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4/2009 - Coburger Convent

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CC vor Ort<br />

6. Einordnung des Breslauer<br />

Vandalenbrauchtums,<br />

Schlußbetrachtung<br />

Die Schilderungen des Referenten<br />

zum Thema Zobten bildeten den<br />

Übergang zu einer Aussprache, bei der<br />

vandalen-spezifisches Brauchtum und<br />

Erfahrungen von bereits durchgeführten<br />

Breslaufahrten zur Sprache kamen:<br />

Seit Himmelfahrt 1909 – exakt am<br />

Gründungstag 21.5. – führten Vandalia<br />

und die Raczeks auf Aktivenebene<br />

eine gemeinsame Zobtenfahrt durch:<br />

Man fuhr gemeinsam mit dem Zug<br />

in das Städtchen Zobten (in der ›Holzklasse‹,<br />

in der Mitte des Wagens kleine<br />

Bierfäßchen, Trinkhörner gehörten<br />

zur weiteren Ausrüstung), die Raczeks<br />

eilten mit ihren Fäßchen voran auf<br />

etwa halbe Höhe zur ›Apothekerbaude‹<br />

und bewirteten die Vandalen, anschließend<br />

gingen die Vandalen voran und<br />

zapften auf dem Plateau des Zobten<br />

ihre Fäßchen zur Gegeneinladung der<br />

Raczeks an. Ab 1930 nahm auch die T.<br />

Suevia, nach Verschmelzung mit der L.<br />

Suevia-Jena heute in der L. Saxo-Suevia<br />

aufgegangen, an dieser Veranstaltung<br />

teil. Den Organisatoren der Breslaufahrt<br />

<strong>2009</strong> war es deshalb ein großes<br />

Anliegen, die Zobtenfahrt möglichst<br />

originalgetreu nachzuvollziehen. Bei<br />

der Zobtenfahrt <strong>2009</strong> begleitete uns<br />

der Breslauer Historiker Krzystof Popinsiki,<br />

Verfasser des kurz nach der Fahrt<br />

erschienenen 46. Bandes der Historica<br />

academica mit dem Titel Studenten an<br />

der Universität Breslau 1871 bis 1921.<br />

Über die enge Beziehung der Vandalen<br />

und der in ihr aufgegangenen<br />

Balten zu den Städten Zobten bzw.<br />

Nimptsch war schon die Rede.<br />

Das zweite Vandalenhaus in der<br />

Novastraße war seit 1973 (erstmals<br />

AH Stücklin und der Verfasser) schon<br />

mehrfach Ziel von einzelnen Bundesbrüdern<br />

und gemeinsamen Breslaufahrten.<br />

Vor der Wende war das Haus<br />

Sitz der Forst- und Jagd-Behörde der<br />

Woiwodschaft Wroclaw (1973 war in<br />

der Kneipe, damals als Speiseraum<br />

genutzt, sogar noch die alte Bestuhlung<br />

vorhanden), seit etlichen Jahren<br />

ist es im Besitz der Architektur- und<br />

Bauträgergruppe Archicom. Auf deren<br />

Homepage konnten wir uns bereits<br />

vor Antritt der gemeinsamen Breslaufahrt<br />

vom guten äußeren Zustand<br />

des Hauses überzeugen.<br />

Wie Google Earth zeigt (und wir<br />

konkret bei der Breslaufahrt erkennen<br />

mußten), steht vom ersten Vandalen-<br />

haus in der Werderstraße nichts mehr;<br />

es wurde übrigens 1930 an den Buchtnachbarn,<br />

die freie Landsmannschaft<br />

Glacia verkauft.<br />

Ein tatkräftiger Alter Herr hat das<br />

letzte in Gebrauch befindliche ›Buchtbuch‹,<br />

in dem die Kannen fast bis<br />

Kriegsende genau protokolliert sind,<br />

sowie eine Buchtkanne bei der Vertreibung<br />

mitnehmen und zur Verfügung<br />

stellen können. Beide Erinnerungsstücke<br />

zieren einen Schrank auf dem<br />

Zähringerhaus.<br />

Als weiterer Querbezug zu den<br />

Raczeks sei erwähnt, daß der wichtigste<br />

akademische Förderer bei der Gründung<br />

Vandalias als Pharmazeutischer<br />

Verein, der Professor für Botanik Heinrich<br />

Göppert, Mitglied der Raczeks war<br />

(weswegen er auch zeitweise vom Studium<br />

ausgeschlossen war und einige Zeit<br />

um seine akademische Anerkennung<br />

Auf den Spuren der<br />

Breslauer Vandalen<br />

45 waren es insgesamt: Zähringer und<br />

alte Vandalen, mit Damen, einem Gast,<br />

darunter mehrere Altherrensöhne und<br />

Altherrentöchter, die am Tag nach<br />

Himmelfahrt im Traditionskeller des<br />

Breslauer Rathauses fröhlich zusammen<br />

saßen und beim gemeinsamen<br />

Abendessen des 150. Gründungstages<br />

der Landsmannschaft Vandalia-Breslau<br />

gedachten. Der Altherrenvorsitzende,<br />

Franz Donner, erinnerte in kurzen<br />

Worten an dieses Ereignis. O alte Burschenherrlichkeit<br />

erklang, mehr war in<br />

Gegenwart anderer Gäste nicht möglich,<br />

und die eigentliche ›Bucht‹ ist<br />

heute eben eine Bar, die korporativen<br />

Vorstellungen nicht mehr entspricht.<br />

Dennoch war es ein würdiges und stimmungsvolles<br />

Gedenken an den ältesten<br />

Teil unserer Bundesgeschichte.<br />

Der eigentliche Gründungstag, der<br />

21.5., fiel in diesem Jahr auf den Himmelfahrtstag<br />

und wurde mit einem<br />

Ausflug auf den Zobten gestaltet, wie<br />

er wohl seit 1859 unter den Breslauer<br />

Bünden üblich war. Ein ›Gedenkmarsch‹<br />

also in die Vergangenheit<br />

der Breslauer Vandalen! Peter Kästner<br />

hatte zusammen mit Elmar Drewitz<br />

und Uwe Welp eine Breslaufahrt mit<br />

Ausflug ins Riesengebirge vorbereitet<br />

kämpfen mußte). Er war Ehrenmitglied<br />

beim Pharmazeutischen Verein, noch<br />

heute ist in Breslau eine Straße nach<br />

ihm benannt. Seine Urenkelin Maria<br />

Göppert-Mayer bekam zusammen mit<br />

dem Heidelberger Physiker Hans D.<br />

Jensen 1963 den Nobelpreis für Physik.<br />

Wie der folgende Bericht von Hans<br />

Kästner II zeigt, war die Breslaufahrt<br />

ein gelungenes und würdiges Beispiel<br />

studentischer Erinnerungskultur. In<br />

den Ausführungen unserer Festschrift<br />

zum 100. Stiftungsfest im Jahre 1959<br />

haben die Autoren als Zeitzeugen die<br />

Erinnerung an Breslau eindrucksvoll<br />

dokumentiert. Wir als Nachfahren<br />

konnten 50 Jahre später die Erinnerung<br />

am Ort des Geschehens auffrischen<br />

und für die nächsten Generationen<br />

bewahren.<br />

Elmar Drewitz, Zaringia v. m.<br />

Vandalia, Plavia-Cheruscia<br />

und so der Erinnerung an 150 Jahre<br />

Vandalia einen besonderen Anstrich<br />

gegeben, wofür alle Teilnehmer an<br />

der ringsum gelungenen Veranstaltung<br />

sehr dankbar waren. Das breit<br />

gestreute Interesse daran zeigt die heute<br />

erreichte Zusammengehörigkeit der<br />

verschiedenen Ursprünge und Traditionen<br />

unseres Bundes.<br />

Nicht alle der älteren Teilnehmer<br />

unserer Gruppe mußten den Anstieg<br />

auf den Zobten wie früher von der<br />

Stadt aus mitmachen, der Bus fuhr bis<br />

zu einem Wander-Parkplatz auf halber<br />

Höhe. Dennoch war der Aufstieg<br />

von dort noch lang genug, um sich so<br />

richtig auf ein Bierchen oben zu freuen.<br />

Die alte Zobten-Wirtschaft wurde<br />

im mittleren Teil zwar durch eine<br />

überdachte Terrasse erweitert, ist aber<br />

durchaus noch wiederzuerkennen.<br />

Eine Bewirtschaftung erfolgte jedoch<br />

nur durch einen Kiosk; außer uns waren<br />

auch nur wenige Ausflügler oben<br />

anzutreffen. Die in früheren Jahren<br />

als Pausenstation beim Aufstieg angesteuerte<br />

sogenannte ›Apothekerlaube‹<br />

konnten wir nicht wiederfinden.<br />

Die Rückfahrt nach Breslau führte<br />

alternativ über die Gedenkstätte<br />

Schloß Kreisau (Vorbereitung des 20.<br />

26 CC-Blätter 4/<strong>2009</strong>

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