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4/2009 - Coburger Convent

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Die Festschrift legt eindrucksvoll<br />

Zeugnis ab über eine studentische<br />

Erinnerungskultur in der Adenauerzeit,<br />

geprägt vom Verlust der Heimat<br />

und der deutschen Teilung.<br />

2. Breslauer Verbindungshäuser<br />

Herr Schwellakowsky bedauerte<br />

es bei seinen Ausführungen, daß es<br />

bislang für die Verbindungshäuser<br />

als wichtige Erinnerungsorte keine<br />

umfassende Darstellung ihrer<br />

Baugeschichte und künstlerischen<br />

Ausstattung gibt. Manches läßt sich<br />

mühsam aus einzelnen Verbindungsgeschichten<br />

rekonstruieren,<br />

eine grundlegende Aufarbeitung ist<br />

jedoch wünschenswert. – Hierzu sei<br />

angemerkt, daß wir vor wenigen Tagen<br />

eine Veröffentlichung von Heinz<br />

Gelhoit, Das Korporationswesen in Breslau<br />

erschienen ist (WJK-Verlag, 312 S.,<br />

gebunden, 34,90 Euro; u.a. lieferbar<br />

bei akadpress, www.akadpress.de/studentika,<br />

info@akadpress.de, Bestelltelefon<br />

(02 01) 43 55 41-00, Fax -01.<br />

3. Der Schweidnitzer Keller im<br />

Breslauer Rathaus<br />

Der Schweidnitzer Keller als ältester<br />

deutscher Ratskeller – erstmals<br />

1237 erwähnt – entwickelte sich im<br />

19. Jahrhundert zum zentralen Treffpunkt<br />

der Breslauer Verbindungsstudenten.<br />

Begonnen damit hatten die<br />

Raczeks, bald schon gesellten sich weitere<br />

Verbindungen dazu – so natürlich<br />

auch Vandalia. Jede dort vertretene<br />

Korporation hatte in einer Nische<br />

des Fürstensaales – ›Bucht‹ genannt<br />

– ihren Tisch, in dem sich jeder Student<br />

seinen Biernamen und Zirkel<br />

einschnitzend verewigte. Die Wände<br />

waren von den Wappen der Bünde<br />

geziert. Zu Semesterbeginn hielten<br />

alle Verbindungen dort ihre Keilfrühschoppen<br />

ab, jeder Bund hatte z. T.<br />

mehrere unterschiedlich große, mit<br />

speziellen Namen belegte Kannen,<br />

die meist von Alten Herren gespendet<br />

wurden und über deren Leerung<br />

genau Buch geführt wurde, da die<br />

25. Kanne als ›Freikanne‹ vom Wirt<br />

ausgegeben wurde. Die Erinnerungen<br />

in den Bundesgeschichten, aber auch<br />

z. B. erhaltene Speisekarten mit den<br />

Zirkeln der Bünde bezeugen, daß der<br />

Schweidnitzer Keller ein ›Zentrum der<br />

Burschenherrlichkeit‹ und ›Revier der<br />

Fröhlichkeit‹ war. Belegt ist dies auch<br />

in neutralen Darstellungen von Rudolf<br />

Stein (erstmals 1940, spätere Auflagen<br />

Die Kapelle auf dem Zobten, jahrzehntelang beliebtes Ausflugsziel<br />

der Breslauer Korporationen am Himmelfahrtstag<br />

bis 1973) und dem kürzlich erschienenen<br />

Buch von Thomas Maruck aus<br />

<strong>2009</strong> (beide im aus Breslau stammenden<br />

Bergstadtverlag Wilhelm Gottlieb<br />

Korn, heute Würzburg).<br />

4. Städtchen in der Umgebung von<br />

Breslau<br />

Herr Schellakowsky berichtete weiterhin<br />

von der Tradition der seit 1839<br />

alle fünf Jahre von den Raczeks in und<br />

um Bad Warmbrunn mit der Ruine<br />

Kynsburg abgehaltenen ›Studienerinnerungsfeste‹.<br />

Es sei bereits hier angefügt,<br />

daß diese gelegentlich auch ›Ferialfeste‹<br />

genannten Feierlichkeiten im<br />

Charakter eines Stiftungsfestes viele<br />

Verbindungen in jeweils unterschiedlichen<br />

kleineren Städten in der Umgebung<br />

Breslaus pflegten, so auch die<br />

in Vandalia aufgegangene Verbindung<br />

Baltia in Nimptsch. Vandalias Ort dafür<br />

war die Stadt Zobten am Fuße des<br />

gleichnamigen Berges. Bis zum Erwerb<br />

des ersten Hauses 1892 fanden hier<br />

regelmäßig die Stiftungsfeste unter<br />

Einbezug der Bevölkerung statt.<br />

5. Der Berg Zobten<br />

Der Zobten, auch ›Silling‹ genannt,<br />

war bereits in vorgermanischer Zeit<br />

eine Kultstätte. Sein Name prägte den<br />

Germanenstamm der Sillinger, worauf<br />

der Name ›Schlesien‹ zurückgeht.<br />

Einen Unterstamm der Sillinger bildeten<br />

die Vandalen, die bekanntlich<br />

der am weitesten vordringende Germanenstamm<br />

der Völkerwanderung<br />

waren. Beim Übergang von einer<br />

Pharmazeutischen Fachgesellschaft<br />

zu einer ›Vollverbindung‹ wählten unsere<br />

korporativen Vorfahren daher<br />

mit Bedacht diesen Namen.<br />

Wie der Referent ausführte, waren<br />

der Zobten und seine Umgebung in<br />

den Zeiten der Befreiungskriege ab<br />

dem Jahr 1813 einer der markantesten<br />

Kristallisationspunkte. Hier am<br />

Fuße war das Lützowsche Freicorps<br />

stationiert und in der Kirche zu Rogau<br />

vereidigt worden (die Raczeks<br />

tragen die Uniform des Freicorps als<br />

Chargenwichs, die burschenschaftlichen<br />

Grundfarben und damit die<br />

deutschen Nationalfarben gehen auf<br />

die Farben der Lützower zurück). So<br />

war es nicht verwunderlich, daß dort<br />

bereits in der ersten Hälfte des 19.<br />

Jahrhunderts am Himmelfahrtstag<br />

von der Breslauer Studentenschaft<br />

Kommerse zum Andenken an die<br />

Befreiung abgehalten wurden, teilweise<br />

(Stichwort: Metternich) trotz<br />

Verboten, ab 1842 nach Verbotsaufhebung<br />

regelmäßig. Schilderungen<br />

davon finden sich z. B. in den Erinnerungen<br />

Gustav Freytags, C. Borussia<br />

Breslau.<br />

Einen Höhepunkt erlebten diese<br />

Feierlichkeiten 1913 zur Hundertjahrfeier<br />

des Beginns der Befreiungskriege<br />

mit der Enthüllung eines<br />

Denkmals eines betenden Lützowers<br />

zu Pferde. Damit einhergehend ergab<br />

sich nach der Reichsgründung<br />

1871 auch eine gewisse Akzentverschiebung<br />

in Richtung ›Bismarck-<br />

Kommers‹, dann auch nicht mehr<br />

am Himmelfahrtstag. Diese Zobten-<br />

Kommerse fanden bis 1935 statt, in<br />

späterer Zeit meist verbindungs- oder<br />

verbandsspezifisch.<br />

CC vor Ort<br />

CC-Blätter 4/<strong>2009</strong><br />

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