FLUGZEUG CLASSIC Hydrierwerke im alliierten Fadenkreuz (Vorschau)
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wicklung in vieler Hinsicht Neuland, auch <strong>im</strong><br />
Hinblick auf die Auswirkungen derartiger<br />
Flüge auf die Piloten. Noch nie zuvor waren<br />
Menschen in auch nur annähernd vergleichbar<br />
kurzer Zeit in solche Höhen vorgedrungen.<br />
Die medizinische Erforschung der Auswirkungen<br />
und Folgen steckte noch in den<br />
Kinderschuhen. Tatsächlich bekamen es manche<br />
Flugzeugführer mit unvorhergesehenen<br />
und äußerst schmerzhaften Begleiterscheinungen<br />
zu tun: Der rasante Druckabfall während<br />
des Aufstiegs konnte Barotraumata verursachen.<br />
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Ringlstetter<br />
Abtransport einer Me 163 B. Nach der Landung mussten die <strong>im</strong> Gleitflug auf einer Kufe gelandeten<br />
Raketenjäger mit einem speziellen Hubwagen vom Feld geholt werden<br />
Voller Körpereinsatz<br />
Betroffen waren sämtliche Bereiche des<br />
menschlichen Körpers, die mit Luft oder Gasen<br />
gefüllt sind, welche sich bei fallendem<br />
Luftdruck ausdehnen. Das gilt für die Lunge,<br />
Stirn-, Kiefer- und Nasennebenhöhlen,<br />
aber auch für kariöse Zähne, insbesondere<br />
dann, wenn vorhandene Gase nicht durch<br />
plombierte oder überkronte Löcher entweichen<br />
können. Auch der Verdauungstrakt<br />
wurde in Mitleidenschaft gezogen. Herman<br />
»Mano« Ziegler, erfahrener Pilot der Me 163<br />
und unter anderem Ausbildungsleiter be<strong>im</strong><br />
»Erprobungskommando 16«, schilderte, dass<br />
sich jedes »winzigste Fürzlein in den Eingeweiden<br />
zu einem Ballon ausdehnte«. Mehrfach<br />
brachen Piloten ihre Flüge aufgrund von<br />
plötzlich krampfartig auftretenden und unerträglichen<br />
Schmerzen ab.<br />
Die technische Lösung für derartige Probleme<br />
war bekannt. Doch um Platz und Gewicht<br />
zu sparen, hatte man bei der Konstruktion<br />
auf den Einbau einer Druckkabine<br />
verzichtet, sie wurde erst bei einer späteren<br />
Version berücksichtigt, die aber nicht mehr<br />
realisiert wurde. Den Blähungen begegnete<br />
man stattdessen mit einer speziellen Höhendiät-Kost,<br />
und diverse Übungsprogramme –<br />
unter anderem in Druckkammern – sollten<br />
die Piloten besser auf die besonderen Umstände<br />
ihrer Einsatzart vorbereiten; doch<br />
letztendlich kam es vor allem auf den gesundheitlichen<br />
Gesamtzustand sowie die<br />
individuelle Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit<br />
des Einzelnen an. Immerhin war seinerzeit<br />
bereits bekannt, dass die Symptome<br />
der Höhenkrankheit bis in die Höhe von<br />
12 000 Metern durch die Verabreichung von<br />
100-prozentigem Sauerstoff zumindest gemindert,<br />
wenn nicht aufgehoben werden<br />
konnten. Eine entsprechende Anlage war in<br />
der »Komet« vorhanden.<br />
Die Steigrate der Me 163 übertraf diejenige<br />
aller anderen Flugzeuge weltweit um ein<br />
Mehr- bis Vielfaches, beispielsweise stieg sie<br />
zehnmal schneller als eine P-51. Allerdings<br />
Die Steigrate der Me 163 übertraf diejenige<br />
aller anderen Flugzeuge.<br />
hatten die Flugzeugführer des »Erprobungskommandos<br />
16« und später des JG 400, des<br />
ersten »Kometen«-Einsatzverbands, keineswegs<br />
nur mit den physiologischen Folgen jener<br />
Steigrate zu kämpfen; die größte Bedrohung<br />
für den Insassen befand sich in der<br />
Maschine selbst: ihr Antrieb.<br />
Auch die Entwicklungsgeschichte des<br />
»heißen« Raketentriebwerks HWK 109-509,<br />
das den »Kometen« so vehement in den H<strong>im</strong>mel<br />
beförderte, reicht bis in die Vorkriegszeit<br />
zurück. Im Lauf der Jahre schufen Hellmuth<br />
Walter und seine Mitarbeiter eine wahre Höllenmaschine:<br />
Im Rumpfinneren der Me 163 B<br />
brodelte eine Teufelsküche, deren Zutaten »C-<br />
Stoff«, »T-Stoff« und »Braunstein« hießen (siehe<br />
Kasten Seite 54).<br />
Brandgefährliche Mischung<br />
Bereits geringe Mengen C- und T-Stoffs reagierten<br />
heftig miteinander, schon wenige zusammengeträufelte<br />
Tropfen ergaben »eine gewaltige<br />
Stichflamme«, wie man Umschülern<br />
auf die »Komet« zu Anschauungszwecken<br />
gerne vorführte. Be<strong>im</strong> »scharfen« Einsatz mit<br />
der voll betankten Me 163 B saß der Pilot<br />
dann zwischen mehr als 1600 Litern dieser<br />
Stoffe, jeweils verteilt auf mehrere Tanks in<br />
Rumpf und Flügeln. Dabei konnte es auch<br />
ohne Explosion zu Unfällen mit Todesfolge<br />
kommen, selbst bei vermeintlich leichten Havarien:<br />
Falls ein Verunglückter – warum auch<br />
<strong>im</strong>mer – in Kontakt mit auslaufendem »T-<br />
Stoff« kam, wurde er von der aggressiven<br />
Substanz schlichtweg zersetzt. Daran änderte<br />
auch ein später eingeführter »Schutzanzug«<br />
nichts, der seinen Träger zwar in trügerischer<br />
Sicherheit wiegen konnte, aber <strong>im</strong> Ernstfall<br />
nichts verhinderte.<br />
Die Me 163 war eine gelungene Mischung<br />
aus Hochgeschwindigkeits- und Segelflug-<br />
2.2.1943 Untergang der<br />
6. Armee in Stalingrad<br />
5.7.1943 Unternehmen<br />
»Zitadelle«<br />
6.6.1944 D-Day<br />
1943 1944 1945<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 10/2014<br />
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