse Nachlässigkeit.<br />

Führungskräfte verlassen<br />

sich zu oft auf ihre IT und<br />

kontrollieren nicht hinreichend selbst.<br />

Und weil Führungskräfte in Finanzunternehmen<br />

in der Regel keine Techniker<br />

sind, wissen sie nicht immer, was zu prüfen<br />

ist und welche Fragen sie ihrem IT-<br />

Leiter stellen müssten. Das IT-Problem ist<br />

also kein rein technisches, sondern immer<br />

auch ein organisatorisches.<br />

3. Wer ein sicheres Unternehmen haben<br />

will, braucht die Sensibilität auf der obersten<br />

Führungsebene – als Vorbild und<br />

Forderung. Es geht um die Sorgfalt bei<br />

der Umsetzung von Schutzmechanismen<br />

PRO<br />

„Grundsätzlich<br />

bin ich davon<br />

überzeugt,<br />

dass der<br />

technische<br />

Schutz bei<br />

Finanzdienstleistern<br />

ausreichend<br />

ist.“<br />

Dirk Fox,<br />

Geschäftsführer<br />

Secorvo Security<br />

Consulting<br />

und bei der Organisation<br />

von Sicherheit im Unternehmen<br />

nach grundsätzlichen<br />

Prinzipien wie dem Need-toknow-Prinzip,<br />

um klare Verantwortungszuweisungen<br />

und um gegenseitige Kontrolle.<br />

Wird das konsequent<br />

umgesetzt, entstehen die<br />

meisten Probleme gar nicht.<br />

Dazu muss man keine einzige<br />

neue Technik einführen<br />

und keine zusätzlichen<br />

Überwachungssysteme<br />

installieren, weil einer Vielzahl<br />

von Bedrohungen die<br />

Grundlage entzogen wird.<br />

Natürlich ist es nicht auszuschließen,<br />

dass eine Person<br />

sich mit böser Absicht oder<br />

unter Überschreitung ihrer<br />

Befugnisse widerrechtlich<br />

Dokumente verschaffen will.<br />

Dieses Risiko bleibt – es lässt<br />

sich aber durch die Überwachungssysteme,<br />

die derzeit<br />

diskutiert werden, nicht<br />

wirksam reduzieren.<br />

4. Bei Verstößen gegen die<br />

Verschwiegenheitspflicht<br />

versuchen Unternehmen<br />

üblicherweise, den Informationsabfluss<br />

unter Nutzung<br />

technischer Logfiles zu belegen.<br />

Dabei muss extrem<br />

vorsichtig vorgegangen werden,<br />

um dem Ganzen nicht<br />

den Beweiswert zu nehmen.<br />

Unabdingbar ist dabei, dass<br />

die Vorgehensweise sauber<br />

dokumentiert wird. In<br />

jedem Einzelfall ist vorher<br />

zu prüfen, ob die Aufklärer<br />

auf bestimmte Dokumente<br />

überhaupt zugreifen dürfen,<br />

vor allem dann, wenn in<br />

Unternehmen die Privatnutzung<br />

von Telekommunikations- oder IT-<br />

Systemen erlaubt ist. Viele Unternehmen<br />

neigen dazu, – oft ein Auswuchs der Technikbegeisterung<br />

mancher Führungskräfte<br />

– sich auf technische Beweismittel zu<br />

fokussieren und das Einfachste unter den<br />

Tisch fallen zu lassen: das persönliche<br />

Gespräch. Welche Konsequenzen ein Unternehmen<br />

arbeitsrechtlich daraus zieht,<br />

hängt letztlich vom Einzelfall ab.<br />

5. Wenn sensible Daten zum Schaden des<br />

Unternehmens nach draußen gelangen,<br />

gehören immer zwei dazu: der Datendieb<br />

Fragen an die Kontrahenten<br />

1. Sind Daten, Hard- und Software,<br />

von Finanzdienstleistern ausreichend<br />

abgesichert?<br />

2. Sind die Reaktionen auf Wikileaks<br />

hysterisch und andere Sicherheitsprobleme<br />

viel entscheidender?<br />

3. Sollte der Schwerpunkt auf Achtsamkeit<br />

gelegt werden – oder auf<br />

Hard- und Software?<br />

Herausforderung für Datensicherheit und Kultur des<br />

agieren im Namen der Wahrheit und können mit viel<br />

und die Unternehmenskultur. Mitarbeiter,<br />

die stolz auf ihr Unternehmen sind,<br />

wollen diesem nicht schaden. Wenn, wie<br />

im Fall Wikileaks, Daten nach außen gegeben<br />

wurden, schien das den Handelnden<br />

offenbar der einzig gangbare Weg,<br />

um auf Missstände hinzuweisen. Eine<br />

Vertrauenskultur, die Kritik zulässt, hohe<br />

Loyalität und Identifikation mit dem<br />

Unternehmen sind ein extrem starker<br />

Schutzschild gegen Verrat. Deshalb waren<br />

die Security-Awareness-Kampagnen,<br />

die wir auch in vielen Unternehmen der<br />

Finanzbranche durchführten, im Kern<br />

Loyalitätskampagnen.<br />

6. Es sind die einfachen Dinge und eine<br />

positive Sicherheitskultur, mit denen<br />

man vorbeugen kann. Die meisten unerwünschten<br />

Informationsabflüsse basieren<br />

nicht auf aufwendiger Spionagetechnik,<br />

sondern jemand greift häufig ganz<br />

regulär auf Dokumente zu, die er im Rahmen<br />

seiner Arbeit nicht benötigt. Zwar<br />

schafft auch die beste Unternehmenskultur<br />

keine perfekte Sicherheit, aber sie ist<br />

ein starker Schutzschild. <br />

n<br />

S P A R K A S S E F E B R U A R 2 0 1 1

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