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INTAKE<br />
zweiten Tag ging die Fahrt von Kuruman<br />
nach Upington (rund 275 Kilometer). Die<br />
meist schnurgeraden Straßen befinden sich in<br />
einem guten Zustand, und am Tag bewegen<br />
sich die Temperaturen zwischen 32 und<br />
38°C. In der Nacht ist es hingegen recht kalt.<br />
In Upington machten wir drei Nächte Station<br />
und besuchten Orte wie Keimoes und<br />
Olifantshoek (Elephant’s Corner), an denen<br />
wir noch nie gewesen waren. Auch ein<br />
Abstecher zu den Augrabies-Wasserfällen<br />
stand auf dem Programm. Trotz der<br />
allgemeinen Trockenheit führte der größte<br />
der Fälle noch relativ viel Wasser, aber am<br />
besten besucht man ihn nach der Regenzeit.<br />
Das Northern Cape hat zwar nicht<br />
denselben Bekanntheitsgrad wie das<br />
Western Cape, ist aber berühmt für seine<br />
Spitzenweine. Viele der dortigen Winzereien<br />
sind für Besucher zugänglich und laden<br />
auch zum Verkosten ein. Ich fand die Orte<br />
idyllisch und die Menschen unglaublich<br />
freundlich und hilfsbereit. Gesehen haben<br />
sollte man auch die Webervögel, die ihre<br />
kunstvoll geflochtenen Gemeinschaftsnester<br />
bevorzugt an Telefonmasten errichten.<br />
Es versteht sich von selbst, dass die Reise<br />
ebenso anstrengend wie unvergesslich war.<br />
Und die Maschine bereitete uns großen<br />
Fahrspaß. Kaum sind wir wieder zu Hause,<br />
planen wir auch schon die nächste Fahrt.<br />
Diesmal heißt das Ziel Karoo. Ihr Magazin<br />
finden wir übrigens sehr gelungen!<br />
Paul Hatch, Johannesburg Chapter, Südafrika<br />
HARLEY HOCHZEIT<br />
Unsere Geschichte beginnt in den<br />
Achtzigern. Damals hatte mein Partner ein<br />
japanisches Bike. (Tatsächlich!) Damit fuhr<br />
er ständig dermaßen schnell, dass seine<br />
ganze Familie Todesängste um ihn<br />
ausstand. Wir alle baten ihn, die Maschine<br />
zu verkaufen. Schließlich gab er unserem<br />
Flehen nach, aber den Sound eines<br />
Motorrads hat er danach immer vermisst.<br />
Zwanzig Jahre zogen ins Land. Dann<br />
schlenderten wir an einem schönen Sonntag<br />
im Mai durch das liebliche Elsassstädtchen<br />
Obernai und kamen auf dem Marktplatz an<br />
ein paar chromglitzernden Motorrädern vorbei.<br />
Mit bewundernden Blicken blieben mein<br />
Liebster und ich vor den <strong>Harley</strong>-Davidsons<br />
stehen. Sie waren so schön, dass ich mir gut<br />
vorstellen konnte, selbst auf so einer<br />
Maschine zu sitzen, also sagte ich zu ihm:<br />
„Auf so einem Bike hätte ich bestimmt keine<br />
Angst.“ Mit einem breiten Grinsen erwiderte<br />
er: „Nächstes Jahr werde ich 50. Wenn du<br />
mir eine kaufst, heirate ich dich.“<br />
Wir brauchten fast ein Jahr, um uns für eine<br />
Maschine zu entscheiden. Schließlich kauften<br />
wir bei unserem H-D Dealer eine Gebrauchte<br />
und holten sie am Valentinstag ab. Drei<br />
Monate später kam ich unter die Haube.<br />
Unsere <strong>Harley</strong> ist gewissermaßen der Trauring<br />
und natürlich unser kostbarstes Schmuckstück.<br />
Seit fünf Jahren erkunden wir damit die<br />
Lande und erfreuen uns am Wechsel der<br />
Jahreszeiten. Das tiefe und rhythmische<br />
Blubbern des Motors versetzt mich<br />
regelmäßig in Trance. Zum Gedenken<br />
an unseren Bund fürs Leben haben wir<br />
sogar ein eigenes Rivet in Milwaukee.<br />
(Wer weiß, vielleicht fahren wir sogar<br />
irgendwann mal hin.)<br />
Joël und Anne aus Frankreich<br />
AUF IMMER UND EWIG<br />
Neulich kamen mir folgende Zeilen in den<br />
Sinn, die ich den Lesern der Hog Tales nicht<br />
vorenthalten möchte:<br />
Ich habe das vom Wetter gegerbte Gesicht<br />
gesehen, darin die Spuren von prasselndem<br />
Regen, brennender Sonne und beißendem<br />
Winterwind. Ich habe das Funkeln im<br />
hochglanzpolierten Lack gesehen, Zeichen<br />
für die innige Verbindung zwischen Mensch<br />
und Maschine. Ich habe abgewetztes Leder<br />
gesehen, Schmerzen, Tränen und die<br />
staubige Patina ungezählter Kilometer.<br />
Und ich habe die Geborgenheit der Gruppe<br />
gefühlt, in einer lauen Sommernacht. Ich<br />
habe den Morgentau gespürt und die Kühle<br />
am Abend. Ich wurde von der Sonne gegrillt<br />
und habe dem Fahrtwind getrotzt. Ich habe<br />
ölverschmierte Hände geschüttelt, wahre<br />
Freundschaft erfahren und den<br />
Zusammenhalt der Bruderschaft erlebt. Ich<br />
kenne den Schmerz des Verlusts und das<br />
Bedauern über ungesagte Worte. Ich habe auf<br />
großen Festen bis zum Umfallen gefeiert. Ich<br />
kenne das Kopfweh und die Zerschlagenheit<br />
nach einer durchzechten Nacht. Ich weiß um<br />
das Wesen eines herzlichen Empfangs. Orte<br />
der Geselligkeit sah ich im Rückspiegel<br />
verschwinden. Ich habe über Deppen<br />
gelacht, die sich selbst überschätzten. Ich<br />
habe erlebt, wie Erfahrung Schlimmeres<br />
vermied. Ich habe still den Ausblick<br />
genossen, denn ich konnte nicht anders.<br />
Unauffällig war ich auf Nebenstraßen<br />
unterwegs, und stolz wie ein Pfau auf dem<br />
Highway. Ich trage mein Statement auf dem<br />
Rücken und habe meine Art zu leben auch<br />
gegen die Obrigkeit durchgesetzt. Ich habe<br />
in einer Garage geschuftet, in einer kalten<br />
und verregneten Nacht. Meine Haut kennt<br />
das Gefühl von eiskaltem Werkzeug und<br />
schartigem Metall. Ich habe für einen Traum<br />
gelebt und die Früchte der Arbeit genossen.<br />
Ich habe mein Wissen weitergegeben und<br />
half einem Biker in Not – ohne Lohn, so<br />
wie es sich gehört.<br />
Ich war bei anderen zu Gast, und habe<br />
Veränderung und Fortschritt erlebt. Ich habe<br />
gesehen, wie der Zahn der Zeit an einer<br />
Lebensart nagt. Ich habe die Wenigen<br />
gesehen, die übrig geblieben sind und ihre<br />
Ideale hoch halten. Ich bin dem Ruf der<br />
Obrigkeit gefolgt, habe auf Freiheit<br />
verzichtet und einen hohen Preis für das<br />
Privileg bezahlt. Bei jedem Wetter war ich<br />
unterwegs – um dabei zu sein und an etwas<br />
teilzuhaben, das größer ist als der Einzelne.<br />
Ich habe geweint. Ich habe hinter fremde<br />
Augen geblickt und alles verstanden – ohne<br />
ein einziges gesprochenes Wort. Ich habe<br />
gegenseitigen Respekt erlebt. Ich habe<br />
Hingabe erfahren und weiß, wie wohltuend<br />
sie ist, wenn man sie am meisten braucht.<br />
Ich habe Faustschläge gesehen, spritzendes<br />
Blut und aufopferungsvoll gepflegte Wunden.<br />
Ich habe Wohltätigkeit in ihrer reinsten Form<br />
erlebt und war Zeuge überschäumender<br />
Emotionen. Ich habe eine Hand auf meiner<br />
Schulter gespürt als ich sie brauchte. Und<br />
ich habe von Mann zu Mann gesprochen<br />
und mein Innerstes nach außen gekehrt –<br />
ohne Scham oder Angst vor Gelächter. Mich<br />
gab es gestern, und mich wird es auch<br />
morgen geben, denn wir sind ohne Zahl<br />
und haben dieselben Dinge erlebt und<br />
gesehen. Ich bin Biker auf immer und ewig.<br />
Rob Twycross, Life Member, GB ›››<br />
HOG TALES TM Frühling 2009 9